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Verwendung von HörfunkgebührenWDR mauert bei Finanzfragen

Was passiert eigentlich mit den Rundfunkgebühren? Der WDR will nicht offenlegen, mit welchen Firmen er Geschäfte macht - dagegen klagt ein freier Journalist.

Wer GEZ-Gebühren zahlt, darf bisher noch nicht erfahren, wozu diese verwendet werden. Bild: dpa

Im Kern geht es um nicht weniger als 7.260.483.100 Euro. So viel haben die Deutschen allein 2008 an die Gebühreneinzugszentrale abführen müssen - zugunsten von ARD, ZDF und des Deutschlandradios. Wer wissen will, mit welchem Engagement die Sender nun aber zu verbergen versuchen, wofür sie dieses Geld überhaupt ausgeben, dem sei heute um 9.30 Uhr ein Besuch am Kölner Appellhofplatz empfohlen.

Dort haben sowohl das Kölner Verwaltungsgericht als auch der Westdeutsche Rundfunk, die mächtigste ARD-Anstalt, ihren Sitz. Praktisch, denn heute hat das Gericht Vertreter des WDR geladen. Im Saal 101 will es darüber befinden, welche Details seiner Ausgabenpolitik der WDR offenlegen muss - und welche er ganz legal für sich behalten darf.

Initiator dieses Streits ist der Nachwuchsjournalist und angehende Volljurist Marvin Oppong. Er will wissen, mit welchen Firmen der WDR Geschäfte macht, welche Honorare vereinbart wurden und ob diese Aufträge ausgeschrieben wurden. Damit will der Journalist prüfen, ob es bei den Vergaben Ungereimtheiten gab, ob etwa einzelne Firmen bevorzugt wurden. Oppong stützt sich dabei auf das Landesgesetz für Informationsfreiheit, das IFG. Das zwingt Behörden eigentlich, Bürgern Auskünfte jeder Art zu erteilen, sofern nicht Geschäftsgeheimnisse, die Persönlichkeitsrechte von Bürgern oder der "Kern des Regierungshandelns" betroffen sind, wie es in dem Gesetz heißt.

Nun weigert sich der WDR aber bisher, Oppongs Fragen zu beantworten. Der Sender argumentiert unter anderem, er müsse nicht nach dem IFG Auskunft geben. Tatsächlich ist er formell gar keine Behörde, sondern eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Doch nicht nur Oppong legt das Gesetz anders aus: Auch die NRW-Landesbeauftragte für Informationsfreiheit ist der Meinung, der WDR falle als Anstalt des öffentlichen Rechts unter die Auskunftspflicht des weitgehend unerprobten Gesetzes.

Übrigens ist der WDR kein Einzelfall. Auch andere öffentlich-rechtliche Sender mauern, wenn es um ihre Finanzen geht. Das ZDF etwa listet in einem internen Dossier auf, mit welchen Unternehmen es Verträge über so genannte Produktionsbeihilfen schließt. Doch ausgerechnet dieses als "Transparenzbericht" titulierte Papier stempelt der Mainzer Sender als Geheimakte: Journalisten bekommen ihn nicht in die Hand. Dafür verteilt das Zweite immerhin seinen mehrere hundert Seiten dicken Haushaltsplan freizügig an Pressevertreter, genau wie etwa auch der Hessische und der Südwestrundfunk - der Mitteldeutsche Rundfunk sträubt sich grundsätzlich gegen diese Praxis.

Der WDR wollte sich gestern zu dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht äußern. Klar ist aber: Der Prozess könnte wegweisend sein. Vielleicht helfen ja die Gerichte dabei, dass jeder Bürger in Erfahrung bringen kann, was mit seinen Gebühren eigentlich passiert.

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4 Kommentare

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  • VL
    Vera Linß

    Hallo Kollegen, dass kann man sich aber auch ohne Vorkenntnisse an allen zehn Fingern ausrechnen, dass es niemals sieben Milliarden in einem Jahr sind, sondern wenn schon, dann in einer Gebührenperiode. Ich finde, das wäre eine Richtigstellung im gedruckten Blatt wert, zumal es ja ein WDR-kritischer Artikel ist.

  • T
    tcltk

    Ein sehr großer Anteil der Gebühren wird wohl in die Zahlung von Gehältern und exorbitant hohen Pensionen gehen.

    So lässt sich auch die Vornehme Zurückhaltung des gesamten ÖR erklären, wenn es um die Berichterstattung über unsittlich hohe Gehälter, Politiker-Diäten und -Pensionen, etc. geht. Schließlich sitzt mindestens die Führungsriege dieser Anstalten mit den selbsternannten Leistungsträgern unter der gleichen Käseglocke im selben Boot. Und dann wirft man selber keine Handgranaten. Man lässt eher von Helfern außerhalb rund um das Boot Nebelkerzen und Blendgranaten zünden.

  • BB
    Beo Bachter

    interessante Ansätze, es gibt ja einige umstrittene Firmen und Aktionen im öffentlich rechtlichen Firmengeflecht - da gehen öffentlich rechtliche Firmen (Cine Mobil aus München,100% Tochter der Bavaria Production Services, die wiederum 100% Tochter der Bavaria Film ist) mit Dumping Preisen an den Markt und schreiben jahr für jahr Verluste (www.ebundesanzeiger.de), während eine GmbH der beiden Geschäftsführer der Cine Mobil (movielight GmbH) schöne Gewinne schreibt - hier werden wohl Gebührengelder gezielt in private Taschen geschoben....

  • PH
    Peter H.

    Na was der Kölner Sender mit seinen Gebühren und freien Journalisten macht, ist doch nun bald 10 Jahre bekannt:

     

    http://www.dl2mcd.de/domain.html

     

    Und der damals exemplarisch geführte Prozess hat einen gewissen Abmahnanwalt namens G. ja auch dazu gebracht, sich dann die taz.de holen zu wollen. Seitdem sind fremde Domains und E-Mails Freiwild für Rechtsanwälte.

     

    Insofern tut mir der freie Journalist jetzt schon leid, auch wenn er gleichzeitig Jurist ist: Man wird ihn für diese Aktion gnadenlos jagen...