piwik no script img

Rettungspaket für den EuroKoalition macht gegen SPD Krawall

Halbherzig wirbt die Kanzlerin um ein Ja zum Rettungspaket für den Euro. Doch die FDP zeigt sich am überparteilichen Konsens mit der Opposition nicht interessiert.

Szenen einer Ehe: Merkel und Westerwelle. Bild: dpa

Man kann nicht sagen, dass Frank-Walter Steinmeier die Tür nicht geöffnet hat. Der SPD-Fraktionschef kritisierte an der Regierungspolitik, was er zu kritisieren hatte. Die zögerliche Haltung der Kanzlerin, den Schlingerkurs bei Finanzmarktregulierung und Transaktionssteuer. Ihre Behauptung, wir alle hätten über unsere Verhältnisse gelebt, die Verkäuferin bei Lidl eingeschlossen. Steinmeier lobte aber auch die Einsicht in das Notwendige. "Besser spät als nie", sagte er.

Das war fast schon so etwas wie ein Ja zum Rettungspaket für den Euro, das der Bundestag am Freitag beschließen soll und über das er an diesem Mittwochmorgen erstmals im Plenum debattierte. Angela Merkel wünscht sich dafür die Zustimmung der SPD, die sich ihrerseits nur ungern europapolitisch isolieren will, wie bei den Hilfen für Griechenland zwei Wochen zuvor.

Aber die Abgeordneten der Regierungsfraktionen waren auf Krawall gebürstet, vor allem bei der FDP. So laut machten sie während Steinmeiers Rede Tumult, dass der Sozialdemokrat irritiert zurückfragte: "Wollen Sie unsere Zustimmung möglicherweise erwerben oder nicht?" Klar und deutlich war überall im Saal das Wort zu verstehen, das ein Parlamentarier der FDP dazwischenrief: "Nein!"

Nach diesem Vorspiel wirkte die Rede, die FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger zu halten für nötig hielt, wie eine einzige Bekräftigung des Nein. "Was Sie hier abgeliefert haben, war unterirdisch", kanzelte sie Steinmeier brüsk ab. Den Wunsch nach der Transaktionssteuer trage die SPD "wie eine Monstranz" vor sich her, die Opposition sehe darin offenbar eine "eierlegende Wollmilchsau". Kein Wort davon, dass sich die FDP dieser Steuer nicht mehr in den Weg stellt, dass die Regierung gerade damit um das Ja der Sozialdemokraten werben will.

Angela Merkel schaute auf der Regierungsbank ins Leere. "Ich bin die Kanzlerin einer christlich-liberalen Koalition", hatte sie am Sonntag vor den Gewerkschaftern des DGB gesagt - und dann gestöhnt: "Ja, so isses - das hat der Wähler so gewollt."

Jetzt im Bundestag faltete aber auch Guido Westerwelle die Hände, als sende er ein Stoßgebet gen Himmel. Gregor Gysi von der Linken kam vorbei und scherzte mit der Kanzlerin und ihrem Vize. Es war ihnen aber nicht nach Scherzen zumute, erst recht nicht, als Barbara Hendricks aufstand, die frühere Finanzstaatssekretärin von der SPD. "Sie haben sich mit keinem Wort bemüht, um die Gemeinsamkeit der Demokraten zu werben", hielt sie Homburger kühl entgegen.

Alarmstufe Rot für die Union, Auftritt für deren Fraktionschef Volker Kauder. Ein einziges Werben um die SPD, ein einziges Dementi der Kollegin von der FDP. "Der Euro ist nicht der Euro der Koalition, er ist unser Euro", sagte er. "Wir haben in der Opposition, zum Beispiel beim Einsatz der Bundeswehr, auch die Regierung unterstützt." Er stellte Zusagen in Aussicht. "Wir werden Ihnen klar sagen, was wir machen."

Aber wird es das schriftlich geben, wird sich die Regierung auf die Transaktionssteuer festlegen lassen, statt sich die Hintertür zu anderen Finanzmarktsteuern offen zu halten? Das verlangt die SPD, doch die Koalition scheut davor zurück.

Auch die Kanzlerin sagte dazu nichts in ihrer Regierungserklärung, mit der sie den Morgen im Parlament eröffnete. Auch sie attackierte die rot-grüne Vorgängerregierung. "Die Veränderung und Abschwächung des Stabilitätspakts im Jahr 2004 war ein großer Fehler", sagte sie. An anderer Stelle bekam sie ungewollten Beifall von SPD und Grünen. "Den Worten zur Finanzmarktregulierung müssen Taten folgen" - das fordert die Opposition schon lange. Es dauerte ein bisschen, bis Union und FDP bemerkten, dass auch sie nun klatschen müssen.

Die Forderung nach der Transaktionssteuer trug Merkel lustlos vor, lustloser als am Vorabend auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem sozialdemokratischen Amtskollegen aus Österreich. Für eine Besteuerung der Finanzmärkte werde sie sich einsetzen, sagte sie vor dem Bundestag nur. "Das sage ich den Koalitionsfraktionen und hinsichtlich der Finanzmarkttransaktionssteuer auch den Oppositionsfraktionen zu."

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

9 Kommentare

 / 
  • JK
    Juergen K

    Nett war Merkels Rede heute (Berlin - Tagung oder so was - live in Phoenix)

     

    Zitat " Wir retten die, die ansehnliche Gewinne eingefahren haben ".

     

    und weiter so etwas wie "wenn wir das noch 2 oder 3 mal machen wirds schlimm"

     

    Wer wohl die sind , die nicht ansehnliche Gewinne eingefahren haben ?

     

    Die, die jetzt bezahlen sollen ?

    -Mittelschicht-

    Die, die einfach nur Spar-Verzicht erleidn sollen ?

    -Unterschicht-

    Die, die in die Elendsarmut abgeschoben werden ?

    -Armutsschicht-

     

    Wer sind die, die nicht ansehnliche Gewinne eingefahren haben ? Die nicht gerettet wurden ?

     

    Die Retter !

  • J
    Juergen

    Die Europäische Union ist ein internationaler Staatenverbund mit souveränen Mitgliedsstaaten, auf Grund dessen die Europäische Union und jeder souveräne Mitgliedsstaat nicht für die Verbindlichkeiten (Schulden) eines anderen souveränen Mitgliedsstaates in Haftung genommen werden darf (siehe dazu Art. 122 Abs. 2 und Art. 125 Abs. 1 AEUV).

     

    Die Kontrolle der Haushalte und die Regulierung der Finanzmärkte sind gesetzliche Aufgaben der souveränen Mitgliesstaaten, weshalb die Begründung einer angeblich entzogenen Kontrolle (Art.122 Abs.2 AEUV) absoluter Nonsens ist!

     

    Der Verstoß gegen den Art. 122 Abs. 2 und Art. 125 Abs. 1 EAUV ist bereits schlimm genug, jedoch ist die damit wiederholte Missachtung der unveräusserlichen Souveränitätsrechte eines jeden deutschen Bürgers und damit des Grundgesetzes viel dramatischer (siehe Urteil des BVerfG vom 30.06.2009)!

     

    Nur die Völker der europ. Staaten können selbst darüber bestimmen, ob sie ihre Souveränität in diesem Punkt (Nicht-Haftung für andere souveräne EU-Staaten = Art. 125 Abs.1 AEUV) aufgeben wollen oder nicht, denn es ist völlig klar, das die politische Gestaltungsfähigkeit gerade von D. als größte Volkswirtschaft der EU massiv eingeschränkt wird, wenn wir als deutsche Steuerzahler hunderte Mrd. Euro für die Verbindlichkeiten von anderen EU-Staaten und die Verluste von Banken zahlen sollen!

     

    Auf Grund des Urteils des BVerfG vom 30.06.2009 ist damit klar, das über die unveräußerliche Souveränität der deutschen Bevölkerung weder Politiker, noch die EU entscheiden können und dürfen!

  • AB
    alles beim Alten

    Ist dem Euro und den Griechen nicht mehr geholfen, wenn Grichenland die Eurozone verläßt? Die Griechen könnten dann entsprechend ihrer Wirtschaftsleistung abwerten und wären wieder konkurenzfähiger. Den Staaten der Eurozone bliebe eine ansteigende Inflation erspart und den Einwohnern der Resteurozone bliebe ihr Erspartes. So gehen die Vermögen aller Bewohner der Eurozone verloren, nicht nur der Griechen.

    In der jetzigen Situation ist doch nur den (überwiegend französichen) Banken geholfen.

     

    PS: Mit Vermögen meine ich Geldvermögen und das ist vor allem in den ärmeren Bevölkerungschichten zu finden.

  • V
    vic

    Dem Chamäleon Merkel gehen die Tarnfarben aus.

    Bald werden ihre Wähler sie als das sehen, was sie tatsächlich ist - eine Luftblase.

    Es war ganz gut so, dass sie wiedergewählt wurde. Ansonsten hätte das vermutlich niemand bemerkt.

  • K
    Karlchen

    Die Kanzlerin.. samt Anhang erkennt nur schleppend.., das die notwendigen Neustrukturierungen der Finanzmärkte inkl. der Ihnen mittlerweile untergeordneten Volkswirtschaften eine Herkulesaufgabe sind.

     

    Die FDP, welche langsam wieder Kontakt zur Erde aufnimmt, wirkt , was absehbar war, wie ein stark angeknockter Boxer.., der nur noch reflexartig agiert..-

    Aber wie soll der Bundestag es der FDP

    schonend beibringen,,. ,das man sie eigentlich zur Zeit weder braucht noch will ?

  • MS
    Markus Strobl

    Schwarz - Gelb ( selbst ) versenkt.

    Und: Tusch!!!

  • JK
    Juergen K

    Der Verfassungsbruch, den die Kanzlerin bei Übergehung des Parlamentes -laut Trittin / und ohne Gegenrede- begangen habe hätte schon im Artikel erwähnt werden können.

     

    Vor diesem Hintergrund gibt Merkels Satz "Die Demokratie ist in Gefahr" auch Inhalt.

  • R
    rowe

    wenn IHR mit mehr als 1o ooo euro bar, ein auto kaufen wollt und habt vergessen das der finanz anzumelden, dann nehmen die Euch möglicherweise 1o % davon sofort weg.

    wird doch echt zeit daß der gier ein, einhalt geboten wird.

    wird doch zeit, daß

    gleichheit

    freiheit

    brüder/schwesterlichkeit

    den planeten umgibt.

    und gegen millionen tote, die dieser kleine mann (naboleon) eigentlich zu verantworten hat.

  • S
    Snuggles

    Natürlich, vor Ihrer Wählerschaft muss die FDP den letzten Rest ihres Gesichtes wahren, wenn diese Partei eins hätte. So kann man die Schuld doch der Opposition zuschieben. Wann kapieren diese Egomanen endlich, dass es um mehr geht als um Stimmen und Ihre Fleischtöpfe.

     

    Mannomann, noch 1227 Tage, ich geh jetzt saufen, dabei trink ich doch nichts.