piwik no script img

Feuer-Tod von Afrikaner JallohAktivisten planen Experten-Kommission

Eine Initiative will eine unabhängige Kommission einsetzen, um den Fall des Afrikaners Jalloh aufzuklären. Er verbrannte in einer Dessauer Polizeizelle.

Was passierte in Dessau? Der Brand wurde mehrmals nachgestellt. Bild: dpa

BERLIN taz | Eine internationale und unabhängige Expertenkommission soll bei der Aufklärung im Fall Oury Jalloh helfen. Das erklärte Mouctar Bah von der Gedenkinitiative Oury Jalloh auf einer Pressekonferenz in Berlin. "Die Kommission soll unabhängig die Ursachen für Oury Jallohs Tod untersuchen", so Bah. Eine Liste von Experten stehe schon fest, nun suche die Initiative nach den Mitteln, um die Kommission finanzieren zu können. Außerdem sollen ein neues Brandgutachten und ein medizinisches Gutachten erstellt werden.

Anfang Januar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass der Fall erneut aufgerollt werden muss. Die Richter in Karlsruhe schlossen Mord als Ursache für Jallohs Tod nicht mehr aus und kamen außerdem zu dem Schluss, dass es während des Prozesses im Landgericht Dessau-Roßlau zahlreiche Lücken gegeben hätte. So fragten die Richter des BGH beispielsweise, warum der qualvoll im Feuer sterbende Oury Jalloh keine Schmerzensschreie von sich gegeben hat. Der Afrikaner war in seiner Gefängniszelle am 7. Januar 2005 verbrannt, der Hergang dieses Vorfalls ist bis heute ungeklärt.

"Wir begrüßen die Entscheidung der Richter in Karlsruhe", erklärt Yonas Endrias, der in der Gedenkinitiative aktiv ist. Der Menschenrechtler sowie die Initiative erhoffen sich nun, dass "in dem neuen Revisionsverfahren das Gericht von der physikalisch, biologisch unmöglichen und unbewiesenen Annahme der Selbsttötung Abstand nimmt", um den Fall aufzuklären. Viel Hoffnung mache sich die Initiative dabei aber nicht. Die Aktivisten fordern neue Gutachten, die aufklären sollen, wie es sein kann, dass Jalloh, obwohl er Qualen durchlitten haben muss, nicht geschrieen hat und wie Jalloh es geschafft haben soll, seine Matratze selbst anzuzünden und wie eine dünne Matratze 800 Grad Hitze erzeugen kann. "Mit einem Feuerzeug wäre sowas gar nicht möglich gewesen", erklärt Endrias

Diese Umstände soll neben den Gutachten auch eine internationale Expertenkommission klären. "Wir versprechen uns sehr viel von der Kommission", erläutert Endrias. Als Vorbild dient die bekannte Untersuchungskommission im Fall Steven Lawrence in England. Das Problem sei dabei die Finanzierung der Transport- und Übersetzungskosten. "Wir hoffen, dass uns Menschenrechtsorganisationen dabei unterstützen", sagt Bah. Für den Aktivisten steht fest, dass der Kampf weitergehen muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • J
    johannes

    Ich habe wenig Hoffnung, dass der Tod aufgeklärt wird. Nur eines ist sicher Sachsen ist ein einziges Braunes Nest. Nicht nur dass man besser die sächsisches Schweiz meiden sollte die gesamte Polizei und Staatsanwaltschaft (siehe Dresden) ist durchsetzt mit Faschisten.

     

    und dass sage ich als ossi...

  • KK
    klaus keller

    fragen über fragen,

     

    ist der Mann durch Brandgase(toxisches Lungenödem) erstickt bevor aus einem Schwelbrand ein Feuer wurde?

     

    Waren Decke und Unterlage(so vorhanden)aus leicht brennbarer Chemiefaser(Organisationsverschulden)und eben nicht schwer entflammbar?

     

    Wenn er ein Feuerzeug in der Hosentasche hatte und dies erreichen konnte war es ihm uU möglich seine Decke anzukokeln.

    Wenn sie schwer entflammbar ist bleibt es beim Versuch.

    Hatte er ein Feuerzeug in der Hosentasche,wurde er unzureichend durchsucht.(grob fahrlässig wenn er gar nicht durchsucht wurde)

     

    Bei einer alkoholisierten Person ist immer mit eigen,-oder fremdgefährdenden verhalten im Affekt zu rechnen.

     

    Ich habe den Eindruck das die Aussagen der Polizeibeamten sind gar nicht nötig sind um ihnen grobe Fahrlassigkeit und verlassen in hilfloser Lage eines Schutzbefohlenen nachzuweisen.

     

    Darüberhinaus sind ans Bett gefesselte Personen kontinuierlich, wenigstens durch Sichtkontakt zu überwachen, da diese völlig hilflos sind.

     

    Vergleiche mit der Praxis psychiatrischer Kliniken bieten sich hier an, aber auch dort kommt es leider vor das Menschen in der Fixierung(psych Fachbegriff) gestorben sind.

    Der letzte mir bekannte Fall war in den 1990er Jahren in einer psych Klinik in Gießen(durch Brandgase).

     

    Um dies zu vermeiden gibt es Richlinien zum fixieren von Patienten und den weiteren Umgang(zB Überwachung)mit Ihnen.

    Diese scheinen im vorliegenden Fall vollständig zu fehlen oder wurden nicht beachtet(grob fahrlässig.

     

    Hier ist das Organisationsverschulden neben der individuellen Verantwortung der Personen vor Ort an diesem Tag mit einzubeziehen.

     

    Auch wenn es Oury Jalloh nicht mehr hilft geht es doch auch darum künftigen Katastrophen dieser Art vorzubeugen.

     

    PS:Feuer-Tod von Afrikaner Jalloh,

    kann man das nicht anders formulieren.

    Wie etwa:

    Feuertod von Oury Jalloh.

     

    klaus keller hanau