Kolumne Klimagipfel: Neues Denken

Der Klimawandel bietet eine ganze Menge Chancen. Soziale, kulturelle, ökologische und ganz besonders auch ökonomische. Zudem könnten auch Kriege und Arbeitslose vermieden werden.

Da ist also dieses Unternehmen, das seinen Einstieg in einen Milliarden-Zukunftsmarkt davon abhängig macht, dass andere dort auch einsteigen müssen. Sonst, so die Drohung, lassen wir die Milliarden sausen und gehen in Insolvenz. Die Aktionäre finden das konsequent und vernünftig.

Das liegt daran, dass Absurdität nicht erkennen kann, wer sich innerhalb einer Logik festgedacht hat. Ein lähmender Grundgedanke der bisherigen Klimakonferenzen besteht darin, den Klimawandel als Last zu definieren und zu versuchen, eine "gerechte" Verteilung der Kosten und Anstrengungen auszuhandeln. Und dann verhandelt man über die Prozeduren des Verhandelns, spielt "Blame the Dane" oder das "Dramatische letzte Stunden"-Spiel.

Aber: Ein globaler Konsens, gemeinsam die "Last" zu tragen, kann nur ein Minimalkonsens sein. Wenn dieser dann aber als großartige und verbindliche Obergrenze definiert wird und womöglich finanzielle Stimuli nur bis zu dieser Obergrenze gelten, wird kein Fortschritt angepeilt, sondern verhindert.

Mein Leitgedanke für diese tägliche Rubrik der vergangenen zwei Wochen ("Vergesst Kopenhagen") war daher nicht Defätismus, Größenwahn oder die Verkennung der Wichtigkeit verbindlicher, globaler Reduktionsziele, sondern ein Plädoyer dafür, die globale energetische, technologische und politische Modernisierung auf der Grundlage eines neuen Denkens anzugehen.

Der Klimawandel bietet eine ganze Menge Chancen. Soziale, kulturelle, ökologische und ganz besonders auch ökonomische. Weniger euphorisch könnte man hinzufügen, dass es sich auch um Chancen zur Vermeidung von Kosten, Kriegen, Arbeitslosen usw. handelt. Aber das sind nun mal die Chancen, die es im 21. Jahrhundert zu nutzen gilt.

Eine Energiewende und damit die Verminderung des CO2-Ausstoßes ist keine Last, sondern eine zivilisatorische Selbstverständlichkeit. Und wenn zum Beispiel Europa eine poplige Modernisierung nicht als "einseitige Belastung" ihrer Industrie definierte und dann loslegte, ohne das Ganze allzu durchsichtig als reine CleanTech-Exportinitiative anzulegen- ja, warum denn nicht? Doch auch Grundlage dafür ist ein neues Denken.

Wenn es einen großen Erfolg von Kopenhagen gibt, dann besteht er in den Fortschritten außerhalb der Verhandlungssäle. Mein Mitkolumnist Claus Leggewie hat darauf hingewiesen, dass sich in diesen Tagen das Weltbürgertum vor Ort und virtuell als wirklicher Akteur konstituiert habe, der sich seiner Macht allmählich bewusst werde. Bei tcktcktck.org etwa hatten sich gestern Nachmittag in dieser Sache knapp 13 Millionen Weltbürger zusammengetan. Ich bin einer von ihnen.

Und du bist es doch auch.

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Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried

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