In Sachsen droht große Abholzaktion: Schwarz-Gelb sägt am Baumschutz
Viele Bäume dürfen in Sachen künftig nach Belieben gefällt werden. Die Opposition sieht in dem abgeschächten Baumschutz einen Verfassungsbruch.
DRESDEN taz | Einmal mehr hat die FDP den Begriff der Entbürokratisierung zur Hand, wenn es einer Schutzvorschrift an den Kragen geht. In Sachsen sind es nun die Bäume, denen nach dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag ohne lästige Papiere schneller die Säge drohen soll. Ganze Baumgruppen werden nach einem Gesetzesentwurf aus dem Geltungsbereich kommunaler Baumschutzsatzungen herausgenommen. Kleingärtner können künftig tun und lassen, was sie wollen. Auf "bebauten Grundstücken", so die schwammige Formulierung, sind generell Obst- und Nadelbäume, Pappeln, Birken, Weiden und alle Bäume bis zu einem Stammumfang von einem Meter in Bodennähe nicht mehr geschützt.
Über alle sonstigen Baumfällungen muss die Kommunalverwaltung künftig binnen drei Wochen entscheiden; sonst gilt der Antrag als genehmigt. "Es ist zu erwarten, dass die Bürger eine eigenverantwortliche und vernünftige Entscheidung über die Erhaltung oder Fällung von Bäumen treffen werden", heißt es in der Begründung des Gesetzes. Wenn es am heutigen Mittwoch im Landtag verabschiedet werden soll, wird geräuschlos auch noch das kommunale Vorkaufsrecht aus naturschutzrechtlichen Gründen beerdigt.
Johannes Lichdi, Abgeordneter der Grünen im Sächsischen Landtag, kann keine Entbürokratisierung erkennen. Bürger ohne Spezialwissen würden fachlich eher im Unklaren gelassen und "zu Verstößen gegen höherrangiges Recht" verleitet. Die Grünen setzen darauf, die Verabschiedung zunächst zu stoppen. Denn der juristische Dienst des Landtags hält es für verfassungswidrig, dass den Kommunen vor der Beschlussfassung keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben wurde. Jana Pinka von der Linken hält das "Baum-ab-Gesetz" für einen "Angriff auf kommunales Grün". Gottfried Mann vom BUND in Dresden erinnert daran, dass nun auch der umstrittene Baumbewuchs auf Deichen entfernt werden darf. Unter den Tisch falle, dass Arten wie Schwarzpappel und Weißtanne unter Naturschutz stehen.
Naturschutzverbände haben Anfang der Woche eine Massenpetition zum Erhalt der Baumschutzsatzungen mit 6.000 Unterschriften an Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) übergeben. Nach Erfahrungen der Verwaltungen wurden bislang schon rund 90 Prozent der Baumfällanträge genehmigt. Dennoch ist die Zahl der theoretisch betroffenen Bäume hoch. Allein in Dresden genießen nun zusätzlich 350.000 Bäume keinerlei Schutz mehr vor der Säge.
Leser*innenkommentare
Dresdner
Gast
Auch zur Zerstörung eines Welterbes!
Die sächsischen Hornochsen sind auch noch stolz drauf, ihre Stadt zu verschandeln und zu verlärmen und nun noch den Baumschutz zu köpfen. Über so viel Provinzialität kann man nur den Kopf schütteln.
vic
Gast
Wo auch immer schwarz-gelb hintritt hinterlassen sie verbrannte Erde. Schlimmer als Borkenkäfer, Heuschrecken, Überschwemmung und Sturm zusammen.
Es muss die pure Lust am Zerstören sein, sowohl gesellschaftlich, als auch ökonomisch und ökologisch.
mutlu
Gast
Also wenn ich meinem leider nicht vorhandenen Schrebergarten einen Apfelbaum fällen will, hab ich wirklich keine Lust, dafür einen Antrag zu stellen!
Joker
Gast
Naja, die Stadt Dresden fällt sowieso schon alle Bäume, auch wenn sie keine Genehmigung hat. Vom Prinzip her wird ein Gesetz abgeschafft, was von staatlichen Stellen eh nicht beachtet wird.