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HaushaltKiel verlangsamt Schulden

Fraktionsübergreifend begrenzt der schleswig-holsteinische Landtag die Neuverschuldung ab 2020. Das beitragsfreie Kita-Jahr ist ein Jahr wohl gekippt.

Unter den Augen des Souveräns: 700 Kinder, Eltern und Kita-Erzieher protestierten vor dem Landtag. Bild: dpa

Ab 2020 darf Schleswig-Holstein keine neuen Schulden mehr machen: Ein Bündnis aus CDU und FDP sowie SPD, Grünen und SSW hat am Mittwoch beschlossen, die Schuldenbremse in die Landesverfassung zu schreiben. Dagegen stimmte einzig die Linksfraktion. "Heute bin ich stolz, diesem Parlament anzugehören", sagte Wolfgang Kubicki (FDP) und auch Tobias Koch (CDU) fühlte "ein gewisses Maß an Stolz". Bei der Grünen Monika Heinold (Grüne) klang es etwas anders: "Seien wir ehrlich - wir sind wie Alkoholiker, die in einem Moment der Klarheit beschließen, ab morgen nicht mehr zu trinken."

Dass es weit länger dauern werde, bis die Bremse greift, daran erinnerte Lars Harms (SSW): "Die bisher aufgelaufenen Schulden bleiben bestehen." Um den Berg zumindest ein wenig abzutragen, hat die Regierung einen harten Sparkurs verordnet. So ist das das erst vor einem Jahr eingeführte beitragsfreie Kita-Jahr so gut wie gekippt. Minister Ekkehard Klug (FDP) sagte, die Regierung werde nicht bei der Qualität der Kitas kürzen, sondern die Landeszuschüsse sogar von 60 auf 70 Millionen Euro erhöhen. Auch die Mittel für den Ausbau von Krippen stelle man bereit. Daneben aber werde man die Beitragsfreiheit nicht auch noch fortführen können. Diese Entscheidung trifft vor allem die Mittelschicht - für einkommensschwache Familien zahlt das Land den Kita-Besuch ohnehin.

Weitere Details wird Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) kommende Woche nennen, aber klar ist, dass die Bereiche Kultur, Soziales und Umwelt betroffen sind: Das Landestheater ist bedroht, der Uni-Standort Flensburg wackelt, über einen Verkauf der Uni-Kliniken berät heute der Landtag.

Auf der Bremse

Ab 2020 darf Schleswig-Holstein keine neuen Schulden mehr machen. Bis dahin soll das strukturelle Defizit von 1,25 Milliarden Euro auf Null gesenkt werden.

Als ersten Schritt will die Regierung im Doppelhaushalt 2011 / 12 rund 360 Millionen Euro einsparen. Die Zahlen werden kommende Woche verkündet.

Zurzeit hat Schleswig-Holstein 24,5 Milliarden Euro Schulden und zahlt dafür jährlich eine Milliarde Euro Zinsen. Bis 2020 steigt die Neuverschuldung noch.

SPD, Grüne und SSW, die die Schuldenbremse mittragen, sehen die Kürzungen skeptisch: "Wir werden nicht kommentarlos akzeptieren, was ein kleiner Zirkel außerhalb jeder Legitimation vorlegt", sagte Birgit Herdejürgen (SPD) mit Blick auf die "Haushaltskommission". Harms mahnte die Regierungsfraktionen: "Frag nicht, was du kaputt sparen kannst, sondern frage, wie du die Einnahmen des Landes verbessern kannst." Für die Linke verschärft die Schuldenbremse die Probleme, sagte Björn Thoroe: "Sie stellen die Zukunft unter Finanzierungsvorbehalt."

Der Sparwille ist nur ein Grund für die Schuldenbremse. Der zweite lautet, bessere Chancen vor dem Bundesverfassungsgericht zu haben: Schleswig-Holstein klagt gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz.

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