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Kommentar ÖlbohrinselDer Schmierstoff unseres Lebensstils

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Die Konzerne werden also noch den letzten Tropfen aus Ölsanden oder der Tiefsee pressen, wenn es sich rechnet und wenn sie es dürfen. Doch die Zukunft gehört dem Raps.

S pektakuläre Unfälle wie die Explosion auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" sind eigentlich nicht nötig, um uns die tägliche Katastrophe namens Erdölförderung vor Augen zu führen. Verseuchte Fördergebiete, der Klimawandel, eine giftige Petrochemie: Der Schmierstoff unseres westlichen Lebensstils wird unter hohen Verlusten gewonnen und verbraucht, für die keiner zahlt. Jedenfalls nicht die Ölkonzerne.

Der Ölkonzern BP hat bereits in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 einen Nettoprofit von 4,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die 500 Millionen Dollar, die der Ölkonzern Exxon einst nach der Havarie seines Tankers "Exxon Valdez" zahlen musste, nehmen sich dagegen lächerlich aus. Und doch war es die höchste Strafe für ein Umweltvergehen, die je verhängt wurde. Die ökologischen Schäden ihres Geschäftsmodells dürfen den Ölkonzernen also weiterhin egal sein.

Die Zeiten, in denen sich ein Ölkonzern wie BP im grünen Gewand gefiel, sind deshalb auch schon wieder vorbei. Erst kürzlich scheiterten Aktionäre, die den Konzern vor der Ausbeutung kanadischer Ölsande zu weiteren Untersuchungen bewegen wollten. Diese benötigt unverhältnismäßig viel Wasser und Energie und ist ökologisch besonders fatal. Zugleich fährt die Firma ihre Investitionen in erneuerbare Energien zurück.

Heike Holdinghausen

ist Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt bei der taz.

Wo BP die Zukunft sieht, ist klar: im Öl. Die Konzerne werden also noch den letzten Tropfen aus Ölsanden oder der Tiefsee pressen, wenn es sich rechnet und wenn sie es dürfen. Das zeigt auf, was staatlicherseits zu tun ist. Zum einen bietet sich ein Instrument wie die Ökosteuer an, die in Deutschland seit 2003 nicht mehr erhöht wurde: Es wäre mal wieder an der Zeit.

Außerdem könnte der Umgang mit den viel gescholtenen Agrokraftstoffen ein Vorbild sein. Für Sprit aus Raps oder Palmöl gilt in der EU ab nächstem Jahr eine Nachhaltigkeitsverordnung. Er fließt dann nur noch in den Tank, wenn er eine bestimmte Menge CO2 einspart und keine ökologisch wichtigen Flächen zerstört wurden.

Man kann diese Regelungen für zu lax halten. Aber sie zeigen, dass sich an die Gewinnung von Rohstoffen Bedingungen knüpfen lassen, wenn der politische Druck groß genug ist. Würden für Erdöl die gleichen Bedingungen gelten wie künftig für Raps, könnte dies die Suche nach energiesparenden und erneuerbaren Technologien ungemein beflügeln.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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8 Kommentare

 / 
  • A
    Amos

    Was für ein herrlicher Planet! Und was für ein schäbiger Mutant der Mensch (Die Krone der Schöpfung) doch dagegen ist. Er schafft es, dass dieser unser aller Planet vor die Hunde geht. Dieser unser Planet geht durch die Gier zugrunde. Die Wissenschaft, auch ein Produkt der Gier, hat mit zu der Ausbeutung der

    Erde beigetragen. Die Wissenschaft und "die Politik bekommen alles in den Griff"-, nur nicht das Wesentliche. Nämlich der Erhalt unserer Welt.

  • L
    landmann

    Die traditionellen Verfahren zur Treibstoffgewinnung aus Raps sind ungeeignet, weil nur die Ölsaat benutzt wird. Brauchbare Wege wie der Fischer-Tropsch-Prozess (man googele nach "Choren Freiberg" ...) verwenden dagegen die ganze Pflanze und bieten zudem die Möglichkeit, Designer-Kraftstoffe mit gewünschten Inhaltsstoffen und Eigenschaften zu produzieren.

     

    Allerdings ist seit langem klar, dass wir auch bei Einsatz der Biokraftstoffe der neuen Generation nicht mal unser Mobilitätsverhalten (geschweige denn Heizung, industrieller Verbrauch, ...) aufrecht erhalten könnten, weil alle Acker- und Waldflächen - die schließlich auch weitere Aufgaben wie Ernährung, Stabilisierung des Ökosystems, Artenvielfalt, wirtschaftliche Funktionen, Erholung etc. haben - das nicht hergeben. Energie aus Biomasse (ob Raps oder Holz oder oder ...) ist ein wichtiger Baustein, sollte aber nicht überschätzt werden. Die Obergrenze des Biomasse-Potenziales wird bei ca. 4 % unseres Energiebedarfs angesetzt, ist aber natürlich immer auch abhängig von der Effizienz, mit der das eingesetzt wird.

     

    Wind und Sonne, dazu ein wenig Biomasse - die langfristig, wenn das Öl ausgeht, als Grundstoff z.B. für die chemische und pharmazeutische Industrie unersetzlich sein wird! - sowie noch zu optimierende Verfahren werden es bringen müssen, wenn wir ohne Öl, Kohle, Gas und Kernkraft auskommen wollen.

     

    Ob das angesichts des weltweit wachsenden Ressourcen-Verbrauchs und der trotz Kyoto weiter steigenden Emissionen schnell genug geht, um ohne erhebliche gesellschaftliche und soziale Erschütterungen wie Hunger, Kriege und die auf derart katastrophalen Wegen eintretende Verringerung der menschlichen Bevölkerung realisierbar ist, wage ich leider zu bezweifeln. solange die Macht allein am Geld hängt.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Statt höherer Ökosteuer Ökoabgaben mit Ökobonus

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    Frau Holdinghausen schreibt:

     

    "Zum einen bietet sich ein Instrument wie die Ökosteuer an, die in Deutschland seit 2003 nicht mehr erhöht wurde: Es wäre mal wieder an der Zeit."

     

    Doch mit einer solchen ökoetatistischen Denkweise lassen sich keine demokratischen Mehrheiten erzielen.

     

    Sicherlich sind die fossilen Energieträger staatlicherseits höher zu belasten. Leider ist die Ökosteuer noch nicht das richtige Instrument.

     

    Jede Verteuerung der Energieträger durch eine Ökosteuer verschärft den Verteilungskampf – national wie global. Der Staat darf außerdem nicht „Dealer“ von Umweltgütern sein, sondern der, der für deren nachhaltige Nutzung den Ordnungsrahmen schafft.

     

    Deshalb brauchen wir einen anderen, neuen gedanklichen Ansatz, der aus drei Ebenen besteht, wie wir dies in der beiliegenden Publikation beschrieben haben

     

    Sieh Link: „Klimaschutz und Ernährungssicherheit – Ein ordnungspolitischer Ansatz“.

     

     

    http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/1000008914

     

    Im Gegensatz zur Ökosteuer, mittels der u. a. die deutschen Rentenkassen finanziert werden, sind Abgaben zweckgebunden. Der Zweck von Ökoabgaben ist die Begrenzung der Naturnutzung durch einen ökonomisch effizienten Umgang mit den knappen Ressourcen. Die durch Ökoabgaben erzielten Einnahmen gehören aber nicht dem Staat sondern seinen BürgerInnen und sollten deshalb als Ökobonus – über die persönliche Steueridentifikationsnummer – rückvergütet werden. Denn das Recht an den natürlichen Ressourcen ist ein Menschenrecht und findet durch den Ökobonus seinen monetären Ausdruck.

     

    Wir haben also die drei Ebenen: Suffizienz, Effizienz und Äquivalenz.

     

    Als taz-Abonnent würde ich mich freuen, wenn dieser Ansatz in künftigen Artikeln berücksichtig würde.

     

    L.P.Häußner,Karlsruhe

  • M
    Mathias

    Hat die Autorin nichts gelernt? Wie war das mit der Regenwaldabholzung und der Nahrungsknappheit wegen Nutzflächen für Biosprit?

  • C
    claudia

    @jakob:

    >>An den Autor: Sie wissen schon dass der Kunstdünger zum Anbau von Raps auch aus Erdöl hergestellt wird?>Er fließt dann nur noch in den Tank, wenn er eine bestimmte Menge CO2 einspart und keine ökologisch wichtigen Flächen zerstört wurden.>Palmöl

  • J
    jakob

    Ich persönlich bezweifle dass die Nutzung von Rapsöl als Erdölersatz wirtschaftlich ist...

     

    Erstens würde bei augenblicklichem Verbrauch SEHR viel mehr Raps angebaut werden - mit den üblichen konsequenzen (Monokultur, Bodenauslaugung, Schädlinge / Schädlingsbekämpfungsmittel, hoher Kunst(!)düngerverbrauch etc etc)

     

    Zweitens möchte ich auf einschlägige Ergebnisse aus den USA verweisen, wo man aus Mais Alkohol destilliert und dann vertankt hat - was zu Nahrungsmittelknappheit in Mexiko geführt hat, und auch nicht billiger ist als Erdöl.

     

    Zu guter Letzt: ich denke, die einzig sinnvolle zukunftssichere Energiequelle ist Solarstrom. Ausserdem ist es sicherlich auch an der Zeit, den übermäßigen Individualverkehr etwas zu drosseln und auf öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.

     

    An den Autor: Sie wissen schon dass der Kunstdünger zum Anbau von Raps auch aus Erdöl hergestellt wird?

  • A
    alcibiades

    Ach, und die funktioniert, die Nachhaltigkeitsverordnung? Supi. EU-Verordungen retten die Welt.

  • S
    Simon

    Superidee! Raps statt Erdöl!

     

    Klingt zumindest so. Raps bzw Bio-Kraftstoffen gehört also die Zukunft. Die Umwelt wirds freuen. Uns auch?

     

    Für mich klingt das zu sehr nach: Raps statt Getreide! Weil es ja auch wichtiger ist, Auto zu fahren und zu Fliegen als Menschen zu ernähren.

     

    Diese Welt kotzt mich an.

    Ich hab aufgehört, Fleisch zu essen, weil unser Konsumverhalten dazu führt, das Menschen sterben!!!

    Tier- und Umweltschutz haben dabei ein untergeordnete Rolle gespielt, ist zwar nicht scheißegal... aber doch im Vergleich zum Hungerproblem fast.

     

    Mit freundlichen Grüßen, Simon