Steuerstreit: Schwarz-Gelb und das Geld

CDU-FDP-Regierung in Kiel will sich Zustimmung zu Berliner Plänen abkaufen lassen - mehr Geld für die Fehmarnbelt-Brücke zum Beispiel. CDU-FDP-Regierung in Hannover droht in diesem Fall mit Blockade.

Schwarz-Gelb gegen Schwarz-Gelb: Wenn der Carstensen (r.) eine Extrawurst kriegt, blockier eben ich, sagt der Wulff . Bild: (M) dpa

Am Sonntag wird abgerechnet. Am Nachmittag treffen sich Schwarz-Gelb Bund und Schwarz-Gelb Schleswig-Holstein im Berliner Kanzleramt bei Regierungschefin Angela Merkel und dann wird um Millionen gefeilscht. Die CDU-FDP-Regierung im nördlichsten Bundesland will sich ihre Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz und den damit verbundenen Steuersenkungsplänen der CDU-FDP-Bundesregierung (siehe Kasten) teuer erkaufen lassen.

Denn die Steuersenkungen führen zu einem jährlichen Defizit des chronisch unterfinanzierten Landes von weiteren 130 bis 150 Millionen Euro. Und die Karten der Kieler sind nicht schlecht: Ohne die vier Stimmen aus dem hohen Norden hat die Bundesregierung keine Mehrheit im Bundesrat bei der Abstimmung am Freitag nächster Woche. Er werde "in Verantwortung für das Land handeln", stellte CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen schon vor Tagen klar. Ein "Verarmungsgesetz für Schleswig-Holstein", wie SPD-Fraktionschef Ralf Stegner die Pläne nennt, könne er nicht absegnen.

Entsprechend selbstbewusst treten die Nordlichter auf. "Wir werden ein Ergebnis bekommen, mit dem beide Seiten leben können", verkündet der FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, am Freitag. Ohne "Entgegenkommen des Bundes wird Schleswig-Holstein seine Zustimmung nicht erteilen", stellt er klar und und definiert seine Verhandlungsposition mit freidemokratischer Dialektik: "Wir müssen nirgendwo rausgekauft werden. Wir wollen ja zustimmen können."

Das schwarz-gelbe Steuerpaket sieht Senkungen von jährlich bis zu 8,5 Milliarden Euro vor. Davon entfallen etwa 4,63 Milliarden Euro auf den Bund. 2,28 Milliarden Euro sollen die Länder schultern, 1,57 Milliarden Euro die Gemeinden.

Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent sorgt für ein Minus von etwa einer Milliarde Euro.

Die norddeutschen Flächenländer sind davon stark betroffen. Sie belegen im Tourismusranking der Länder 2008 vordere Plätze.

Niedersachsen auf Rang 4 zählt 36,9 Millionen Übernachtungen, Mecklenburg-Vorpommern (6) 27,5, Schleswig-Holstein (7) 23,9. Hamburg (13) mit 7,7 und Bremen (16) mit 1,7 Millionen Übernachtungen sind weniger betroffen.

Ein "Herauskaufen einzelner Länder" komme auch gar nicht in Frage, poltert umgehend Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) zurück. Sollte es "eine Sonderlösung" für Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein geben, werde eben Schwarz-Gelb in Niedersachsen das Steuersenkungspaket der schwarz-gelben Bundesregierung blockieren: "Eine isolierte Einzellösung für Schleswig-Holstein würde dazu führen, dass im Bundesrat die Stimmen Schleswig-Holsteins da sind, die Stimmen Niedersachsens aber nicht mehr", droht Wulff kämpferisch. Dann würde das beschleunigte Wachstum am 1. Januar 2010 eben nicht in Kraft treten.

Wulff solle sich "darauf besinnen, dass er nicht die Interessen der Bundesregierung vertritt, sondern Verantwortung für Niedersachsen trägt", fordert der grüne Fraktionschef im Landtag in Hannover, Stefan Wenzel. Die Berliner Pläne würden "Belastungen für den Landeshaushalt" bedeuten, ergänzt der grüne Finanzpolitiker Hans-Jürgen Klein: "Wulff sollte das Gesetz blockieren und so Geld sparen."

Wenn am Montag im niedersächsischen Landtag die viertägigen Beratungen über den Haushalt 2010 beginnen, müsse Wulff "klipp und klar sagen, was er will", findet Wenzel, und auch SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner fordert, den Berliner Plänen im Bundesrat in niedersächsischem Interesse nicht zuzustimmen: "Wer Mindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe für das Land in Kauf nimmt, darf das Wort Haushaltskonsolidierung nicht mehr im Munde führen", wirft er der CDU-FDP-Landesregierung vor.

Auch die Kreise und Kommunen machen inzwischen Front gegen den Bund. Der Landkreistag von Schleswig-Holstein forderte am Donnerstag die Landesregierung auf, das Gesetz abzulehnen. Die Finanzen der Kreise seien "bereits erodiert", sagte der Vorsitzende des Gremiums, Ostholsteins Landrat Reinhard Sager (CDU). Die Kommunen müssten mit Mindereinnahmen von 264 Millionen in diesem Jahr und mit 184 Millionen in 2010 rechnen. "Weitere Einnahmeverluste durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz können die Kommunen nicht verkraften", stellt Sager klar.

Freidemokrat Kubicki allerdings richtet seinen Blick auf größere Zusammenhänge. Als Kompensation des Bundes kann er sich "höhere Direktinvestitionen" im Norden vorstellen. Zum Beispiel könnte Berlin den Anteil Schleswig-Holsteins bei der Finanzierung der Fehmarnbelt-Querung übernehmen. Mit den rund 90 Millionen Euro wäre den Kreisen und Kommunen nicht geholfen. Aber Kubicki muss ja für das ganze Land sorgen.

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