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: Protest Placement

Bis vor einem halben Jahr hielten es die ARD-Verantwortlichen mit den Kostenaufstellungen für ihre Produktionen wie Bastian Pastewka mit seiner Postleitzahl: Sie gaben sie nur sehr ungern heraus. Seit im Juni aber der Schleichwerbeskandal um „Marienhof“ und Co. aufgedeckt wurde, ist man beim Ersten auf eine irritierende Freizügigkeit umgeschwenkt. Gestern etwa gab die ARD bekannt, aus dem für Anfang Januar angesetzten Zweiteiler „Rose unter Dornen“ den Namen des Hamburger Hotels, in dem gedreht wurde, herauszuschneiden – um nicht in die Nähe von verbotenem Product Placement gerückt zu werden. Und tatsächlich: Damit das Fernsehteam im Nobelhotel „Atlantic“ drehen konnte, war Geld geflossen. Allerdings nicht vom „Atlantic“ in die Kassen der Produktionsfirma, sondern anders herum. Nach dpa-Informationen soll die Klaus Graf Filmproduktion 70.000 Euro für die Drehgenehmigung bezahlt haben.

Rechtlich ist der ARD wohl nichts anzulasten, doch dessen ungeachtet sieht sie sich anscheinend moralisch so in der Defensive, dass sie auch für korrekte Geschäfte nicht mehr kämpfen mag und lieber vorauseilend einer abstrakten Empörungslogik gehorcht. Dabei gerät das eigentlich Aufregenswerte aus dem Blick: 70.000 Euro? Für eine Drehgenehmigung? Seit über einem Jahr schlagen deutsche Film- und Fernsehproduzenten nun schon Alarm, dass die Sender ihnen – bei gleich bleibenden Kosten – immer weniger Geld für Fernsehfilme bereit stellen würden. Wenn ein Zweiteilerbudget aber immer noch so gestaltet ist, dass 70.000 Euro unter dem Posten „Pappenstiel“ verbucht werden können, gräbt das der Produzentenkampagne doch reichlich Wasser ab. Noch so ein interessantes Nebenprodukt der Schleichwerbedebatte. HPI