Natürliche Sekundärtugenden

BIOFACH & VIVANESS Die thematischen Schwerpunkte liegen in diesem Jahr auf „Soft Skills“: ideelle Werte, Vermarktung und Nachwuchsgewinnung

Ein Förderpreis soll Biowirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen

Mehr als 180.000 Menschen arbeiten inzwischen in der deutschen Biobranche. Doch viele Natur-Pioniere, die vor 20 oder mehr Jahren ihre Firmen und Betriebe gründeten, sind in die Jahre gekommen – und machen sich Gedanken über den anstehenden Generationenwechsel. Kein Wunder also, dass man sich auf der Nürnberger Biofach bereits zum dritten Mal dem Thema Nachwuchsförderung widmet: Neben einer Job- und Ausbildungsbörse gibt es 2013 erstmals auch einen „Karrieretreff“, bei dem Studenten und Berufseinsteiger und potenzielle Arbeitgeber unter den Ausstellern sich beschnuppern können. „Was liegt näher, als sich genau dort über Chancen und Perspektiven zu informieren, wo einmal jährlich rund 2.400 Aussteller und 40.000 Besucher zusammenkommen?“, so Udo Funke, bei der Biofach zuständig für die Veranstaltungen.

Es ist weniger die bewährte Qualität der zertifizierten Bio-Produkte, der Lebensmittel, Naturwaren und Textilien, die die Biofach in diesem Jahr in den Vordergrund rückt, zumal die vielen tausend präsentierten Erzeugnisse an den vier Messetagen ohnehin die Hauptrolle bei den meisten Besuchern spielen dürften. Stattdessen will die Nürnberger Messe 2013 neue Themen setzen – und die Sekundärtugenden der Biobranche herausheben. Ein Beispiel: „Die Betonung des Regionalen wird für die Produzenten immer wichtiger“, weiß Biofach-Pressereferentin Barbara Böck. Sprich: Statt von weit her importierter Ananas kommt häufiger wieder der Apfel aus der Umgebung in die Saft-Tüte – ein Ausdruck von Nachhaltigkeit ohne allzu großen CO2-Abdruck.

Daneben will die Biofach sich weiter als Netzwerk-Plattform etablieren – und junge Wissenschaftler fördern: Mit einem erstmals ausgeschriebenen Forschungspreis für Abschlussarbeiten, die sich mit der Bio-Lebensmittelwirtschaft auseinandersetzen, sei es in technischer, ökologischer oder betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Der Preis soll die Zusammenarbeit der Biowirtschaft mit deutschen Hochschulen ausbauen helfen.

Die „Soft Skills“ der Branche betont auch die Schwestermesse Vivaness: die Hersteller von Biokosmetik müssen heute offensiver denn je die Frage der Wirksamkeit ihrer Produkte beantworten. So weiß Elfriede Dambacher vom Beratungsunternehmen naturkosmetik konzepte: „Die Kundinnen werden immer anspruchsvoller und auch kritischer, sie tauschen ihre Erfahrungen in sozialen Netzwerken aus und erwarten von einem Produkt sowohl einen emotionalen wie auch einen praktischen Nutzen.“

Biokosmetik ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und weist inzwischen fast die gleiche Produktpalette auf wie der konventionelle Bereich, „und das in allen Preisklassen“, weiß Elfriede Dambacher. Interessant dabei: Gekauft wird längst nicht mehr nur im Reformhaus. Große Drogeriemärkte, die ohnehin schon als wichtigster Verkaufskanal für natürliche Hautcremes und Lotionen gelten, konnten auch im vergangenen Jahr ihre Stellung weiter ausbauen – auf nun etwa 40 Prozent Marktanteil. In Sachen Biokosmetik zählt Deutschland zu den wichtigsten Absatzmärkten weltweit. 2011 wurden rund 815 Millionen Euro hierzulande umgesetzt. „Tendenz weiter steigend“, so Dambacher, die die aktuellen Branchentrends auf der Biofach bekannt geben wird.CHRISTOPH RASCH