piwik no script img

TV-Moderator als BiobauerLob des Brandenburgers

Dieter Moor hat ein Buch über sein zweites Leben als Biobauer in der Provinz geschrieben. Mit schweizerischer Gründlichkeit porträtiert er Brandenburgs Ureinwohner.

Vom Glamour in die Scheune: Dieter Moor mit Entertainer Christian Ulmen und Regisseur Richard Huber. Bild: dpa

Dieter Moor ist eigentlich kein richtiger Promi. Der Moderator von "Titel Thesen Temperamente" ist zu bodenständig, als dass seine Privatgeschichten die Medien beschäftigen könnten. Von ihm kennt man keine Geschichten über betrogene Ehefrauen oder schwangere Geliebte. Trotzdem hat er in den letzten Jahren einen Medien-Hype verursacht, auf den mancher Promi scharf wäre: er hat sich mit seiner Frau Sonja Moor in Brandenburg als Biobauer angesiedelt.

Seit 2003 konnte er sich vor Kollegenbesuchen kaum mehr retten. Nun hat der Schweizer dem Ganzen noch eins draufgesetzt und ein Buch geschrieben über seinen Umzug von der idyllischen Schweiz ins übel beleumundete Brandenburg.

"Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht" lautet der programmatische Titel des Buches. Im Plauderton und mit filmreifen Szenenbeschreibungen schildert Moor die Mühsal, die ihnen die neue Heimat auferlegt. Denn die Moors haben das Land gekauft, ohne genau hinzusehen. Der Boden ist zu sandig, um ertragreiche Wiesen für die Viehzucht hervorzubringen. Der ehemalige Flughafen am Dorfrand ist noch in Betrieb - er wird hin und wieder für Mega-Techno-Partys verpachtet. Und auch das Gemeindehaus auf der anderen Straßenseite nutzen Vereine gerne zum Open-End-Party-Feiern.

Moor ist kein Pionier. Schon vor ihm haben sich viele Westler in den Osten gewagt und nicht wenige von ihnen auch Bücher geschrieben. Aber in "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht" werden keine Klischees über "DunkelDeutschland", über fremdelnde und braune Ossis verbreitet. Für ihn sind die Menschen in "Amerika" (so der fiktive Name des Dörfchens) mutige Menschen, die von einem Tag auf den anderen den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt haben und ihre alte LPG als Familienbetrieb weiterführen. Oder auch sympathische Sturköpfe wie die Inhaberin des einzigen Tante-Emma-Ladens. Dessen verblasster Schriftzug gibt dem Buch auch den Titel: "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht". Die Inhaberin gibt sich redlich Mühe, diesem Motto treu zu bleiben, und weigert sich tapfer, Frischmilch anzubieten, weil die angeblich eh keiner trinkt.

Moor porträtiert die - natürlich fiktiven! - Personen um sich herum mit schweizerischer Gründlichkeit, erzählt mit Vergnügen die Schauer- und Märchengeschichten der Ureinwohner Amerikas aus vergangenen Zeiten. Politik kommt keine vor, außer dass ein wenig zu politically correct und heldenhaft die Glatzen aus dem Nachbarort vom dörflichen Feuerwehrfest vertrieben werden.

Fast wird es ein wenig zu idyllisch in der preußischen neuen Heimat. Das Ackerland stellt sich doch als nicht so unfruchtbar heraus wie gedacht. Der Bauer mit den Berliner Technopartys verkauft den Moors das Land, statt weiter an die Partyleute zu vermieten. Schlussendlich geben sich alle gemeinsam und glücklich auf dem Feuerwehrfest im Gemeindehaus die Kante. Aber warum auch nicht mal ein Happy End? Der schönste schweizerisch-brandenburgische Dialog entwickelt sich, wenn Sonja Moor Bauer Müsebeck Kaffee anbietet: "Wie möchten Sie ihn, mit Milch, mit Zucker, mit beidem?" Der Bauer antwortet trocken: "Mit Tasse."

Dieter Moor: "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der arschlochfreien Zone". Rowohlt, Hamburg 2009. 298 Seiten, 8,95 €

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • TF
    Thomas Fleischer, Wiesbaden

    Das erste Buch von Dieter Moor, halte ich für absolut realistisch. Hier wird in für Jeden verständlichen Formulierungen ein brisantes sozialpolitisches und ökumenisches, sowie ökologisches Menschheitsproblem, unter Beachtung des ehemals geteilten Deutschland, thematisiert.

     

    Philosophen beschäftigen sich seit länger als 2000 Jahren damit, nämlich mit dem DA-SEIN des Menschen; leider wird diese Literatur vom Normalmenschen gar nicht gelesen (und vermutlich auch nicht verstanden. Hier kann es von Jedem gelesen und auch verstanden werden. Es ist dabei unerheblich, daß Akademiker es anders interpretieren, als Nichtakademiker, denn der Inhalt ist klar.

     

    Dieses erfrischende und erheiternde Buch ist das Beste, das ich, jenseits des derzeitigen Mainstreams, in den letzten Jahren las.

     

    Den Philosophen Friedrich Nietzsche und auch Johann Wolfgang von Goethe hätte das Buch sehr erfreut-, der Text ist ganz in ihrem Sinne.

  • SH
    Sommerhalder Heinz Bützberg Schweiz

    ich habe die unsäglichen Ergüsse als Schweizer von Herrn Moor zur Kenntnis genommen.

    Dumerweise habe ich auch in Qedlingburg und Thale sein unsägliches Buch gekauft.

    Auch darin hat er uns als Klinscheisser quasi tituliert.

    Was dieser Versager (die Show im Schweizer Fernsehen wurde ja wegen seiner Dümmlichkeit)die er hier zum besten gibt abgesetzt. Leider kann die Staatsbürgerschaft nicht gelöscht werden, wünsche aber auch nicht dass meine lieben Freunde in der ehemaligen Zone diesen Psychopathen wegen seinen unsäglichen Schleimerei als deutschen Staatsbürger aufnehmen müssen. Nur eines noch zum zum Schluss: Bitte behaltet diese armseelige Kreatur bis an sein Lebensende bei euch.

    Seinen tiefgründigen Quatsch kann er ja jetzt endlich auf RBB loswerden.

    Wer sich so über seine Heimat auslässt, egal woher er stammt.......Klappe halten und nie mehr zurück kommen. Ich wünsche ihm als zukünftigen BRD Bürger dass er da bleiben möge obwohl er die "Ossis" im Gegensatz zu mir nicht nicht als Bürger 2. Klasse tatsächlich und in Wahrheit betrachtet.

    Viele Grüsse eines Landes dessen Daseinsberechtigung ich nicht als Schande bezeichne.

    Heinz Sommerhalder

     

    PS. Leider kann ich einige Schreibfehler nicht berichtigenohne mich nochmals zu wiederholen.

  • A
    A.Lueck

    Schlimm, wenn fiktive Journalistinnen nicht wissen wovon sie schreiben. Das Dörfchen Amerika ist keineswegs fiktiv sondern ganz banale Realität.

     

    P.S. was die Tatze an der Taz zu suchen hat erschließt sich nur demjenigen, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, denn Tatze wird - ach, das erklärt euch sicher jemand aus der 5. Klasse.

  • RM
    Roswitha Meissner

    ...habe lange nicht mehr so herzhaft gelacht,

    sehr humorvoll und voller Geist, ich war tief betrübt, dass das Buch schon zu Ende war.

    Eins würde mich allerdings noch interessieren, warum kommen beim Didaaaa seine Landsleute so schlecht

    weg???