Ruanda-Völkermörderin gefasst: Die gefährliche Madame Agathe
16 Jahre lang lebte Agathe Kinzaga unbehelligt in Paris. Jetzt wurde "Madame Agathe", Ruandas Völkermörderin Nummer eins, verhaftet.
Sie gilt als Ruandas Völkermörderin Nummer eins. Dennoch lebte Agathe Kinzaga, bekannt als Madame Agathe, 16 Jahre unbehelligt bei Paris. Die Behörden kannten ihre Adresse, sie hatte mehrere Asylanträge gestellt. Doch Frankreich schien ein sicherer Hafen für die Witwe des Expräsidenten Ruandas zu sein. Bislang. Am Dienstag wurde Madame Agathe festgenommen.
Ihr Ehemann, Juvénal Habyarimana, war im April 1994 mit dem Flugzeug über Ruandas Hauptstadt Kigali abgestürzt. Unmittelbar nach dessen Tod begann der Völkermord, über 800.000 Menschen, zumeist Tutsi, wurden abgeschlachtet. Ruanda-Kenner vermuten, sie hätte den Abschuss der Maschine in Auftrag gegeben.
Wenige Tage nach dem Absturz wurde Madame Agathe aus Kigali ausgeflogen: von französischen Soldaten. In Paris wurde sie von François Mitterrand mit Blumen empfangen. Die französische Regierung überreichte ihr 230.000 France - "für die dringende Unterstützung ruandischer Flüchtlinge".
Mit der französischen Gastfreundlichkeit für Genozid-Täter sei es nun vorbei. Dies hatte Präsident Nicholas Sarkozy bei seinem Besuch in Kigali vergangene Woche angekündigt. Es war der erste Besuch eines französischen Präsidenten in Ruanda seit Ende des Genozids. "Wir wollen die Verantwortlichen finden und bestrafen", hatte Sarkozy gesagt.
Ruanda hatte 2004 einen Haftbefehl für Madame Agathe nach Paris geschickt. Die Anklagepunkte sind gravierend: "Akazu" ("das Häuschen") nannte sich ihr Familienclan. Dieses Netzwerk habe während der 20-jährigen Präsidentschaft ihres Ehemannes Habyarimana im Hintergrund die Fäden gezogen. Im Akazu seien die Pläne für den Völkermord ausgearbeitet worden. Als wichtiges Werkzeug galten die Medien, bei deren Gründung die damalige First Lady eine entscheidende Rolle spielte.
Zum Akazu zählte auch Agathes Bruder Protais Zigiranyirazo. Trotz Verurteilung zu 20 Jahren Haft durch das UN-Tribunal für Ruanda in Arusha wurde er in zweiter Instanz freigelassen. Die Anklage hätte beweisen müssen, dass sein Alibi falsch war, heißt es in der Begründung: Sein Alibi war Madame Agathe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug