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: Von Vorverurteilungen und Selbstkritik

„Mach et, Otze!“ – Ex-FC-Köln-Trainer und Trainertrainer Erich Rutemöller ist ein wahres Vorbild und zeigt nach 14 Jahren Reue

Nach dem Abpfiff des Bundesligaspiels zwischen Köln und Schalke hätte man gerne gewusst, was sich der Kölner Alpay Özalan und der Schalker Hamit Altintop zu erzählen hatten. Özalan, der trotz seines mittwöchlichen Einsatzes als türkischer Paraderüpel in der Kölner Startelf stand, schloss den Schalker Altintop freundschaftlich in die Arme. Es wirkte, als wollte er sagen: „Ich bin nicht mehr sauer, dass du mich daran gehindert hast, den Schweizer Raphael Wicky zu verprügeln.“ Vielleicht ist das aber auch nur eine böswillige Unterstellung, so wie ja praktisch alle Beteiligten auf türkischer Seite vorverurteilt worden sind und es natürlich immer noch werden – ganz besonders von diesem parteiischen Schweizer Fifa-Boss, den die türkischen Medien deshalb kurzerhand zum „Hooligan-Präsidenten“ erklärt haben. Es geziemt sich ja auch nicht, den türkischen Rambokickern wegen der paar harmlosen Jagdszenen von Istanbul gleich den Ausschluss von der nächsten WM-Qualifikation anzudrohen. Deren Verband ordnete vorerst ein Redeverbot für seine in der Bundesliga beschäftigen Untergebenen an. Besser so, Selbstkritik wäre wohl ohnehin nicht über ihre Lippen gekommen.

Wird aber bestimmt noch nachgereicht, spätestens nach dem Urteil. Und damit so wie im anderen Fußball-Skandalfall. Eine Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten hat in dieser Woche Betrugsschiri Robert Hoyzer ereilt. Auch er hatte sich zu Beginn der Ermittlungen zum Wettskandal vorverurteilt gefühlt. „Die Vorwürfe machen mich sehr nachdenklich, unruhig und bestürzt“, hatte Hoyzer anfangs gesagt. Bei dem Berliner Ex-Pfeifenmann war von Selbstkritik lange Zeit nichts zu spüren. Vielleicht überkam den Verurteilten in der U-Haft die Erkenntnis, dass ein bisschen Reue zur rechten Zeit weiterhilft als alle Geldgier. Manchmal dauert das mit der Selbstkritik eben seine Zeit.

Erich Rutemöller hat dafür immerhin 14 Jahre Zeit gebraucht. Als Coach des 1. FC Köln hatte er 1991 im Pokal-Halbfinale gegen den MSV Duisburg seinen Stürmer Frank „Otze“ Ordenewitz dazu aufgefordert, sich absichtlich eine rote Karte einzuhandeln, um in einem bedeutungslosen Spiel gesperrt zu werden – und nicht im Pokalfinale. Coach Rutemöller wies Ordenewitz in der Kabine an: „Mach et, Otze!“ Otze machte es. Am Ende siegte auch hier die Gerechtigkeit, weil Rutemöller seinen Befehl später vor laufenden Kameras ausplauderte. DFB-Chefankläger Hans Kindermann sperrte Otze fürs Pokalfinale und brummte dem Trainer eine Geldstrafe von 5.000 Mark auf. Nun, nach fast anderthalb Jahrzehnten, hat Rutemöller sich endlich innerlich befreit und sein Handeln als „nicht vorbildliches Verhalten“ selbst kritisiert. Alpay, mach et!

CHRISTIAN ZINGEL