Nicolas Sarkozy gibt an: Eingebildeter Mauerspecht

Nicolas Sarkozy teilt bei Facebook mit, er wäre am 9. November 1989 in Berlin gewesen und hätte selbst Hand an die Mauer gelegt. Genauer hingeschaut: Das war wohl Angeberei.

Nicolas Sarkozy, 20 Jahre später. : dpa

Wer die Berliner Mauer zum Einsturz brachte? Keine Frage. Es war Nicolas Sarkozy. Wer sonst? Und natürlich kann er es beweisen. Mit einem Foto. Darauf sieht man den jugendlichen Sarkozy mit einem nicht näher identifizierbaren Instrument im Schutz der Nacht an der Mauer kratzen. Auf Facebook erzählt der heutige französische Staatschef stolz, dass er am Morgen des 9. November 1989 geahnt hatte, dass etwas Wichtiges passieren würde, und er sich flugs nach Berlin begab.

Am 9. November war Sarkozy tatsächlich in Berlin. Vorgestern, im Jahr 2009. Alle konnten ihn am Fernsehen in radebrechendem Deutsch ausrufen hören: "Wir sind Brüder, wir sind Berliner." Doch wer bei der Beseitigung der Mauer mitgewirkt hat, darf sich schließlich mit gutem Recht zur Familie zählen.

Nicht jeder will Sarkozy freilich Glauben schenken. Zumal am 9. November 1989 erst spät in der Nacht die ersten DDRler durch die Mauer kamen. Sarkozy erzählt, er sei an jenem historischen Abend mit dem damaligen Generalssekretär der Gaullisten, Alain Juppé, mit der Bahn an den Ort des Geschehens gefahren. Juppé aber war nachweislich am 9. November 1989 an der Gedenkfeier zum Todestag von General de Gaulle in Colombey-les-Deux-Églises. Und er schreibt in seiner Autobiografie, er sei erst am 16. November nach Berlin gereist und habe den jungen Sarkozy mitgenommen.

In ihrem Eifer, dem Präsidenten mit ihren Erinnerungen das gewünschte Alibi in der Historie zu gewähren, verwickeln sich diverse Freunde in neue Widersprüche, die Sarkozy als Geschichtsschreiber in eigener Sache nur noch verdächtiger machen. Der jetzige Premierminister, François Fillon, bezeugt dienstbar Sarkozys Präsenz in Berlin am 9. November 1989, wo er sich selbst schon ab dem 7. aufgehalten, dann am 9. in der Nacht Juppé und Sarkozy ganz zufällig getroffen habe.

Nur sprach laut Protokoll derselbe Fillon am 8. in Paris vor der Nationalversammlung. Lediglich der Fotograf, der Sarkozy im November 1989 vor der Mauer abgelichtet haben will, sagt kategorisch, er habe das Bild am 10. um 22 Uhr geknipst. Aber dann wäre Sarkozy ja doch einen Tag zu spät gekommen.

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