Mehr Entschädigung: Flugzeug im Vorgarten
Bundesverfassungsgericht gibt Klage von Anwohnern des Flughafens Berlin-Brandenburg statt. Anwohner von neuen Landebahnen können mit höheren Entschädigungen rechnen.
Anwohner von neuen Landebahnen können mit höheren Entschädigungen rechnen. Dies entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf den Flughafen in Berlin-Schönefeld, der bis 2011 zum neuen Hauptstadtflughafen ausgebaut wird.
Geklagt hatte ein Ehepaar, dessen Hausgrundstück in der neuen Einflugschneise liegt. Bei der staatlichen Planfeststellung 2004 wurde beschlossen, dass der Flughafenbetreiber das Grundstück zum ursprünglichen Verkehrswert übernehmen muss, weil die Lärmbelästigung unzumutbar sein werde. Das Ehepaar könne sich dann mit dem Verkaufserlös eine neue Immobilie andernorts kaufen.
Umstritten war nun, wie der Verkehrswert des Hauses zu berechnen ist. Das Ehepaar wollte auf den Verkehrswert im Jahr 1996 abstellen. Denn bis zur Planfeststellung habe sich der Wert ihres Grundstückes wegen der Flughafenplanungen immerhin um 50 bis 60 Prozent verringert. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2008 kommt es jedoch auf den Zeitpunkt nach der Planfeststellung an. Der Verkaufserlös fiele so deutlich niedriger aus.
Dagegen erhob das Ehepaar Verfassungsbeschwerde - mit Erfolg. Das Grundrecht auf Eigentum sei durch die falsche Berechnung des Grundstückwerts verletzt, erklärte jetzt das Bundesverfassungsgericht. Der zu erwartende Verkaufserlös reiche nicht aus, um für die Familie ein neues "adäquates Wohngrundstück" zu kaufen.
Wichtig war Karlsruhe vor allem, dass das bisherige Grundstück für die Familie den wesentlichen Teil seines Vermögens bildete und "die Grundlage seiner privaten Lebensführung" darstellte. Eine Wertminderung von 50 bis 60 Prozent sei auch nicht mehr durch die im Grundgesetz vorgesehene "Sozialbindung" des Eigentums gedeckt. Das Bundesverwaltungsgericht muss nun neu über den Verkaufserlös entscheiden (Az.: 1 BvR 2736/08). Wie viele Hauseigentümer von dem Karlsruher Urteil profitieren, konnten zunächst weder das Bundesverfassungsgericht noch die Berliner Flughäfen beantworten. Ursprünglich hatten 4.000 Anwohner gegen den Ausbau des Flughafens geklagt.
Für lärmgeplagte Anwohner bereits bestehender Landebahnen bringt die Entscheidung nichts. Der Bundesgerichtshof hat 2005 entschieden, dass bei ordentlich genehmigten Flughäfen die Interessen der Anwohner bereits ausreichend berücksichtigt seien. Wer sich nicht gegen die Planfeststellung oder eine Änderung der Betriebsgenehmigung wehre, könne später auch keine Entschädigung verlangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!