piwik no script img

Die Clubmate-Nicht-AbmahnungKeiner will's gewesen sein

Die Brauerei Loscher, die die unter Hackern und Nachtschwärmern beliebte Brause "Club-Mate" vertreibt, versuchte, Druck auf Blogger zu machen. Jetzt ruderte Loscher zurück.

Club-Molli: Satirisch verfremdetes Clubmate-Logo. Bild: urheber unbekannt

Dass die gute Club-Mate auch mal "auf der dunklen Seite der Macht" stehen würde – das konnte sich wohl kaum ein Fan der aufputschenden Mate-Brause, die vor allem bei Hackern und Nachtschwärmern beliebt ist, vorstellen. Jetzt aber ist es geschehen: Die Herstellerfirma, die in Mittelfranken ansässige Brauerei Loscher, versuchte sich offensichtlich darin, unangenehme Inhalte aus dem Netz herauszubekommen. Und zwar mithilfe des Markenrechts.

"Club-Molli – Leicht zu bauender Brandsatz für den Widerstand auf der Straße." Ein Plakat mit einem abgewandelten Club-Mate-Logo, vor allem in Rostock geklebt, preist den Molotow-Cocktail als "ein bei Straßenschlachten und Aufständen" beliebtes Utensil. Durch "die hochwertige Mischung aus brennbaren Stoffen" verwandle "Club-Molli" "auch deine Straßenschlacht" in ein "unvergessliches Erlebnis". Das Plakat, das mit einem Antifa-Logo verziert ist, fordert auch: "Bullen und Nazis bekämpfen".

Das Plakat fällt auf, wird fotografiert – und natürlich tauchten auch Fotos im Netz auf. Auch in dem vom linken Betreiber Blogsport gehosteten Blog "parallaxe - in defense of lost causes". Daraufhin bekam Blogsport Post. Loscher schickte Blogsport über die in Nürnberg ansässige Kanzlei Helm, Schmidt und Partner ein anwaltliches Schreiben.

Abmahnwahn

Schon seit Jahren beklagen Netzaktivisten einen regelrechten "Abmahnwahn" im Netz. Die aktuelle Rechtslage beschreiben sie als "Willkür. Um ihnen nicht genehme Inhalte aus dem Netz zu bekommen, nutzen die Abmahnenden häufig das Urheber- oder Markenrecht. Blogger werden zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, nebenbei fällt im allgemeinen auch noch ein saftiges Anwaltshonorar an. Sich dagegen zu wehren fällt vielen schwer, da sie einen langwierigen Rechtsstreit mit weiteren möglichen Kosten scheuen.

--

Manchmal klappt es aber, eine Abmahnung abzuwenden, und zwar mithilfe des so genannten "Streisand-Effekts": Der ist nach Barbra Streisand benannt. Streisand versuchte im Jahr 2003, eine Luftaufnahme ihres Hauses aus dem Netz zu bekommen und verklagte die Webseite Pictopia, auf der ihr Haus zu sehen war, auf 50 Millionen US-Dollar. Erst danach erfreute sich das Bild von Streisands Haus großer Beliebtheit - Streidsands Aktion war also gehörig nach hinten losgegangen. Erst durch ihre Klage lenkte sie die Aufmerksamkeit auf ihr Anwesen.

--

Und auf diesen Effekt hoffen abgemahnte Blogger. So gelang es Markus Beckedahl von netzpolitik.org im Februar 2009, eine Abmahnung durch die Deutsche Bahn rückgängig zu machen. Er hatte – zur Hochzeit der Bahn-Datenaffäre – ein internes Memo über die Schnüffeleien der Deutschen Bahn in seinem Blog veröffentlicht. Diese Information wollte die Bahn unbedingt aus dem Netz bekommen und mahnte Beckedahl ab. Doch der wehrte sich und sagte seinen Freunden im Netz bescheid – und die sagten es ihren Freunden ... und die sagten es ... die Kettenreaktion Streisand-Effekt trat ein, die Bahn wurde noch unbeliebter als sie zu diesem Zeitpunkt eh schon war.

Die Brauerei hat das Plakat offenbar als "Aufruf zur Gewalt" interpretiert. In einer am heutigen Montag veröffentlichten Stellungnahme schreibt Loscher "Wir woll­ten den Her­stel­ler des Pla­ka­tes dazu auf­for­dern, dies zu­künf­tig zu un­ter­las­sen, da wir ab­so­lut gegen jed­we­de Ge­walt sind."

"Das ist doch kein Aufruf zur Gewalt", urteilt Thomas Stadler, Rechtsanwalt und Blogger. Allerhöchstens könne man das Plakat als "Verunglimpfung des Unternehmens" werten, aber eigentlich noch nicht mal das. "Da wird das Clubmate-Logo ironisch-satirisch verbraten". Zudem müsse man zwei Dinge trennen, so Stadler: "Das Plakat und das Foto vom Plakat". Ein Foto des Plakats, das in ein Blog gestellt wird, sei Berichterstattung. Da könne man, so wie es die Firma Loscher gemacht habe, mit dem Markenrecht gar nicht kommen."

"Ja, Loscher hat uns anwaltlich aufgefordert, das Bild zu entfernen", erzählt Stefan Strigler von Blogsport. Eine Unterlassungserklärung habe man nicht erhalten. Loscher wollte die Namen der Blogger, die das Foto veröffentlicht hatten, preisgegeben haben. Das funktionierte nicht, denn, so Strieger, denn: "Die Namen haben wir nicht". Das Foto wurde danach durch die Blogger selbst entfernt.

Selbst, wenn man die Urheber des Plakats aus der Anonymität holen könne, wäre für die Brauerei noch nicht viel gewonnen, sagt Thomas Stadler, denn: Damit überhaupt eine Markenrechtsverletzung vorliege, müsse das Plakat im "geschäftlichen Verkehr" eingesetzt worden sein. "Das ist bei diesem Plakat sehr fraglich", so Stadler trocken.

In der heute veröffentlichten Erklärung rudert Loscher zurück und schiebt die Schuld der Anwaltskanzlei zu. Man befürchtet wohl einen Image-Schaden. Die Sorge ist nicht unberechtigt: Immerhin ist die Clubmate-Zielgruppe eine genuin abmahnkritische. Es handele sich um ein "Missverständnis", so die Brauerei. Man habe die Kanz­lei le­dig­lich be­auf­tragt, her­auszufinden, von wem die­ses Pla­kat stammt. "Eine Ab­mah­nung an den Be­trei­ber wurde von uns nicht au­to­ri­siert", schreibt Loscher in der Stellungnahme.

Das liest sich so, als würde die Brauerei behaupten, die Anwaltskanzlei wäre von sich aus als Abmahnerin gegen das Blog tätig geworden. Doch der zuständige Anwalt meldete sich auch auf mehrfache taz.de-Nachfrage nicht zurück. Es bleibt die Frage, wer da was für ein Schreiben mit einem Verweis auf das Markenrecht verschickt oder beauftragt hat.

Auch Marcus Loscher war für weitere Stellungnahmen als nur den schriftlichen bislang nicht zu erreichen. "Er ist im Haus unterwegs", so die Telefonzentrale. Im Netz unterwegs ist man bei Loscher auf jeden Fall nicht. Da, bei Twitter, witzeln sie schon, zu finden via Hashtag #clubmate. Zum Beispiel in Anlehnung an den vom Twitterer @343max geprägten Slogan "Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen": "Ihr werdet euch noch wünschen, wir würden Coca Cola trinken".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

27 Kommentare

 / 
  • O
    Oma

    Erstens: Die Antifa besteht zu 90% aus Halbstarken, die in ihrer Persönlichkeit noch große Schwankungen haben. Sobald ihnen allerdings jemand das Pausenbrot klaut, schimpfen sie wieder auf die Polizei.

     

    Zweitens: Clubmate ist ein super Gesöff, kann man sagen, was man will. Und ich werde es weiterhin genießen.

     

    Drittens: Die Brauerei Loscher kocht auch nur mit Wasser. Es ist ein sehr kleiner Familienbetrieb in Mittelfranken, am Telefon wird schön Dialekt geredet und im Hof nebenan stehen Traktoren. Es würde mich genauso ärgern, solch ein schändliches Plakat im Internet über meinen Betrieb zu finden und ich würde dem ebenfalls nachgehen.

  • R
    rischtisch

    @ Böser:

     

    Rischtisch so!

     

    Bei all den Kommentaren hier, wird doch der kreative, künstlerische, ironische Ansatz unterbewertet!

     

    KOMPLIMENT AN DEN KÜNSTLER!!!

     

    Gegen Gewalt, jedweder Art, aber bitte auch mal undogMATISCH lachen können...

     

    Und der Brauerei bringts unterm Strich auf jeden Fall positive Publicity.

  • A
    Antifaschist

    Club Mate hätte mal mehr Zielgruppenforschung betreiben müssen. :D Mit der Sache habe die gleiche mit den Autonomen Zentren ihren Hauptabnehmer vergrault ;)

  • P
    Pazifistin

    Abmahnen: Scheiße, Nazis: Scheiße, Antifa: Scheiße, Mollis und Gewalt: Scheiße.

    Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen.

  • B
    Bleedranner

    Es ist doch eine beliebte Taktik im Alltag, unverschämte Sachen zu äußern, um dann bei entsprechendem Gegenwind schnell zu behaupten, es sei nur Spaß.

    Das gilt vermutlich für den Abmahner, aber noch viel mehr für den Plakatverfasser!

  • B
    Böser

    "Verharmlosung von Molotowcoctails" "Aufruf zur Gewalt" "blahblubblubber" Wer so blöd ist das ernst zu nehmen liesst wohl auch die taz. Ihr fantasielosen linken Spiesser! Lacht mal! Habe mich köstlich amüsiert! Endlich mal wieder ein schönes Adbusting. Kompliment an den KÜNSTLER!

  • F
    Flo

    Ein teures Lifestylegetränk? Bei 60ct/Flasche (0,5l)? Den Pfand von 15ct bekommst du ja wieder.

    Jetzt vergleichen wir den Preis mal mit Bier und bedenken, dass Bier so billig ist, dass es ein Gesetz gibt, dass ein Lokal noch mindestens ein billigeres Getränk stellen muss, dass alkoholfrei ist.

    Ich finde das nicht überteuert, aber klar, dass der Spätshop auch was verdienen will, wenn er 1,80€ verlangt.

    Und ja, normale Cola aber auch Fritz Cola haben im Mittel 10,5g Zucker pro 100ml. Club Mate in etwa die Hälfte.

    Und mir schmeckt es einfach mal, es hält mich mehr wach als jeder Kaffee.

    Ich kann die Brauerei verstehen. Dass die Anwälte aber gleich kostenpflichtige Abmahnungen verschickten ist nicht toll, jedoch gerechtfertigt, wird doch tatsächlich zu Gewalt aufgerufen.

    Sich bspw. politisch zu engagieren und Mate zu trinken geht bei Hackern auch. Aber physische Gewalt, das fände ich auch nicht okay.

     

    Prost.

  • L
    Leser

    Abmahnung oder nicht, ist doch eigentlich weniger wichtig als das Plakat selbst: wer im Zusammenhang mit der Verharmlosung von Molotowcocktails zum Widerstand gegen "Bullen und Nazis" aufruft, verherrlicht Gewalt gegen Andersdenkende.

    Schade, dass die TAZ hier in Ihrer Berichterstattung den Schwerpunkt auf die Abmahnung setzt.

    Was wäre wohl los, wenn das Plakat von der rechten Seite käme und zum Widerstand gegen "Z.cken und Ausländer" aufriefe?

  • K
    Kain

    Jeder hat das recht verarscht zu werden!

  • K
    Konzertgänger

    Ist registriert, dann halt wieder Vita Cola+Mate Tee. Ist eh viel billiger.

     

    Schwachsinns Brief - Schwachsinns Brauerei - Schwachsinnig teures Lifestylegetränk.

  • M
    MvD

    jaja, wenn man seine schießhunde nicht unter kontrolle hat

     

    imho ist das plakat sehr wohl ein aufruf zu gewalt wie man ihn häufig aus den linken und rechten ecken hört - wenn auch ein kreativer *g*

  • NB
    Nihil Baxter

    Ich habe das Plakat auch erst durch denAbmahnwahn gesehen. Der Streisandeffekt funktion iert also!!

    Sehr schön!!

  • D
    dr.doo

    ich find's gut das diese sch**** abgemahnt wurde.

     

    mollis sind tödliche waffen, ein aufruf so nen müll zu basteln und auf menschen (nazi hin oder her) zu werfen ist nicht gerechtfertigt!

     

    wenn ihr was gegen nazis tun wollt seid nicht noch feiger als die, stellt euch mann gegen mann wenn ihr schon unbedingt kämpfen müsst.

     

    außerdem unterstützt ihr lieben antikapitalisten mit jedem molli die ölindustrie.. sprit is teuer!! ;)

     

    so, und der aufruf gegen polizisten ist auch sehr beschränkt, sicher gibt es bei der dt. polizei genug schwarze schafe (im warsten sinne des wortes) aber es sind auf jeder demo auch genug vernünftige polizisten und polizistinnen dabei. ihr könnt polizeiterror nicht mit gewalt bekämpfen - dann startet eine spirale der gegengewalt. man stelle sich vor was passiert wenn ein autonomer hansel nen molli auf einen polizisten wirft und dieser in flammen aufgeht. die jungs werden zurück SCHIEßEN und zwar im schlimmsten fall mit waffe!! ihr könnt nicht einfach leute schwerst verletzen bzw. ihren tot in kauf nehmen nur weil sie anders denken als ihr!!

     

    btw:

     

    ##!!hackers are nonpolitical til doomsday!!##

  • S
    sabinchen

    Ich finde es sehr interessant, dass der Klaus das nicht trinkt.

  • M
    Mario

    Keine Ahnung wo hier das Problem liegen soll. Die Reaktion der Brauerei mag vielleicht nicht zielführend gewesen sein, nachvollziebar war sie allemal. Mir kommen hier jedenfalls die Reaktionen beider Seiten leicht übertrieben vor.

  • C
    Chrizzle

    Sehr interessant, Klaus.

  • T
    Tom

    Könnte es sein, dass die Anwälte sich gedacht haben, dass sie sich mit einer zusätzlichen Abmahnung noch ein wenig was dazu verdienen können??

    Gerade die Unfähigen in dieser Branche, scheinen für solche Geschäftsmodelle ein Faible zu haben.

  • T
    tageslicht

    5 g Zucker/100g und weniger Koffein als Kaffee.

     

    Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die... usw.

  • K
    Kai

    Letzte Woche hat es auch Schwalbe(Bohle GmbH), der Fahrradreifenhersteller versucht. Wird echt bald Zeit für eine neue Gesetzgebung in Sachen kostenfreie erste Abmahnung.

  • M
    mathias

    grossartiger kommentar.

  • H
    herholer

    Die Antifa darf "Feste feiern wie sie fallen", zum "Bullen klatschen" aufrufen, brennende Barrikaden in Großstädten errichten und nicht nur zum Molli bauen aufrufen sondern diese gleich noch auf Autos werfen.

     

    Wenn dann mal jemand sagt er will nicht damit in Verbindung gebracht werden, weil er Gewalt ablehnt, nennt man ihn nicht ironisch genug. Hallo?

  • C
    c3po

    @Klaus

    Das gute Zeug ist hier eh schon ständig ausverkauft. Daher ists ein netter Zug von Dir, darauf zu verzichten. Abmahnungen hin oder her ... sind übrigends scheisse.

  • T
    Thomas

    Abgesehen davon dass Club Mate einen vergleichsweise niedrigen Zuckergehalt, schmeckt's einfach nur geil (wenn man sich mal dran gewöhnt hat) und macht einen wieder nüchtern...gibt also keinen Grund sie nicht mehr zu trinken. Denn welches Getränk ist schon politisch absolut korrekt?

  • M
    mate-pate

    Meine Güte, es ist doch durchaus verständlich, dass ein marktwirtschaftliches Unternehmen seinen ruf/ markennamen gefährdet sieht wenn es mit herinrissigen aussagen wie "bekämpft bullen" in verbindung gebracht wird. viel loblicher finde ich, dass es sich "gegen jede gewalt" ausspricht. zu gewalt gegen die polizei aufzurufen ist nicht nur dämlich, es ist auch undemokratisch und staatsfeindlich. glücklicherweise hält unserer rechtsstaat genügend möglichkeit, sich auf legale weise ggf. zu wehren...

  • G
    Gero

    Schade. Und ich hätte gedacht, die Brauerei kennt ihre Zielgruppe besser. Dann kommt die nächste Zeit wohl beim Einkauf keine Club-Mate-Cola mehr in den Einkaufswagen. Abmahnungen, anwaltliche Schreiben an Blogsport. Pfff!

     

     

    Und danke für den Artikel!

  • DA
    Der Alzheimer Bote

    ...äh - stand da nicht im Downloadbereich der Brauerei Loscher - Zitat: 'Die hier angebotenen Bilder können frei verwendet werden. Über eine kurze Info, wo Sie die Bilder verwendet haben, würden wir uns sehr freuen:'.

     

    Ist doch so passiert, oder?

     

    Der Alzheimer Bote

  • K
    Klaus

    Von diesem Zucker- und Koffeingesöff lass ich eh die Finger; Abmahnung hin oder her....