piwik no script img

München empfängt OlympionikenEndlich daheim!

Deutschlands Olympioniken werden "dahoam" empfangen. Vor allem aber soll die Bevölkerung davon überzeugt werden, die Winterspiele 2018 in München haben zu wollen.

Empfang in ... ja, was: Brezenform?! Bild: dpa

MÜNCHEN taz |Das Siegestor in München ist wieder ein Triumphbogen. Das 1852 dem bayerischen Heer gewidmete Tor zur Ludwigstraße, das im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört worden ist, war lange anerkannt als Mahnmal. "Dem Sieg geweiht, vom Krieg zerstört, zum Frieden mahnend", so lautet die Inschrift, die nach dem Wiederaufbau über dem klassizistischen Bogen angebracht wurde. Jetzt darf wieder gejubelt werden am Tor. München hat am Dienstag eine Siegesparade für die in Vancouver so erfolgreichen deutschen Olympiateilnehmer veranstaltet. Die fuhren in weißen Edelkarossen durch das Siegestor. "Der Willy Bogner hat zu mir gesagt, das Siegestor ist doch ein Tor für Sieger", erzählte ein gut gelaunter Oberbürgermeister am Rande des Empfangs der Olympioniken im Rathaus. Christian Ude ließ sich vom Chef der Bewerbergesellschaft überzeugen. Die Bilder von der Triumphfahrt könnten sich gut machen bei einer der nächsten Präsentationen von München als Bewerberstadt für die Olympischen Winterspiele 2018. Wie schade, dass es gar so grau war in der Stadt an diesem Tag, dass die Cabrios geschlossen blieben, weil es so heftig geregnet hat.

Später dann haben die meisten deutschen Sieger und Medaillengewinner vom Rathausbalkon heruntergewunken. Und die Münchner jubelten ihnen zu. Die Begeisterung, zu der die Münchner Boulevard-Medien und der Bayerischen Rundfunk aufgefordert hatten, kam gut an bei den Sportlerinnen und Sportlern. "Wahnsinn" und "Hammer" riefen die immer wieder vom Balkon herab. Horst Seehofer strahlte, als er den Balkon des Neuen Rathauses auf dem Marienplatz betrat. Die Menge jubelte. So etwas erlebt ein bayerischen Ministerpräsident schon lange nicht mehr alle Tage. Nicht einmal der Oberbürgermeister wurde ausgepfiffen. Das passiert dem sonst immer, wenn er mit Sportlern vom Rathausbalkon winkt. Als längjähriger Funktionsträger beim TSV 1860 bekommt er bei den Meisterfeiern des FC Bayern regelmäßig sein Fett weg. Selbst Deutschlands oberster Sportfunktionär, der als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und Vizepräsident des IOC gewohnt ist, Fäden im Hintergrund zu ziehen, suhlte sich in der Begeisterung. "Das ist ein wichtiger Tag für München und unsere Bewerbung", rief Thomas Bach den Leuten zu.

Die Werbemaschinerie läuft wie geschmiert in der bayerischen Landeshauptstadt. Bis zur IOC-Entscheidung, die am 6. Juli 2011 im südafrikanischen Durban fallen wird, gilt es die Zustimmung der Bevölkerung für die Spiele zu organisieren. Nur wenn die wirklich hoch ist, hat München eine Chance gegen Pyeongchang in Südkorea und das französische Annecy. Die Region im koreanischen Taebaek-Gebirge hält Ude für den schärfsten Konkurrenten. Die hätten vor allem jede Menge Geld zur Verfügung. "Sie bewerben sich schon zum dritten Mal, die lassen nicht locker", sagte der OB, der sich an diesem Tag pudelwohl fühlte und sich als drolliges Münchelin-Männchen präsentierte. Den schneeweißen Daunenanorak mit dem Logo der Münchner Olympiabewerbung auf der Brust wollte er gar nicht mehr ausziehen, auch als er mit den geladenen Gästen längst im warmen Inneren seines Amtssitzes war.

Doch so sehr sich Ude den Zuschlag für seine Stadt wünscht, die Olympiakampagne ist alles andere als ein lokales Ansinnen. Sie ist ein "nationales Projekt". Auch das ist ein Ausdruck, den Ude immer wieder verwendet. Ohne Gegenstimme hat der deutsche Bundestag beschlossen, die Olympiabewerbung zu unterstützen. Im Kuratorium der Bewerbergesellschaft sitzt neben Sportikonen wie Rosi Mittermeier, Franz Beckenbauer und Katharina Witt und Wirtschaftsgrößen wie dem BMW-Chef Norbert Reithofer auch die Grünen-Chefin Claudia Roth. Bedenken von Umweltschützern, die sich vor allem um die Weideflächen an den Garmischer Berghängen sorgen und vor übertriebenen Infrastrukturmaßnahmen warnen, werden marginalisiert. Die Bergbauern, deren Wiesen zumindest zeitweise versiegelt werden müssen, verhandeln über Entschädigungen. "Das wird sich lösen lassen", glaubt Ude. Es geht um Deutschland, nicht um "einige wenige Bauern" (Thomas Bach).

"Die Athleten gewinnen für ihren Verein, für den Zoll, die Bundespolizei oder die Bundeswehr, sie gewinnen aber auch für Deutschland." Thomas de Maizière, Innenminister und größter deutscher Spitzensportförderer, winkte zum Dank für den Jubel, der ihm für diesen Satz entgegenschlug. Die Sportler dürften gespürt haben, was da gerade mit ihnen geschieht. Aus erfolgreichen Wintersportlern sollen deutsche Nationalikonen werden - allen voran Magdalena Neuner. "Diese wahnsinnig attraktive Frau" (Alt-Rodler Georg Hackl) war der Star des Tages. Doch so richtig mitgezogen hat sie nicht. "2018? Da bin ich nicht mehr dabei." Besser hat da Maria Riesch funktioniert, die andere deutsche Doppelolympiasiegerin. Die weiß, was man sagen muss, damit einem die Herzen entgegenfliegen: "Bei dem Publikum hier fahre ich 2018 natürlich noch." 31 wäre Neuner 2018 erst. Riesch, die Stimmungsmacherin, zwei Jahre älter.

Vielleicht also darf Maria Riesch 2018 noch einmal durch das Siegestor paradieren. Wie einmalig das ist, wurde am Dienstag immer wieder betont. Wenn der FC Bayern seine Siegescorsos veranstaltet hat, mussten die Cabrios bislang immer um das Tor herumkutschieren. Nur 1988 durfte einmal einer durch den Triumphbogen fahren. Es war der tote Franz Josef Strauß in seinem Sarg. 15.000 Menschen wohnten seinerzeit der Trauerfeier am Siegestor bei. Am Dienstag froren 6.000 auf dem Marienplatz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!