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Juso-VorsitzendeFranziska Drohsel tritt zurück

Überraschende Veränderung kurz nach der NRW-Landtagswahl: Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel kündigte ihren Rücktritt "aus persönlichen Gründen" an.

Franziska Drohsel beim SPD-Parteitag 14. November 2009 in Dresden. Bild: ap

BERLIN taz | Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel hat bekanntgegeben, zum kommenden Juso-Bundeskongress von ihrem Amt zurückzutreten. Die Gründe seien "ausschließlich persönlicher und nicht politischer Natur", schreibt Drohsel in einem Brief auf jusos.de.

Sie schreibt weiter, in den letzten Jahren – und somit auch in ihrer Amtszeit – sei es gelungen, das inhaltliche Profil der Jusos "als linker Jugendverband" weiter zu schärfen. Als Beispiel führt Drohsel die "63 Thesen - Für eine Linke der Zukunft" und das darauf aufbauende Buch "Was ist heute links?" an. Weiter nennt sie Forderungen nach der "Ablehnung jeglicher Sanktionen gegen Erwerbslose" und "die Abschaffung des § 129 a StGB", für die sich die Jusos aktiv auch in der SPD eingesetzt hätten.

Weitere inhaltliche Schwerpunkte Drohsels waren das Engagement gegen linken und rechten Antisemitismus und gegen Neonazis. Zudem gewannen die Geschlechterpolitik, mit Abstrichen auch die Umweltpolitik, bei den Jusos durch ihren Einfluss mehr an Bedeutung. Drohsel stärkte auch die "Juso-Doppelstrategie" weiter: Einerseits innerhalb der SPD Druck für linke Positionen zu machen, anderseits aber auch Seite an Seite mit den sozialen Bewegungen außerparlamentarisch, "auf der Straße" für eine solche Politik zu werben.

In ihrer Amtszeit hatte sich Drohsel außerdem auch für ein unaufgeregteres Verhältnis der SPD zur Linkspartei eingesetzt. Sie forderte schon sehr früh, auch mit der Linkspartei Koalitionen einzugehen, wofür sie in ihrer Partei SPD teilweise starken Gegenwind bekam.

Nun hört Franziska Drohsel als Juso-Vorsitzende auf – somit muss beim kommenden Juso-Bundeskongress, der vom 18. bis zum 20. Juni in Essen stattfinden wird, eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gewählt werden. Drohsel geht davon aus, "dass es keinen politischen Kurswechsel" geben wird. Kritik aus Landesverbänden, die Drohsels explizit linke Linie nicht schätzen, habe es immer gegeben.

Den Zeitpunkt ihres Rücktritts begründet Drohsel damit, dass sie diesen nicht im NRW-Wahlkampf bekanntgeben hatte wollen. "Schon seit längerer Zeit geht dieser Entscheidungsprozess", so Drohsel. Sie wolle "ein normales Leben" führen, ihr Referendariat machen und danach als Juristin arbeiten. "Ich habe den Juso-Bundesvorsitz nie als Sprungbrett in die Berufspolitik gesehen", so Drohsel in ihrem Brief.

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38 Kommentare

 / 
  • M
    Manuel

    Ich glaube hier haben manche was falsch Verstanden, Franzi tritt von ihrem Posten zurück nicht aus der SPD aus!

  • K
    Kommentator

    @ Sabine:

     

    "Franziska Drohsel ist ein Vorbild für die Demokratie, weil sie eine Zeit lang politisch aktiv wird und sich dann wieder auf ein anderes Lebensfeld begibt."

     

    Nein, Frau Drohsel hat sich nie für Demokratie eingesetzt.

    Nur für bestimmte sozialdemokratische Ansprüche in der neoliberalen SPD. Das ist ein Unterschied.

     

    "Würden in Europa wenigstens ein paar Millionen Menschen wie Margot Käßmann und Franziska Drohsel handeln, wäre die Demokratie näher und lebendiger, aber die Zinszocker- und Banksterdemokratur nebst Politikermarionetten kaum noch möglich."

     

    Da ist was dran.

    Am besten sollten alle Mächtigen zurücktreten oder zurückgetreten werden (realistischer!).

    Dann könnten wir eine Demokratie oder eine Anarchie aufbauen.

     

    Aber wenn nur die halbwegs tolerierbaren Drohsels zurücktreten, dann gibt es bald überall Metztgers, Clements, Krafts und Schröders.

    Das wollen sicher nur Masochisten und elitäre Privilegierte.

     

    "Auch ein guter Führer ist ein Führer, auch ein guter Hirte ist ein Hirte von Schafen. Demokratie ist aber anders und braucht breite Mitwirkung, wenn sie existieren soll."

     

    Weise Worte.

    Wenn nur jeder so denken würde, dann könnte man noch hoffen.

  • K
    Katev

    Ich hoffe, sie geht zur Linkspartei.

  • V
    vic

    Aber wie soll sich denn etwas ändern in der SPD, wenn ausgerechnet solche Mitglieder austreten, während Steinmeier & Co im Amt alt und grau werden?

  • A
    AlexsZander

    Ich finde es schade, dass sie geht, aber es ist eine Entscheidung vor der man Respekt haben muss und es zeigt, dass sie tatsächlich Politik ihrer Ideale wegen und nicht aus Karrieredenken betrieben hat.

     

    Einige der Kommentare hier finde ich aber befremdlich: "Aufgeregtes, inhaltleeres Geschnatter," diejenigen die derartiges geschrieben haben, sollten vielleicht erst einmal derartige Schmähkommentare begründen, ansonsten muss man vermuten, dass sie an ideologiebedingten Eintrübungen politischen Urteilsvermögens leiden.

  • PP
    Peter Pander

    @Wieland Friedrichs

     

    Ich wage es lieber nicht mir vorzustellen, was in Ihrem Kopf vorgeht!

  • J
    joHnny

    schade - aber sie kommt wieder...

  • A
    Alter

    Man kann den Rückzug natürlich auch politisch deuten. Aber ich finde es sympathisch und lebensklug, dass sich Franziska Drohsel nach einiger Zeit als Juso-Chefin jetzt zurück zieht.

  • F
    Flo

    da kann ich Rob nur zustimmen

  • A
    atypixx

    @ vic

     

    Wenn sie nicht mehr will und trotzdem weitermachen würde, dann wäre sie die Falsche.

  • LS
    linker sozi

    jau, sehr schade. ich habe sie als sehr angenehme persönlichkeit in der SPD-nahen politik- und funktionärslandschaft wahr genommen.

  • S
    Sabine

    @ vic:

     

    Was meine Sympathien für Franziska Drohsel angeht, stimme ich gerne zu.

     

    Doch sehen wir genauer hin!

     

    Frau Margot Käßmann ist ein Vorbild für Anstand, weil sie wegen eines Fehlverhaltens schnell zurückgetreten ist. Das müssen andere Frömmelvereine erst mal nachmachen.

     

    Franziska Drohsel ist ein Vorbild für die Demokratie, weil sie eine Zeit lang politisch aktiv wird und sich dann wieder auf ein anderes Lebensfeld begibt.

     

    Würden in Europa wenigstens ein paar Millionen Menschen wie Margot Käßmann und Franziska Drohsel handeln, wäre die Demokratie näher und lebendiger, aber die Zinszocker- und Banksterdemokratur nebst Politikermarionetten kaum noch möglich.

     

    Auch ein guter Führer ist ein Führer, auch ein guter Hirte ist ein Hirte von Schafen. Demokratie ist aber anders und braucht breite Mitwirkung, wenn sie existieren soll.

  • S
    Sündenbock

    In zwei Jahren tritt sie der Linken bei, wetten? ; )

  • S
    shizzobi

    @ VIC

    /sign

     

    Aber andererseits kann ich auch verstehn, dass sie keine Lust hat, dass wenn sie in der grossen Politik angekommen ist, der Bückling der Finanzindustrie respektive Wirtschaft zu sein. ich finde diese Entscheidung mutig und konsequent, denn ich denke dass sie sich von der Bundes-SPD mehr erwartet hat und es einfach nicht mehr ihre partei ist. Ich wünsche ihr alles gute und hoffe, dass sie wieder den Weg in die Politik ob aktiv oder passiv (als Lobbyist der Bürger z.B. )zurückfinden wird.

  • R
    Ramton

    Immerhin eine weniger, die aufgeregtes und inhaltsleeres Geschnatter von sich gibt.

     

    Nicht, dass man nicht befürchten müsste, dass nicht ein adäquater Ersatz nachkäme. In der jetzigen SPD tummeln sich noch einige, die sie an Irrelevanz sicherlich noch übertreffen.

  • F
    Fabian

    Definitiv ein schwerer Verlust für die Linke(der SPD). Aber ehrlich gesagt, habe ich ihren Austritt aus der Roten Hilfe auch nicht verstanden, da ihre Begründung für die Mitgliedschaft(beim Austritt) gut war.

  • WF
    Wieland Friedrichs

    Mir werden ihre naiv-peinlichen Ergüsse sicherlich nicht fehlen. Aber freuen wir uns nicht zu früh. Der nächste Schwätzer mit Weltverbesserungsanspruch steht bestimmt schon in den Startlöchern.

  • M
    Meg

    Ach nö... warum treten lauter coole Frauen zurück???

  • D
    David

    Hübsch ist sie ja, aber ich möchte ihr nicht am 1. Mai begegnen, da ist sie wohl bei ihrer richtigen Truppe.

  • W
    Walheimat

    @vic

     

    Kleiner Scherz: Das ist nicht richtig. Es treten stets die Ehrlichen zurück. Die Falschen dagegen behalten ihre Posten, bis sich noch Falschere dafür finden.

  • N
    nic

    Und wenn doch mal jemand zurücktritt, dann ist es wenigstens die Richtige.

    Schön.

  • A
    afa

    Richtige Entscheidung. Sie ist eine aufrichtige Frau und nur ihr Austritt aus der Politik kann gewährleisten, dass es so bleibt.

    Ich wünsche ihr viel Erfolg.

  • T
    Tazan

    Franziska Drohsel war in allen Diskusionen mein einziges Beispiel dafür, dass es auch intelligenz und lienentreue in der SPD gibt. Ich findes es sehr schade, dass sie sich nun vorerst aus der aktiven Politik zurück zieht und hoffe auf eine baldige wiederkehr.

     

    Den JuSos wünsche ich, dass es ihnen gelingt die Stelle erneut so stark zu besetzen und den Mut ihre Position links von der Bundespartei weiter zu behaupten.

  • V
    vic

    Und wenn doch mal jemand zurücktritt, dann ist es prompt die Falsche.

    Schade.

  • A
    Alter

    Ich bin deutlich älter als Franziska Drohsel. Sicher kann man all das auch politisch interpretieren. Mir aber gefällt die Sichtweise dieser Juso-Frontfrau. Das Leben muss auch außerhalb des Rampenlichtes möglich sein.

  • W
    Wollux

    Frau Drohsel scheint mir noch klüger zu sein als es eh schon den Anschein hatte! Ich denke, wir werden noch von ihr hören!

  • N
    Nadi

    Ich finde es schade, die Frau hatte Mut und das kann man - leider - nicht von vielen sagen. Außerdem hat sie ein wenig frischen Wind in die SPD geblasen, viel genutzt hat es nicht, aber wo nicht ist, ist auch wenig viel.

  • PP
    Peter Pander

    Eine Klassefrau!

     

    Ist mir öfter in diesen unsäglichen Polittalks sehr angenehm aufgefallen. Sie hat sehr gesunde politische Ansichten.

     

    Dass sie aus der Politik aussteigt, beschert ihr die Möglichkeit ein erfülltes Leben zu führen. Unter den kaputten Typen in der Poliik wäre ihr so etwas sicher vorenthalten geblieben.

     

    Glückwunsch zu dieser Entscheidung!

  • A
    Adrian

    "Thesen für eine linke Zukunft" ... was fürn ...

  • M
    Marcus

    Ich kann nur sagen: Sehr Schade.

     

    Eine Persönlichkeit, die auch die Mutterpartei gut hätte gebrauchen können.

     

    Ich mache ihr keinen Vorwurf und respektiere ihre Entscheidung.

     

    Trotzdem bleibt ein... Schade, Schade..... Schade.

     

    viele liebe Grüße,

     

    marcus

  • N
    Nils

    Schade, dass sie zurücktritt

  • R
    Rob

    Wunderbar,

     

    endlich kann ich wieder erhobenen Hauptes zu meiner

    Partei stehen.

  • J
    joHnny

    schade - aber sie kommt zurück...

  • F
    freidenker

    Drohsel ist, schätze ich, o.k.

     

    Nun hat die SPD aber bald keine Lehrer mehr !!!

     

    In Sorge.

  • J
    Johannes

    Immerhin ist das respektabel, zusagen, ich will nicht Berufspolitikerin werden. Wer Andrea Nahles in den 1990er gehört hat und ihr jetzt zuhört, sieht, wohin die Reise geht: Nach Oben und zu Aussagen wie "Hartz IV hat den Sozialstaat sicherer gemacht" (Aber nicht für die Arbeitslosen). Wer in der SPD aus Berufsgründen mitmischt, muss sich m.M. verbiegen oder wird verbogen (aber nicht verborgen)

    In diesem Sinne ist mit Drohsel lieber als Nahles ...

  • A
    atze

    Schade!!!!!!!

  • S
    Schabracke

    Bedauerlich, dass Frau Drohsel aus privaten Gründen ihr Amt niederlegt. Unverbraucht, authentisch und aufrichtig - so wirkte sie auf mich. Sie war ihrer Partei in vielem weit voraus und wird der SPD fehlen. Bleibt zu hoffen, dass ihr Nachfolger/ihre Nachfolgerin ihren dezidiert linken Kurs fortsetzen wird. Dann wird die Schwindsucht Partei Deutschlands vielleicht doch noch wählbar für mich.

  • N
    Nigredo

    Wieder eine, die nicht aus reiner Machtgier Politik macht, und die wir für dieses Land verlieren.

    Als nächstes wird wohl wieder so ein identitätsloser Apparatschik folgen, der irgendwann in der "großen" Politik landet - womöglich gar als Generalsekretär, der entgegen der Tradition, dass diese die Scharfhunde und Beißer der Partei sind, die Wogen glätten und herunterspielen muss, weil sein Herrchen permanent Amok läuft. Letzteres kann ich mir bei der SPD zwar nicht vorstellen, ist aber (bei extremistischen Parteien) in den letzten Monaten angeblich bereits passiert...