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Öl-Katastrophe im Golf von MexikoTop-Kill ist Top-Flop

Barack Obama ist wütend. Denn der Ölkonzern BP hat es auch mit einer Zement-Schlamm-Mischung nicht geschafft, das Bohrloch im Golf von Mexiko zu verschließen.

Demonstranten vor der BP-Niederlassung in New York am Freitagnachmittag. Bild: ap

ROBERT/USA afp/apn/taz | Ein Ende der größten Ölkatastrophe in der Geschichte der USA ist weiterhin nicht in Sicht. Der britische Energiekonzern BP erlitt bei seinen Bemühungen zur Verschließung des Ölbohrlochs im Golf von Mexiko einen schweren Rückschlag, als am Samstag die "Top-Kill"-Methode zum Versiegeln des Lecks mit Schlamm und Zement scheiterte. US-Präsident Barack Obama sagte, er sei "enttäuscht und wütend".

"Nach drei ganzen Tagen des Versuchs mit ,Top Kill' sind wir unfähig gewesen," das Ausströmen des Öls aus dem lecken Bohrloch vor der Südküste der USA zu stoppen, sagte BP-Einsatzleiter Doug Suttles. Der Konzern hatte versucht, das Bohrloch in 1.500 Metern Tiefe mit Spezialschlamm sowie Gummiresten und Faserabfällen zu schließen und es dann mit Zement zu versiegeln.

Auf Nachfrage konnte Suttles nicht sagen, warum genau die "Top-Kill"-Methode nicht funktionierte. "Wir wissen das nicht sicher", sagte er. Das ausfließende Öl habe nicht "nachhaltig" gestoppt werden können. BP-Chef Tony Hayward hatte die Erfolgschancen der Methode zuvor auf 60 bis 70 Prozent geschätzt. Obama äußerte sich enttäuscht über das Scheitern. "Während wir zunächst optimistische Berichte erhielten, ist jetzt klar, dass es nicht geklappt hat", erklärte der Präsident in Washington.

Auslöser der Ölpest, die hunderte Kilometer hochsensibler Küstengebiete im Süden der USA bedroht, war die Explosion der von BP betriebenen Ölbohrplattform "Deepwater Horizon" am 20. April. Seitdem sind Schätzungen der US-Regierung zufolge zwischen 70 Millionen und 110 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen - weitaus mehr als beim Unglück des Tankers "Exxon Valdez" im Jahr 1989 vor Alaska, bei dem rund 41 Millionen Liter Öl ausgelaufen waren.

Das Scheitern von "Top Kill" ist ein herber Rückschlag bei der Bewältigung der Ölpest. BP hatte die Methode als beste Chance auf ein Verschließen des Lecks eingeschätzt. Stattdessen sollen nun mithilfe ferngesteuerter Unterwasserroboter die zerstörten Ölleitungen an dem Bohrloch entfernt und eine Kuppel über dem Loch installiert werden, durch die das austretende Öl auf ein Schiff an der Oberfläche abgepumpt werden kann. Mit dieser Methode soll BP zufolge in der kommenden Woche begonnen werden. Die Aktion soll zwischen vier und sieben Tagen dauern. Dass es damit gelingt, das Leck zumindest vorübergehend zu schließen, ist aber nicht sicher. Langfristig kann wohl nur ein neues Bohrloch den Druck von dem Leck nehmen. Die Bohrungen haben bereits begonnen, dürften aber mindestens zwei Monate dauern.

Nach Ansicht von Experten ist das Absägen des Steigrohrs mit Risiken behaftet. "Wenn sie da kein Ventil drauf bekommen, dann wird es noch viel schlimmer", warnte Professor Philip W. Johnson von der Universität von Alabama.

Auch Obama warnte, dass auch diese Methode "nicht ohne Risiko" sei. Sie sei noch nie in einer solchen Tiefe ausprobiert worden. Er sicherte zu, dass seine Regierung weiter "alle verantwortungsvollen Mittel, um dieses Leck zu stoppen", ergreifen werde. Jeder Tag, an dem weiter Öl austrete, sei "ein Angriff auf die Menschen der Golfküstenregion, ihre Existenz, und den natürlichen Reichtum, der uns allen gehört". Die Umweltkatastrophe mache wütend und sei zugleich "herzzerreißend". Am Freitag hatte Obama die Küste des Bundesstaates Louisiana besucht und der Bevölkerung seine Unterstützung zugesichert.

Einem Zeitungsbericht zufolge hatte BP schon Monate vor der Explosion der "Deepwater Horizon" Sorge um die Sicherheit der Bohrinsel. Wie die New York Times unter Berufung auf interne Dokumente berichtete, hätten BP-Ingenieure bereits im Sommer 2009 vor einer erhöhten Unfallgefahr gewarnt, seien aber nicht erhört worden.

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7 Kommentare

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  • U
    upupintothebluesky

    @ von Will:

    @ von Rainer:

    @ von Jussuf:

     

    50 Millionen Barrel Erdöl die vielleicht auslaufen könnten, das wären bei einem mittleren spezifischen Gewicht von ca. 850g pro Liter 5 Millionen Tonnen Erdöl.

    Die grössten Tanker der Welt sind z.Zt. die der Hellespont Alhambra-Klasse.

    (Fassunsvermögen 450.000 Tonnen)

    Also wäre im schlimmsten Fall eine Erdölverseuchung zu befürchten, die dem Totalverlust von elf Riesentankern der 450.000 t-Klasse entspricht.

    Eigentlich ein erschreckender Gedanke.

  • R
    Rainer

    Auf Wikipedia nach Macondo Prospect suchen.

    50 Millionen Barrel können daraus gefördert werden.

  • J
    Jussuf

    Wenn man die Grundfläche der Stadt Berlin der Einfachheit halber mit 1000 km² zugrunde legt, dann ergäbe das bisher eine ungefähre Belastung von 100 ml Öl pro m² (hoffe, ich irre mich gerade nicht). Das hört sich wahrscheinlich nicht viel an, aber es reicht vermutlich aus, um ohne konzertierte Gegenmaßnahmen mittelfristig jedes Leben aus der Stadt zu tilgen. Schätze ich.

  • W
    Will

    @ upupintothebluesky: Ich meine in einem Fernsehbericht sei die Rede von 8 Jahren (!) gewesen, die das Bohrloch sprudeln könnte, wenn man es ganz sich selbst überlassen würde. Wie die Sache wegen den Entlastungsbohrungen aussieht weiß ich aber nicht.

     

    Auf jeden Fall ist es viel zu viel, als das man es sich leisten könnte, ein verschließen entgültig für unmöglich zu erklären.

  • S
    Sebastian

    Wenn ich an das ganze gute Öl denke, einfach nutzlos im Meer :(

     

    Naja, immerhin ein ganz natürliches Produkt^^

  • U
    upupintothebluesky

    Nirgendwo finde ich Informationen darüber, wieviel Öl maximal aus dem Bohrloch ausströmen könnte, sollte es überhaupt nicht gelingen, das Bohrloch zu schliessen.

     

    Wieviel Öl ist denn nun in dieser Lagerstätte,und wann wird sie leer sein?

     

    Habt Ihr denn da so Vorstellungen?

  • M
    Manuel

    Meine Wut auf die Unfähigkeit des Öl-Konzerns PB wächst von Tag zu Tag.

    Nachdem nun auch die „Top-Kill“ genannte Methode versagt hat, ist es Zeit für Herr Obama, hart durchzugreifen, um besser dazustehen als George W. Bush nach dem Hurricane Kathrina um somit die republikanische Kritik verstummen zu lassen.

    Ich frage mich noch einmal: wie kann es sein, dass die Verantwortlichen von BP weiterhin auf freiem Fuß sind und nicht zur Rechenschaft gezogen werden? Für „kleine Umweltvergehen“ privater Bürger (die in jedem Fall zu Recht bestraft werden) müssen diese häufig hinter Gittern, wenn nun aber die Öl-Multis des Konzerns BP die größte Umweltzerstörung in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika betreiben, bleiben diese unversehrt.

    Für meinen Begriff von Gerechtigkeit müssten die Verantwortlichen Öl-Milliardäre von BP vor Gericht gestellt und rechtskräftig für Umweltzerstörung in bisher nicht gekanntem Ausmaß verurteilt werden.

    Währenddessen sollte Obama und seine Regierung die fähigsten Wissenschaftler engagieren, die endlich ein geeignetes Verfahren entwickeln um das Ölbohrloch zu verschließen und die Katastrophe so gut es geht einzudämmen.

    Die Kosten dafür darf nicht BP tragen, denn die die hierunter wieder einmal leiden müssten,währen tausende Arbeiter, die dann aufgrund der Unfähigkeit des Kapitals ihre Jobs verlieren würden.

    Nein! Die Öl-Milliardäre von BP selbst müssten für ihr Verbrechen mit ihrem Privatkapital haftbar gemacht werden, um mit diesen außerordentlich großen Mitteln die Katastrophe einzudämmen.

    Aber leider darf das Kapital machen was es will, Gerechtigkeit für dieses Verbrechen wird es wohl niemals geben können.

    Die Umwelt muss wieder einmal für die unsägliche Dummheit der Menschen zahlen, während für die BP-Multis das Öl, ähm, Geld weiter fließt.