Das Grundwasser wird versaut

Die Massentierzucht verunreinigt das Grundwasser im Münsterland, selbst EU- Vorgaben werden verpasst. Das Landes-Umweltministerium spricht lieber von einem „wissenschaftlichen“ Problem

VON BARBARA RUPFLIN

Die Grünen sorgen sich um das Grundwasser. Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, forderte Landesagrarminister Eckhard Uhlenberg (CDU) auf, gegen die anhaltend hohe Nitratbelastung im Münsterland vorzugehen. 17 von 20 Grundwasservorkommen im Münsterland seien stark gefährdet, sagte Remmel unter Berufung auf das Staatliche Umweltamt in Münster: „Wir sehen kaum ernsthafte Ansätze, wie die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie erfüllt werden sollen.“

Die Rahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU) sieht vor, bis 2015 einen „guten ökologischen Zustand“ des Grundwassers zu erreichen. Der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter wird stellenweise um ein Vierfaches überschritten. „Das Trinkwasser ist derzeit zwar unbedenklich, es muss jedoch jetzt gegengesteuert werden“, so Remmel.

Nitrat gelangt im von Massentierhaltung geprägten Münsterland – dem so genannten Schweinegürtel – vor allem durch die Gülle in den Boden. Die Chemikalie kann bei einer zu hohen Konzentration im Trinkwasser zu Magenkrebs führen. Bei Neugeborenen kann Nitrit, das sich aus Nitrat bilden kann, sogar Blausucht auslösen und im Extremfall tödlich sein. Das Landwirtschaftsministerium warnt jedoch vor „Panikmache“: Die Grünen-Forderung sei ein „populistischer Angriff auf die Landwirtschaft“, heißt es im NRW-Landwirtschaftsministerium.

Die Grünen fordern, dass den Landwirten strengere Auflagen für die Abluftanlagen der Schweineställe gemacht werden. Außerdem solle die Gülle nicht wie bisher auf den Feldern verspritzt, sondern mit so genannten Schleppschläuchen gezielt verteilt werden.

Die Landwirte halten die bisher bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Grundwasserschutz für völlig ausreichend. Bereits jetzt sei das Münsterland in diesem Bereich auf einem „guten Weg“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW. Er verweist auf ein bereits bestehendes Kooperationsmodell zwischen Bauern und Wasserwerke, bei dem die Landwirte Ausgleichszahlungen für Ernteausfälle aufgrund von geringerem Nitrateinsatz erhalten.

Nach Ansicht von Experten reichen diese Maßnahmen jedoch nicht aus: „So werden die EU-Vorgaben nicht eingehalten werden können“, sagt Martin Böhme von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): „Massentierzuchtbetriebe sind einfach nicht umweltverträglich“, sagt er. Solange im Münsterland weiter dreimal mehr Schweine als Menschen lebten, sei der Nitratbelastung nur schwer beizukommen.

Auch die Umweltaktivisten des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordern ein Umdenken in der Landwirtschaft, um das Grundwasser weniger zu belasten. Ein schnelles Eingreifen der Politik erwarten sie jedoch nicht: „Die Parteien stehlen sich aus der Verantwortung“, sagt BUND-Gewässerschutzexperte Manfred Dümmer. Dies gelte im Übrigen auch für die Grünen: „Auch unter der früheren Landesregierung hat niemand so richtig an der Massentierhaltung gerüttelt“, sagt er. Schließlich hätten die Grünen sich auch schon in Regierungszeiten um die Nitratbelastung sorgen können.

Dass sich das unter Umweltminister Uhlenberg ändern wird, ist unwahrscheinlich. Denn, so ließ sein Ministerium verlauten: „Es handelt sich bei dem Thema nicht um eine politische, sondern um eine wissenschaftliche Frage.“