Proteste: Uni-Wahl in einem Rutsch

Studierende fordern mehr Transparenz bei Wahl der Uni-Präsidenten. Neben Lenzen soll es andere attraktive Bewerber gegeben haben.

Als demokratische Farce bezeichnen die streikenden Studenten die Wahl des Uni-Präsidenten. Bild: dpa

"Dieter Lenzen No Go!!!" stand auf Plakaten im Foyer des besetzten Audimax. Mit Spannung wird auf dem Uni-Campus der morgige Donnerstag erwartet. Gerüchten zufolge ist geplant, am Nachmittag in einer gemeinsamen Sitzung von Hochschulrat und Akademischen Senat (AS) den Kandidaten für die Uni-Präsidentschaft "in einem Rutsch" vorzustellen, wählen und bestätigen zu lassen. An der Personalie wäre dann nichts mehr zu rütteln.

Wie aus Unikreisen zu hören ist, waren drei Kandidaten in der engeren Wahl: Berlins FU-Präsident Dieter Lenzen, der Berliner Philosoph Volker Gerhardt sowie eine Kandidatin, deren Name nicht bekannt ist. Gerhardt war im Wahlkampf 2008 von der SPD als Schattensenator für Wissenschaft angetreten und hatte angekündigt, die radikalen Strukturreformen von Vorgänger Jörg Dräger, dort wo nötig, behutsam zurückzuführen.

Doch auf der Einladung für den Akademischen Senat, so erfuhren Studierende, ist nur noch von der Vorstellung eines Kandidaten die Rede. "Wir wollen wissen, warum man sich nicht für andere renommierte Kandidaten entschieden hat", sagt Constantin Braun, einer der Besetzer des Audimax. So, wie das Verfahren jetzt ablaufe, sei es eine "demokratische Farce", schreiben die Besetzer in einer Erklärung. Die drei Studenten im AS hätten bis Dienstag offiziell nicht erfahren, um welchen Kandidaten es sich handle und seien "quasi mit Verschwiegenheitserklärungen" mundtot gemacht.

"Dem Hörensagen nach wurden mehrere aufklärungsfreundliche Kandidaten zuvor ausgemustert", heißt es in einem Flugblatt der Gruppen Liste Links und Fachschaftsbündnis. Der an Platz eins gesetzte Lenzen sei ein "neoliberaler Zuchtmeister", der als Lobbyist der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) für Marktideologie kämpfe und zudem Anhänger einer "neo-kreationistischen Antiwissenschaft" sei. Unter Lenzen gehörten Polizeieinsätze gegen Studierende "quasi zum Semesterprogramm", auch werde als links geltenden Professoren "schon mal die Berufung verweigert".

Allerdings gibt es auch andere Stimmen, die sagen, der Erziehungswissenschaftler sei ein Gewinn, weil er die Geisteswissenschaften eher schätze als die Raketenforscherin Monika Auweter-Kurtz. Und der Tagesspiegel berichtet, Lenzen sei einer der wenigen Hochschulrektoren, der gegen Studiengebühren sei, da diese die soziale Auslese förderten. Der FU-Präsident gelte aber auch als "Störenfried, dem seine Erfolge zu Kopf gestiegen sind". Unter Lenzen hatte die FU beim Exzellenzwettbewerb gewonnen.

Die Audimax-Besetzer haben für den heutigen Mittwoch Kommilitonen der FU Berlin einladen, um mehr über Lenzen zu erfahren. Bei der am Tag darauf geplanten Wahl will man dann "Öffentlichkeit einfordern".

Dienstagabend gab es eine größere Demonstration. Mit Slogans wie: "Bei den Banken seid ihr fix, für die Bildung tut ihr nix", zog ein Bündnis von Kita-Beschäftigen, Schülern und Studierenden friedlich durch die Stadt und blockierte mehrere Kreuzungen.

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