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Kommentar contra Ikea-EvokationBärendienst am Bürger

Kommentar von Marco Carini

Dass nun die Ergebnisse dieses Unterstützungsbegehrens für die herrschende Politik von dieser benutzt wird, ein rechtlich nicht zu verhinderndes Gegenbegehren auszuhebeln, macht die Volksdemokratie zur Lachnummer.

L ängst war es zur Farce verkommen, das doppelte Bürgerbegehren um Ikea. Erst wurde das Instrument, das als Korrektiv zum Parlament gedacht ist, zweckentfemdet, um die Mehrheit des Altonaer Parlaments zu bestätigen. Dann wurde von den Ikea-Befürwortern eine aussagekräftige Zusammenlegung beider Bürgerentscheide verhindert - und schließlich den Altonaern eine Fragestellung vorgelegt, die so tendenziös war, dass selbst ein Ikea-Gegner kaum mit Nein stimmen konnte. Infos der Ikea-Kritiker lagen dem Entscheid selbstverständlich nicht bei. So verkam das Korrektiv zur Karikatur. So wurde das Instrument direkter Demokratie beschädigt.

Dass nun die Ergebnisse dieses Unterstützungsbegehrens für die herrschende Politik von dieser benutzt wird, ein rechtlich nicht zu verhinderndes Gegenbegehren auszuhebeln, macht die Volksdemokratie zur Lachnummer. Die Prognose, ein weiteres Begehren hätte keine Mehrheitschance gehabt, ist kein Argument, verbriefte Bürgerrechte auszuhebeln.

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Hamburg-Redakteur
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8 Kommentare

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  • S
    spahn

    lieber herr carini, wären sie gestern abend in der BV-altona gewesen, wüssten sie, dass Sie sowohl juristisch als auch inhaltlich in vielerlei hinsicht einer desinformationskampagne der ikea-gegner aufgesessen sind. schade, dass sie sich so instrumentalisieren lassen. auch als linker journalist sollte man sich davor hüten, propagandainstrument zu werden.

    im übrigen: klarer als die frage ikea ja oder nein kann eine volksabstimmung doch nicht laufen. und: die ikea-gegner hatten mehr plakate auf der straße als die befürworter. deshalb: funktioniert jetzt auch die taz nach dem twickel-motto: wenn der bürger anderer meinung ist als ich, dann hat er es nicht verstanden? und verstanden hat der bürger es erst dann, wenn er meiner meinung ist? solche denkmodelle hatten wir in deutschland vor sechzig jahren. ich dachte, die hätten wir überwunden.

    mit kollegialem gruß

  • S
    Shlomo

    In einer Demokratie kann sich die Regierung das Volk nicht ausssuchen - aber auch die Taz nicht bestimmen, was das Volk wirklich will. Die Bürger haben sich mit einer überwältigenden Mehrheit für IKEA entschieden. Das hätte ich so nicht erwartet. Aber so ist es nun. Am Ende haben die IKEA-Gegner für einen IKEA-Freibrief gesorgt. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob der Bau eines Möbelhauses in einer Fussgängerzone wirklich Thema der Volksgesetzgebung sein sollte.

  • EL
    Ein Leser

    Die Informationen, welche mit dem Formular zur Abstimmung verschickt wurden, waren sehr einseitig pro Ikea. Dies ist zum Vergleich mit anderen Bürgerentscheiden in der Vergangenheit offensichtlich. Dies ist vielen in meinem Bekanntenkreis, Gegner wie Befürwortern, aufgefallen. Warum war das so? Ich habe dazu keine Informationen in der Presse gefunden. Das schon etwas seltsam gewesen und sollte für spätere Volksbegehren thematisiert werden.

  • B
    Bahrenfelder

    Ein ärgerlicher Kommentar von Marco Carini. Schade!

     

    Das Instrument der Volksbefragung wurde nicht beschädigt. Es wurde eindrucksvoller als bei jeder anderen Befragung zuvor ausgeübt. Nur Marco Carinis Problem ist es offenbar, dass ihm das Ergebnis der Befragung nicht in den Kram passt. Nur das sollte er dann bitte auch ehrlich sagen.

     

    Eine Wahlbeteiligung von mehr als 40 Prozent ist außergewöhnlich und zeigt, wie sehr das Thema die Altonaer umgetrieben hat.

     

    Die Mehrheit ist eindeutig. Ebenso eindeutig falsch ist die Behauptung, dass es ein Gegen-ikea-Votum gegeben hätte, wenn die Fragestellung neutraler gewesen wäre.

     

    Marco Carini muss sich fragen lassen, für wie dumm er die Wähler (und damit seine Leser) eigentlich hält.

  • B
    Bert

    Tschuldigung, aber schwachsinniger hätte dieser Kommentar kaum ausfallen können. Denn begonnen wurde der ganze Protest von IKEA-Gegnern, nur die Befürworter, die anschließend anfingen zu sammeln, waren schneller. Darum der erste Entscheid früher. Und wenn ich mich recht erinnere, wollten die Gegner selbst keinen gemeinsamen Entscheid, sondern alleine weiter Unterschriften für einen eigenen Entscheid sammeln. Und dass der Wahlzettel so fürchterlich tendenziös gewesen sei, ist doch Schwachsinn. Jeder Altonaer Wahlberechtigte wusste doch, worum es geht. Und selbstverständlich konnte man Nein ankreuzen. Die übergroße Wahlbeteiligung und das klare Ergebnis für Pro Ikea zeigt die klare Meinung im Bezirk.

    Das "Gejammer" der IKEA-Gegner jetzt zeigt mir als Demokraten nur eins: Dass die lautesten Befürworter der direkten Demokratie, meist IKEA-Gegner, nicht damit gerechnet haben, dass schlicht die große Mehrheit der Bürger lieber shoppen geht und eben nichts von einem Künstler-Zentrum in einem abgrundtief hässlichen Betonklotz mitten in der früher so lebendigen Fußgängerzone halten.

    Wenn man verloren hat, sollte man die Niederlage auch eingestehen. Einen zweiten Entscheid würde kein normaler Wähler mehr verstehen.

  • A
    Anwohner

    Au weia, Herr Carini.

    So einen Kommentar hätte ich eher in der Mopo von einem pubertären Möchtegern Altlinken erwartet, aber von Ihnen ? Sie halten also die Bürger Altonas für so blöd, dass diese nicht eine klare Frage verstehen ? Ich selbst habe mit Nein gestimmt, hatte als Entscheidungsgrundlage mehrheitlich Flugbätter und Infos der Gegner zu lesen. Die massive in den Medien vertretende Anti Kampagne hat voll auf dieses Bürgervotum gesetzt, warum sonst die vielen Plakate? Glauben Sie ernsthaft, das der Entscheid bei einer "neutraleren" Frage wesentlich anders gelaufen wäre ? Eine sehr dünne und - in der sehr Szene sehr beliebt - nicht mehr nachprüfbare These. So bleibt der Strohhalm der Rchtfertigung des heroischen Kampfes aufrecht. Nein, ich war selber überrscht über die Deutlickeit des Votums. Die Altonaer (ja das kann man bei der Wahlbeteiligung wohl sagen) wollen den Abriss des Frappant Gebäudes, verbunden mit der Hoffnung auf eine Belebung der Neuen bergstrasse. Ob das im Sinne der Anwohner auch gelingt bleibt auch für mich weiter fraglich. Es hängt jetzt vom Einsatz und dem Druck der Bürger und letzlich der Kommunalpoliteker ab, wie ein Konzept umgesetzt wird, insbesondere zum Stichwort Verkehr.

    Das was wir erlebt haben in Altona, war Demokratie pur, mit einer klaren Perspektive und reichhaltiger Informatinsaustausch für und gegen eine Sache.

    Eine zweite Abstimmung wäre eine Farce und auch aus finanziellen Gründen nicht zu rechtfertigen.

    Überdenken Sie mal in Ruhe ihren Kommentar,

    Herr Carini.

  • A
    Altona-Fan

    Erstaunlich, wie leicht den politisch verantwortlichen

    die Verharmlosungen der enormen Veränderungen betreffend der Zunahme des Straßenverkehrs durch Ikea in diesem Stadtteil Altona fallen.

    "Es gehe darum, die zusätzliche Verkehrsbelastung so gering wie möglich zu halten".

    Dabei wissen die Planer von den großen zusätzlich zu erwartenden Verkehrsströmen, die durch die restliche Hafenrandbebauung, sowie durch das neue Kreuzfahrtterminal entstehen. Die anlandenden und abfahrenden Besucher und deren Zubringer müssen ja auch noch über Altonas Straßen entsorgt werden zusammen mit den zusätzlichen Arbeitern und Angestellten der neuen geplanten Hafenrandbebauung West.

    Gleichzeitig hören wir: Der Hamburger Senat will bis 2012 mit dem Bau von 1.900 Wohnungen auf dem Gelände des Bahnhofs Altona und der alten Gleisflächen im Westen beginnen.

    Außerdem werden die Bauarbeiten zur Überdeckelung der A7 sowie den bis zu 10-spurigen Ausbau der Fahrbahn ebenfalls zu erheblichen Verkehrsbehinderungen und Veränderungen führen.

    Schon allein das alles ist ein Horrorszenario für die Anwohner Altonas.

    Will vielleicht wegen dieser Vorhaben Ikea so dringend von der Autobahn weg in diesen mit Wohnquartieren gewachsenen Stadtteil?!

    Ikea mit tausenden Autos pro Tag zusätzlich kann da nicht mehr gewollt sein!

    Leute,denkt doch selber nach und lest auch mal zwischen den Zeilen.

  • SS
    Stefan Schneider

    man kann sich das Volk nicht backen.

    So ist es leider. Die Entscheidung ist eindeutig und die Leute wussten wofür oder wogegen sie entscheiden. Das ist ernst zu nehmen, sonst hält man die Wähler für doof und die Demokratie für eine Farce.