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Maria Flachsbarth, Gorleben-Beauftragte der CDU"Das ist doch keine Blockade"

Die designierte Vorsitzende Maria Flachsbarth erklärt, warum sie den Gorleben-Untersuchungsausschuss nicht für politisch notwendig hält und dafür ist, die Erkundung ergebnisoffen fortzusetzen.

Festgelegt? Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) zeigt am 22. Februar 1977 auf den Standort Gorleben. Bild: dpa
Interview von Benno Schirrmeister

taz: Frau Flachsbarth, hat die Unionsfraktion Angst vor dem Untersuchungsausschuss?

Maria Flachsbarth: Nein, nicht im Geringsten.

Warum spielt sie dann auf Zeit?

Wie kommen Sie denn darauf?

Na, er ist anders als vorgesehen eben nicht am Donnerstag eingesetzt worden …

Das ist doch keine Blockade. Wir haben nur den Antrag, wie es üblich ist, an den Geschäftsordnungsausschuss verwiesen - der prüfen muss, ob er den Parlaments-Regeln entspricht. So weit ich verstanden habe, ist das der Fall, und dann wird so schnell wie möglich der Einsetzungsbeschluss gefasst. Wenn die Opposition darauf bestanden hätte, wäre der Untersuchungsausschuss sogar kommende Woche trotz Haushaltsberatungen auf die Tageordnung gesetzt worden. Nein, seit Konstituierung des Bundestags, also seit Anfang Herbst, wird dieser Untersuchungsausschuss angekündigt. Jetzt ist bereits März. Ich kann nicht erkennen, wo da die Union blockiert hätte.

Maria Flachsbarth, 46

trat schon als Schülerin in die Junge Union ein. Seit 2002 sitzt die promovierte Tiermedizinerin für die CDU im Bundestag.

Allerdings moniert die Koalition inhaltlich, der Antrag enthalte Fragen, die sich auf die niedersächsische Landesregierung beziehen …

Das ist so. Der Bundestag kann nun einmal nicht die Kontrolle über die Länder ausüben, sondern muss sich auf das Handeln der Bundesregierung beschränken. Solche Fragen müssen in Niedersachsen geklärt werden.

Es wird doch sehr deutlich, auch da wo die Landesregierung wie in Frage drei angesprochen ist, nach dem Handeln des Bundes gefragt: Auf welcher Informationsgrundlage wurde der von der Landesregierung Niedersachsen benannte Standort Gorleben durch den Bund akzeptiert?

Das werden wir auch so klären. Ich habe aber schon den Eindruck, dass an der einen oder anderen Stelle auch niedersächsisches Regierungshandeln abgefragt wird: In der Gorleben-Frage hat es nun einmal eine enge Verzahnung dieser Ebenen gegeben.

Sie haben sich nicht um den Vorsitz beworben …

Nein, ich glaube auch nicht, dass man das kann. Meine Fraktion hat mich vorgeschlagen - und dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass ich mich bereits in der vergangenen Legislaturperiode intensiv nicht nur mit dem Standort Gorleben sondern insgesamt der Endlagerfrage beschäftigt habe, dass ich zudem Berichterstatterin der Unionsfraktion im federführenden Umweltausschuss bin. Und dass ich aus Niedersachsen komme, hat vielleicht auch eine kleine Rolle dabei gespielt.

Sie halten den Untersuchungsausschuss aber auch gar nicht für sinnvoll, oder?

Ich halte den Ausschuss nicht für politisch notwendig. Das ist ein Unterschied. Ein Untersuchungsausschuss ist aber das schärfste Schwert der Opposition. Dass sie das einsetzt, respektiere ich natürlich, ich bin schließlich Demokratin. Es steht für mich völlig außer Zweifel, dass es zu den aufgeworfenen Fragen eine gründliche und faire Untersuchung geben muss.

Immerhin behaupten Sie auf Ihrer Homepage, Gorleben sei "in den 70er Jahren in einem anspruchsvollen Verfahren für die Erkundung ausgewählt worden", das international Maßstäbe gesetzt habe. Das klingt nicht nach Befangenheit?

Das ist, so weit ich sehe, nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses. Der zielt auf den Kabinettsbeschluss vom 13. Juli 1983, sich bei der Endlagersuche auf Gorleben zu beschränken.

Sie sind aber doch dafür, dass die Erkundung fortgesetzt wird!

Aber ja, das habe ich auch im Bundestagsplenum klar und offen gesagt: Ich bin für eine ergebnisoffene Fortsetzung der Erkundung. Ergebnisoffen meint, dass am Ende der Untersuchung das Ergebnis stehen kann: Der Salzstock ist nicht als Endlager geeignet, oder umgekehrt. Ich bin auch dafür, dass dieses Verfahren, wie unser Umweltminister Norbert Röttgen angeregt hat, mit öffentlicher Beteiligung durchgeführt und durch internationale Experten begutachtet wird: Gorleben muss endlich abschließend untersucht werden. Eine Fortsetzung des Erkundungsmoratoriums von 2000 wäre eindeutig ein Fehler. Denn wir können uns nicht leisten, in dieser Frage noch länger zuzuwarten.

Das heißt aber auch: Wenn die Untersuchung ergibt, dass Gorleben ungeeignet ist, dann steht man zwei Milliarden Euro ärmer, aber immer noch ohne Endlager da - weil man schon vorab auf Alternativ-Standorte verzichtet hat?

Ja. Das ist so. Wenn man mehrere Standorte untersucht hätte, wären allerdings auch die Kosten entsprechend höher gewesen.

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