Ortstermin: In guter Gesellschaft am Speersort

Gedenktafel für Marion Gräfin Dönhoff enthüllt

Theo Sommer und Jürgen Mackensen enthüllen Bild: Daniel Wiese

Marion Gräfin Dönhoff ist in guter Gesellschaft dort am Zeit-Gebäude, Speersort 1. Um die Ecke hängt schon Rudolf Augstein, weil der Spiegel auch mal in dem Zeit-Gebäude war, bis er in sein Spiegel-Haus zog. Einige ältere Damen und Herren stehen mit Mänteln, Hüten, Kappen in der Kälte und frieren, denn noch ist es fünf vor zwei, noch ist die Gedenktafel für "die Gräfin" verhüllt.

Zwei vor zwei, Zeit-"Editor at large" Theo Sommer taucht auf, der unter der Gräfin gedient hat und nach ihr Chefredakteur wurde. Sonst niemand zu sehen von den Herausgebern, auch Chefredakteur Giovanni di Lorenzo nicht. Sommer, den Mantelkragen hochgeschlagen, unterhält sich mit einem Mann, sein Atem raucht, und weil das Mikrofon eingeschaltet ist, versteht man die Worte "ist gleich nach Berlin".

Die ehrenwerte Patriotische Gesellschaft ist es und nicht die Zeit, die zum 100. Geburtstag der Gräfin die Gedenktafel montieren ließ. Die inoffizielle Version, die niemand bestätigen wird, geht so: Weil Augstein an der Ecke hing, wollte die Zeit auch eine Gedenktafel haben und schlug ihren Gründer Gerd Bucerius vor. Die Patriotische Gesellschaft lehnte ab, nach Bucerius heiße schon die Straße hinter dem Zeit-Gebäude. So kam man auf Dönhoff.

"Smokings-Kommunion-Brautmoden-Abendmoden" steht auf einem Schild im Erdgeschoss, genau an der Ecke, an der die Dönhoff-Tafel hängt. Der Gräfin, die Wert auf Stil legte, hätte das sicher gefallen. Einmal, erzählt Sommer, sei sie gefragt worden, ob es sie störe, wenn in ihrer Gegenwart geraucht werde, und sie habe geantwortet: "Ich weiß es nicht. Das hat sich noch keiner getraut."

Inzwischen traute sich die Zeit immerhin, Marion Gräfin Dönhoff in der Ausgabe mit den 50 Persönlichkeiten, von denen die Deutschen lernen können, nicht vorkommen zu lassen. Erst letzte Woche legte die Redaktion nach und brachte ein Extra-Dönhoff-Dossier zu deren 100. Geburtstag heraus, mit Beiträgen von Helmut Schmidt, Theo Sommer und anderen Dönhoff-Freunden. Immerhin eine dicke Titelgeschichte.

Der Journalismus der Gräfin habe mit Moral zu tun gehabt und nicht mit Marketing, sagt Sommer bei seiner Einweihungsrede, die wie angekündigt zehn Minuten dauert. Ob sich bei der Zeit seitdem was geändert hat, sagt er nicht. Dann schenkten freundliche junge Damen und Herren von der Zeit Sekt aus. Vermutlich hatte die Marketing-Abteilung sie geschickt.

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