Winterdienst: Weißes Gold wird knapp

In Norddeutschland wird mehr Salz verstreut als in jedem anderen Winter. Doch werden die Vorräte knapp und die Salzhersteller kommen kaum hinterher.

Besser aufs Frühstücksei: Wegen anhaltender Glätte im Norden landet Salz öfter auf dem Gehweg. Bild: dpa

Nicht der Dachs, sondern der Dax freut sich über knackig kalte Wintertage. Zumindest die Aktie des Düngemittel- und Salzherstellers K+S steigt in diesen Tagen dank des florierenden Wintergeschäfts. Weil die Kommunen im Norden mit dem Streuen kaum hinterherkommen, baut das Tochterunternehmen Esco mit Sitz in Hannover derzeit rund um die Uhr Salz ab. "Wir hatten in den letzten zwei Wochen so viele Anfragen wie sonst in mehreren Monaten nicht", sagt ein Sprecher des Salzherstellers.

Besonders begehrt ist das weiße Gold in Schleswig-Holstein. Die rund 30.000 Tonnen Streumittel, die zu Beginn des Winters für die Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen eingelagert worden waren, seien bereits so gut wie aufgebraucht, teilte der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) am Mittwoch mit. Nachschub für die Räumdienste werde jedoch nur schleppend angeliefert.

Verboten ist das Streuen von Salz für Privatleute in den meisten Gemeinden. Der reißende Absatz in den Baumärkten zeigt, dass sich viele nicht daran halten.

Über den Boden gelangt das Salz in die Pflanzen. Dort verändert sich dann der Nährstoffhaushalt. Die Pflanzen vertrocknen allmählich.

Tiere, die mit Streusalz in Berührung kommen, leiden oft unter entzündeten Pfoten.

Das Grundwasser wird durch das Streumittel in Mitleidenschaft gezogen: es versalzt.

Korrosion an Brücken und Straßen gehört zu den ökonomischen Schäden. Das exzessive Streuen kostete den Bund in den 1960er und 70er Jahren Milliarden.

Etwas weniger angespannt ist die Lage hingegen in Hamburg. Dem Sprecher der Stadtreinigung, Reinhard Fiedler, zufolge fasse das Salzlager in Hamburg zwischen 10.000 und 12.000 Tonnen. Bis zum Wochenende reichten demnach die Lagerbestände aus. "Mit den von unseren Lieferanten zugesagten Nachlieferungen werden wir noch ein bis zwei Wochen auskommen", sagt Fiedler.

In Bremen neigen sich die Streusalz-Vorräte schon dem Ende entgegen. "Der Nachschub gerät ins Stocken", sagt Straßenamtssprecher Martin Stellmann. Und im benachbarten Niedersachsen wurde in den vergangenen Wochen mit 58.000 Tonnen bereits halb so viel Salz auf die verschneiten Straßen gestreut wie im gesamten vergangenen Winter.

Laut Verkehrsministerium werde das Streusalz zwar langsam knapp, zu Verkehrsproblemen habe das allerdings noch nicht geführt. Trotzdem denkt der Landesbetrieb für Straßenbau wegen des knapper werdenden Streumittels darüber nach, auf der Autobahn 7 in Südniedersachsen nur noch eine Spur zu streuen und ein Tempolimit zu verhängen. Da Streusalz kaum zu beschaffen sei, hoffe er auf niederschlagsfreies Winterwetter, sagte Landesbetriebschef Udo Othmer.

Zu außergewöhnlichen Maßnahmen greift indes die Landeshauptstadt Hannover. Dort wurde am Dienstag das Streusalzverbot aufgehoben. Wie in anderen Kommunen auch, hatte bis dahin nur der zuständige Räumdienst das Recht, Salz zu streuen. "In dieser sehr seltenen Witterungssituation hat die Sicherheit der Menschen in unserer Stadt Vorrang", sagte Umweltdezernent Hans Mönninghoff. Nach den starken Schneefällen und eisigen Temperaturen sei der Einsatz von Streusalz vorübergehend erlaubt, da das Streuen von Sand oder Splitt nicht mehr ausreiche, teilte der hannoversche Winterdienst mit. Niedersachsens Umweltministerium hält den Einsatz von Streusalz sogar für unbedenklich. Einer Sprecherin von Minister Hans-Heinrich Sander (FDP) zufolge sei es demnach ökologisch unproblematisch, "wenn für ein paar Tage im Jahr Salz gestreut wird".

Solche Freizügigkeit im Umgang mit Salz löst bei Naturschützern Kopfschütteln aus. "Das Salz belastet Böden und Gewässer, greift Pflanzenwurzeln und Tierpfoten an", sagt die Sprecherin des niedersächsischen BUND-Landesverbands, Carla Juhre. Erst Monate später, vor allem in den Sommermonaten, zeige sich, welche Schäden das Streusalz an Bäumen und Sträuchern angerichtet habe.

Anstatt die Gehwege zu bestreuen, rät Juhre Privatleuten, diese einfach mit Schippe oder Besen zu räumen. Bei Eis und Glätte bieten sich als Streumittelersatz Sand, Kies oder Sägespäne an. Verbraucher sollten außerdem auf das Umweltzeichen "Blauer Engel" achten. "Solche Streumittel sind weitgehend frei von umweltschädlichen Stoffen", sagt Carla Juhre.

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