Offshore: Die Revolution frisst Vögel

Eine Studie weist auf die Gefahr von Offshore-Windparks für Vögel hin. Die Betreiber des gerade errichteten Windparks "Alpha ventus" bemühen sich um Entwarnung.

Da schwant den Kritikern nichts Gutes: Windkraft und Vögel. Bild: dpa

Von einer Weltpremiere schwärmte der Projektleiter Wilfried Hube. Da hatte das Konsortium der Energieversorger EWE, Eon und Vattenfall gerade die zwölfte und letzte Anlage des ersten deutschen Offshore-Windparks "Alpha ventus" errichtet. Hoch wie der Kölner Dom ragen die Windkraftanlagen nun 45 Kilometer nördlich von Borkum aus dem Meer, drehen sich - und schreddern Vögel. Befürchten zumindest Kritiker.

Wasser auf deren Mühlen ist eine jetzt veröffentlichte Studie, die die Bewegung von Vögeln im Nordseeraum untersucht hat. Dazu wurde unter anderem eine Plattform mit einem 100 Meter hohen Messturm am Rand der Windanlage "Alpha ventus" errichtet. Dort fanden die Mitarbeiter des Instituts für Vogelforschung bei 36 Besuchen insgesamt 770 tote Vögel, überwiegend Drosseln und Stare. 159 Mal wurde die unbemannte Plattform im Zeitraum von Oktober 2003 bis Ende 2007 kontrolliert.

Bei den gefundenen Opfern handele es sich "nur um einen Bruchteil" der tatsächlich mit dem Messturm kollidierten Vögel, sagt Ommo Hüppop von der institutszugehörigen Vogelwarte Helgoland. Die Mehrzahl fiele ins Wasser oder werde auf der Plattform von den Möwen gefressen. In der Studie heißt es, die Unfälle hätten sich vor allem nachts bei schlechtem Wetter zugetragen. Die Vögel würden dann von beleuchteten Objekten angezogen. Womöglich in Zukunft auch von den Windkraftanlagen, die zwecks Schiffs- und Flugsicherheit andauernd bestrahlt werden sollen. Deren ökologische Auswirkungen seien noch weitgehend unbekannt, dürften aber nicht unterschätzt werden, sagt Hüppop, der sich als Biologe nur bedingt für die tierethischen Gesichtspunkte interessiert: "Wenn zwei seltene Sterntaucher zu Schaden kommen, ist das dramatischer als der Tod von ein paar Tausend Staren." Jedenfalls empfiehlt er, lieber auf Blinklichter bei der Windkraftbeleuchtung zu setzen. Denkbar sei es auch, die Windräder in Nächten mit schlechter Sicht abzuschalten.

Ach was, Augurengeschwätz, heißt es bei "Alpha ventus" zu derlei Befürchtungen. "Nichts davon ist nachprüfbar", sagt Pressesprecher Lutz Wiese. Ohnehin hätte man beim Bau von "Alpha ventus" andere Erfahrungen gemacht. Auf dem beleuchteten Umspannwerk seien im Zeitraum vom 28. September 2008 bis heute nur fünf tote Vögel gezählt worden. "Und die sind nicht dagegen geprallt, sondern aus Erschöpfung gestorben."

Was Wiese nicht sagt ist, dass ein 30 Meter hohes Umspannwerk sich vielleicht anders auf die Umwelt auswirken könnte als eine 155 Meter hohe Windanlage. Das zu klären obliegt ja aber auch dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie, von dem "Alpha ventus" mit einem vierjährigen Forschungsprojekt zu Umweltfragen begleitet wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.