Videoportal als Filmverleih: YouTube als Videothek
Bei Googles Videoportal gibt es Neuigkeiten: YouTube will nun erstmals auch Filme vermieten - aus dem Indie-Bereich. Als Partner hat man sich das Sundance-Festival ausgeguckt.
Sundance ist das wohl bekannteste Filmfestival für unabhängige Produktionen auf der Welt. In diesem Jahr nutzt das Google-Videoportal YouTube die Veranstaltung in dem US-Skiort, um einen neuen Dienst einzuführen: Eine Kollektion ausgewählter Independent-Produktionen soll ab Ende Januar auf dem Angebot zu mieten sein. Insgesamt fünf Wettbewerbsfilme aus den Jahren 2009 und 2010 werden angeboten. Ganz billig ist der Spaß für die Kunden allerdings nicht: 4 Dollar pro Streifen und Mietzyklus werden fällig, bezahlt wird per "Google Checkout" mit Kreditkarte. Zu sehen sind unter anderem die Delfin-Doku "The Cove" von Louie Psihoyos, die US-Komödie "One Too Many Mornings" und "Children of Invention" von Tze Chun.
Die Sundance-Aktion soll nur der Anfang sein, YouTube um kostenpflichtige Dienste zu erweitern. Weitere Miet-Angebote von verschiedenen Partnern unter anderem aus den Bereichen Gesundheit und Bildung seien in einigen Wochen geplant. YouTube betonte, dass die Partner dabei stets alle Rechte an ihren Produktionen behielten und sich das Portal als reine Vertriebsplattform sehe. Wie viel Google pro Mietfilm für sich selbst kassiert, blieb zunächst unklar.
Für YouTube ist der neue Dienst nicht nur deshalb wichtig, weil Sundance einen hervorragenden Ruf in der Filmbranche hat. Sollte das Mietangebot funktionieren, könnte die Google-Tochter neue Einnahmequellen erschließen, die neben der eher schleppend anlaufenden Online-Werbung die hohen Kosten decken könnten, die die vielen Millionen Videoabrufe Tag für Tag generieren. Auch sind bei Erfolg Deals mit den Mainstream-Studios in Hollywood denkbar - schließlich ist die Zielgruppe längst bei YouTube, ihr müsste nur noch beigebracht werden, nun auch zu zahlen. Kein Videoportal auf der Welt versammelt mehr Zuschauer - das Google-Angebot bemüht sich deshalb seit längerem um Kooperationen mit den großen Medienkonzernen, um neben den bekannten Clips unter 10 Minuten auch längere Produktionen wie TV-Serien und Filme anbieten zu können. Diese unterstützten aber derzeit deutlich lieber das industrieeigene Portal Hulu.
Eine weitere wichtige Partnerschaft, die endlich mehr Geld bringen könnte, vermeldet YouTube unterdessen aus Indien. Dort sollen ab März alle Spiele der obersten Cricket-Liga, immerhin 60 Stück an 45 Tagen, über das Portal live gestreamt werden - das entspräche in Deutschland ungefähr einem Deal mit der 1. Fußball-Bundesliga, generiert der Schlagsport auf dem Subkontinent doch Milliarden Umsätze. In anderen Ländern, etwa dem ebenfalls Cricket-verliebten Großbritannien, lassen sich die Matches ebenfalls sehen. Die USA werden hingegen mittels so genannter Geofilter ausgeblendet, weil entsprechende Rechte fehlen. Beim Sundance-Mietangebot ist es genau umgekehrt: Hier dürfen zunächst nur Amerikaner zusehen und mieten, auch dies aufgrund von Copyright-Fragen. Gerüchte gibt es auch um eine mögliche Formel 1-Ausstrahlung bei YouTube. Firmengründer Chad Hurley, durch den Verkauf von YouTube an Google reich geworden, will "soziale Inhalte" des US-Teams ins Netz stellen, in das er investiert hat.
Neuigkeiten gibt es bei YouTube auch im technischen Bereich. Das Clipportal kündigte am Mittwoch an, seine Seite im Rahmen eines Betatests mit einer verbesserten Videoübertragungstechnik auszurüsten. Derzeit werden alle YouTube-Filme im Flash-Format ausgestrahlt, das proprietär ist, sprich: einer Firma, in diesem Fall dem Softwarekonzern Adobe, gehört. Dies soll längerfristig auf das offene HTML5-Format in Verbindung mit dem ebenfalls offenen Videostandard H.264 umgestellt werden. Für die Nutzer hat dies den Vorteil, dass der Rechner weniger belastet wird als bei Flash und regelmäßig auftretende Sicherheitslücken bei der Technik umgangen werden; auch ist es potenziell einfacher, Clips herunterzuladen. Allerdings funktioniert HTML5-Video derzeit nur mit dem Apple-Browser Safari und Googles firmeneigener Web-Software Chrome; die beliebteren Programme Firefox und Internet Explorer werden derzeit nicht unterstützt.
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