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Militärabkommen gegen linke RegierungenKolumbien erlaubt sieben US-Basen

Kolumbien gewährt US-Streitkräften freien Zugang zu sieben Stützpunkten. Präsident Uribe ignoriert Proteste aus Justiz und Parlament.

Kolumbiens Präsident Uribe hat Washington für die kommenden zehn Jahre den Zugang zu drei Luftwaffen-, zwei Heeres- und zwei Marinestützpunkten eingeräumt. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz / In Kolumbien hat das am Freitag unterzeichnete Militärabkommen mit den USA, das in letzten Monaten in ganz Südamerika zu heftigen Kontroversen geführt hatte, einen Sturm der Empörung ausgelöst. Die Regierung habe den USA die nationale Souveränität übergeben, sagte die liberale Senatorin Cecilia López.

Präsident Álvaro Uribe hatte Washington für die kommenden zehn Jahre den Zugang zu drei Luftwaffen-, zwei Heeres- und zwei Marinestützpunkten eingeräumt sowie das Recht, dort bis zu 800 Soldaten und 600 Söldner zu stationieren. Außenminister Jorge Bermúdez verteidigte den Vertrag als Fortsetzung einer "technischen Zusammenarbeit", die sich nicht gegen die Nachbarländer richte. Kolumbien, so die stereotype Begründung, wolle sich von Drogenhandel und "Terrorismus" befreien.

Pikant ist dabei, dass Uribe den immer noch nicht in allen Details bekannten Vertragstext nicht dem Parlament vorlegen wird. Selbst der regierungsnahe Senatspräsident Javier Cáceres sagte, bei diesem "Thema der nationalen Sicherheit" hätte er sich zumindest eine politische Debatte gewünscht. Carlos Romero von der Linkspartei Demokratischer Alternativer Pol sprach von einem "juristisch und politisch monströsen Abkommen". Sein Parteifreund, der Senator Enrique Robledo, fügte hinzu: "Es ist eine der schlimmsten Entscheidungen in der Geschichte Kolumbiens. Sie verwandelt das Land in einen Bauer innerhalb der US-Strategie, die Welt zu kontrollieren".

Der Staatsrat, die oberste Verwaltungskontrollinstanz Kolumbiens, hatte das Abkommen bereits vor der Unterzeichnung als "unausgewogen" bezeichnet . "Die USA bestimmen und Kolumbien ist nur ein Mitarbeiter", heißt es in dem vernichtenden 40-Seiten-Gutachten vom 13. Oktober, das der Tageszeitung El Espectador zugespielt wurde.

Die für das US-Personal vorgesehene Immunität stehe im Gegensatz zu völkerrechtlichen Normen, schrieben die Juristen. Schlicht verfassungswidrig sei es, dass die US-Militärs "grenzenlos" und umsonst über das Kommunikationsnetz verfügen und Satellitenempfänger installieren dürften. Schließlich lasse das Abkommen so viele Hintertürchen offen, dass es durch künftige Zusatzbestimmungen in der Substanz verändert werden könne.

In den USA werde der Vertrag zumindest des außenpolitischen Ausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus vorgelegt, stellte US-Botschafter William Brownfield klar. Doch die Informationspolitik der Obama-Regierung ist fast so restrikiv wie jene Uribes. Bereits im Juli baten die demokratischen Senatoren Patrick Leahy und Christopher Dodd Außenministerin Hillary Clinton um Informationen über die Geheimverhandlungen mit Bogotá – ohne Erfolg.

Die Politologin Arlene Tickner von der Andenuniversität Bogotá sagt eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Nachbarn voraus. Vor allem Venezuela, Ecuador und Bolivien fühlen sich bedroht und rüsten entsprechend auf, ebenso wie Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der das Amazonasgebiet in Gefahr sieht.

Dass die Befürchtungen der Südamerikaner berechtigt sind, belegt ein Dokument des Pentagon. Die Möglichkeit, die Luftwaffenbasis Palanquero zu nutzen, sei eine "einzigartige Möglichkeit", Operationen in einer "kritischen" Region“ durchzuführen, deren "Sicherheit und Stabilität ständig durch Anti-US-Regierungen bedroht sind", heißt es in einer Kongressvorlage. Das Argument scheint den Parlamentariern eingeleuchtet zu haben: In beiden Kammern bewilligten sie für die Modernisierung des Stützpunktes in Zentralkolumbien 46 Millionen Dollar.

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5 Kommentare

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  • RS
    robert schaike

    eben,

    ich lebe in chile und hier sind die zeitungen auch nicht gerade darüber begeistert. ok, die rechten und pinochetfreundlichen blätter schon, aber das volk ??? bestimmt nicht.

    aber so sind sie doch die amis, was in deutschland nicht mehr so gut klappt, als sie noch alleirte waren wars ja schön für die usa, muss jetzt eben woanders laufen.

  • S
    Stefan

    @ Udo Henn:

    Leider verzerrt dein Kommentar die Realität. Ich habe ein Jahr in Kolumbien gelebt und kenne keinen einzigen Kolumbianer der froh über diese Abkommen ist. Die meisten würden sich eine engere Zusammenarbeit mit ihren Nachbarn wünschen.

    Außerdem gab es kein Land in Südamerika, das dieses Abkommen nicht kritisiert hat. Es handelt sich dabei nicht nur um Venezuela, Ecuador und Bolivien. Fakt ist das Kolumbien dabei ist, sich komplett zu isolieren.

  • UH
    Udo Henn

    Leider verzerrt der Artikel die Realitaet, folgende Anmerkungen dazu:

    1. Von einem "Sturm der Entruestung" kann keine Rede sein, es gibt kaum einen Kolumbianer, der nicht froh ueber die Fortsetzung der Kooperation waere.

    2. Auch international haelt sich die Kritik sehr in Grenzen, sie kommt vor allem von Venezuela und seinen Vasallenstaaten Ecuador und Bolivien.

    3. Es ist kein neues Abkommen, sondern die Verlaengerung bestehender Vertraege mit ein paar Anpassungen, deshalb bestand keine Notwendigkeit einer erneuten Debatte im Parlament. Aus demselben Grund ist es auch Unsinn, von einer geminderten Souveraenitaet zu sprechen.

    4. Venezuela ruestet nicht auf, weil es sich bedroht fuehlt(dafuer besteht kein Grund), sondern weil der verrueckte Hugo Chavez von einem Gross-Kolumbien unter seiner Fuehrung traeumt. Dafuer wuerde er auch Kolumbien militaerisch angreifen, wenn er koennte.

  • A
    Anna

    Jetzt soll wohl wieder aufgeräumt werden, die Südamerikaner wählen einfach die falschen Parteien, so haben sich die westlichen Länder die Demokratie nicht vorgestellt, die sollen schön den Kapitalismus wählen, alles andere ist Terrorismus und muss platt gemacht werden. In Honduras scheint es ja noch mal gut ausgegangen zu sein, warum steht da eigentlich nichts in der TAZ darüber?

  • BG
    Bernd Goldammer

    Was "Show-bama" in Lateinamerika alles so braucht? Der MIK der USA und die Politiker Bestechlichkeit ist die wirkliche Lebens- Gefahr des 21. Jahrhunderts.