Jesuiten: Weitere Fälle von Missbrauch
In Hamburg haben sich drei ehemalige Schüler gemeldet, die missbraucht wurden. Unter Verdacht steht derselbe Pater wie an der Berliner Canisius-Schule.
Nach dem Bekanntwerden von Missbrauch an der Jesuiten-Schule Canisius in Berlin kommen jetzt nach und nach weitere Fälle ans Licht. An der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule haben sich bisher drei ehemalige Schüler gemeldet, die missbraucht wurden. Auch das Jesuitenkolleg St. Blasien im Südschwarzwald will mögliche Vorfälle prüfen. In beiden Fällen ist der mutmaßliche Täter Pater Wolfgang S., der am Berliner Canisius-Kolleg unterrichtet hat. Der Pater war von 1979 bis 1982 in Hamburg und von 1982 bis 1984 in St. Blasien tätig. 1991 trat er aus dem Orden aus und lebt jetzt in Chile.
Friedrich Stolze, der Schulleiter der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule, rechnet damit, dass sich noch mehr Schüler melden werden. "Einer der drei Betroffenen hat mir den Hinweis gegeben, dass es noch mehr Missbrauchsfälle gab", sagte er der taz. In einem Fall habe sich eine Mutter gemeldet, deren Sohn heute seelisch krank sei. "Das war ein sehr bewegendes Gespräch", sagte Stolze. Er habe inzwischen alle Schüler, Lehrer und den Elternrat schriftlich benachrichtigt. Wie er jetzt weiter damit umgehe und ob er ehemalige Schüler anschreibe werde, wisse er noch nicht.
Am St.-Blasien-Kolleg im Südschwarzwald hatte der Rektor, Pater Johannes Siebner, am Montag alle Schüler zu einer internen Versammlung zusammengerufen, um auf Fragen zu den Vorfällen zu antworten. "Ich muss davon ausgehen, dass es auch an unserem Kolleg Fälle gibt, das hat mir der Leiter der Jesuiten in Deutschland mitgeteilt", sagte Siebner der taz. Bei der Versammlung waren rund 600 der 900 Schüler anwesend. "Ich möchte meine Schüler nicht den Tumulten einer Öffentlichkeit aussetzen, die jetzt von außen auf sie eindringt und sie verunsichert." Die Versammlung sei ein Angebot an die Schüler gewesen, keine Pflichtveranstaltung. "Es gibt ja auch Schüler, die das gar nicht hören wollen", erläuterte Siebner. Zu den konkreten Einzelfällen wollte er nichts sagen: "Ich möchte die Opfer nicht ein zweites Mal zu Opfern machen, indem ich über Fälle spreche."
Am Canisius-Kolleg in Berlin sind inzwischen 20 Betroffene bekannt, die zwischen 1975 und 1982 Opfer sexuellen Missbrauchs geworden waren. Die Staatsanwaltschaft prüft die Fälle. "Es spricht aber vieles dafür, dass die Taten verjährt sind", sagte Staatsanwaltssprecher Martin Steltner am Montag der dpa. Das betreffe auch etwaige Vorwürfe an den Jesuiten-Orden wie Strafvereitelung oder unterlassene Hilfeleistung. "Die Prüfung dauert noch an."
Der Ordensführer der Jesuiten in Deutschland, Stefan Dartmann, entschuldigte sich am Montag im Canisius-Kolleg bei den Opfern. "Sie tragen belastende Erinnerungen mit sich und erheben jetzt ihre Stimme. Sie bitte ich auch im Namen des Ordens für alle Missbräuche, die sie erlebt haben, um Vergebung." Ebenso bitte er um Entschuldigung für das, was an "Notwendigem von Verantwortlichen" unterlassen worden sei.
Pater Wolfgang S. soll sich im Januar in einem Brief an die Opfer gewandt und sich entschuldigt haben, meldete der Spiegel. Er gab an, bereits 1991 seinen damaligen Provinzialoberen informiert zu haben. Dartmann bestätigte dies und kündigte an, die Akten überprüfen zu lassen, um "festzustellen, was genau die Jesuiten damals wussten und welche Konsequenzen erfolgten", sagte er laut Spiegel.
Leser*innenkommentare
Karin Schneider
Gast
Rom, wir haben ein Problem - Rom antwortet nicht !
Glaubhafte Insider - Informationen spiegeln wieder was eigentlich schon lange bekannt sein
dürfte. Alleine in den letzten 5 Jahren wurden in Rom mehr als 7500 Fälle weltweit gemeldet, die
systematisch und bewußt verschwiegen wurden. Sexueller Mißbrauch- Pädophile Übergriffe sind
in den Reihen der Kirchen längst kein Geheimnis mehr. Kam ein Verdacht auf, wurden lediglich
Personalkonsequenzen gezogen und die Täter unter dem Deckmantel des Schweigens von A nach B
versetzt. Ruf- und Imagepflege waren dabei wichtiger als Opferschutz. Die Opfer selber haben gegen
das mächtige Bollwerk der Kirchen wenig Chancen und sind daher zu Schweigen verurteilt.
Die Taten verjähren und Rom schweigt beharrlich. Keimt hin und wieder dochmal ein Verdacht auf,
in dem ein Vergehen aufgedeckt wird, erfolgt medienwirksam die Bekämpfung derartiger Machenschaften.
Was kaum bekannt sein dürfte sind auch andere strategische Schachzüge der Kirchen
im Umgang mit Sexualstraftätern aus den eigenen Reihen. Viele dieser Täter werden in Entwicklungsländer
versetzt. Wer glaubt, dass dieses aus reiner Buße geschieht ist leider auf dem falschen Weg. Vielmehr gilt ein
Priester oder Pater in bestimmten Ländern aus Respektsgründen als unantastbar und kann somit
weiter seinen Neigungen nachgehen ohne dabei strafrechtlich belangt zu werden. Die Täter sind weit
weg vom Schuß und können den Kirchen keinen Imageschaden mehr zufügen. Wenn doch
werden die Täter eben wieder versetzt - Kirchenrechte in denen sich pädophile Straftäter wohlfühlen dürften.
Hauptsache Rom schweigt. Warum wohl? Karin Schneider ManagerSOS