piwik no script img

Wahl des Ministerpräsidenten in NRWRüttgers will nicht mehr

Jürgen Rüttgers (CDU) will bei der Wahl zum Ministerpräsidenten nicht gegen Hannelore Kraft von der SPD antreten. Für den Fraktionsvorsitz der CDU steht er ebenso nicht zur Verfügung.

Jürgen Rüttgers: Die SPD mache sich zum Spielball der Linkspartei. Bild: dpa

DÜSSELDORF afp | Bei der Neuwahl des Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen will Amtsinhaber Jürgen Rüttgers (CDU) nicht gegen SPD-Chefin Hannelore Kraft antreten. Wie der CDU-Politiker am Samstag nach einer Landesvorstandssitzung in Düsseldorf bekanntgab, strebt er auch nicht den CDU-Fraktionssitz im Landtag an. Die Grünen stellten auf einem Landesparteitag die Weichen für eine rot-grüne Minderheitsregierung.

Rüttgers hatte bislang offen gelassen, ob er erneut als Regierungschef kandidiert. Kraft will sich voraussichtlich Mitte Juli zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen lassen. SPD und Grüne stellen im Landtag zusammen 90 Abgeordnete, CDU und FDP zusammen 80 und die Linke elf. Damit fehlt Rot-Grün ein Mandat zur absoluten Mehrheit. Kraft könnte aber dennoch bereits im ersten Wahlgang zur Regierungschefin gewählt werden, wenn sie das rot-grüne Lager hinter sich versammeln kann und zusätzlich eine oder mehr Stimmen etwa von den Linken erhält.

Rüttgers äußerte scharfe Kritik an der geplanten Minderheitsregierung. Kraft mache sich damit "zum Spielball der Linkspartei", warnte er in der Bild am Sonntag. SPD und Grüne seien "inhaltlich und personell von der Linkspartei abhängig". "Es ist die denkbar instabilste Regierung." Es drohe die "schlimmste Wählertäuschung, die es in der Geschichte Nordrhein-Westfalens je gegeben hat", sagte Rüttgers, der nach Parteiangaben den Landesvorsitz der CDU behalten will.

Die Grünen in Nordrhein-Westfalen gaben auf einem Landesparteitag in Neuss unterdessen grünes Licht für Verhandlungen über eine rot-grüne Minderheitsregierung. Die Delegierten stimmten einem entsprechenden Leitantrag des Landesvorstandes zu.

Die FDP erteilte einer Zusammenarbeit mit der geplanten rot-grünen Minderheitsregierung erneut eine Absage. "Mit der Wahl einer rot-grünen Minderheitsregierung geht die FDP, inhaltlich wie personell, ohne Wenn und Aber in die Opposition", sagte FDP-Landeschef Andreas Pinkwart der Welt am Sonntag. Die FDP werde "kein Hilfsmotor für Rot-Rot-Grün" sein, sagte er im "Focus".

Die Sondierungen über eine mögliche Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP in NRW waren gescheitert. Kraft hofft bei Abstimmungen im Landtag dennoch auf die Hilfe der FDP. "Auf mittlere Sicht schließe ich nicht aus, dass wir auch bei den Liberalen Unterstützung finden können", sagte Kraft dem Spiegel. Die SPD-Landeschefin setzt dabei nach eigenen Angaben auf einen Erneuerungsprozess bei den Liberalen. "Die FDP wird sich verändern, aber das braucht Zeit", betonte sie.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht Union und FDP auch bei einer rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen in der Mitverantwortung. Sie müssten bei der Gesetzgebung überlegen, "ob sie das Angebot zur Zusammenarbeit annehmen oder eine Blockade-Koalition mit der Linken eingehen", sagte Gabriel den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe vom Samstag.

Kraft wies Vorwürfe zurück, sie habe sich von der Berliner SPD-Parteispitze in eine Minderheitsregierung drängen lassen, um die Bundesratsmehrheit der schwarz-gelben Koalition in Berlin zu kippen. Natürlich habe es "Ratschläge" aus Berlin gegeben. Die Entscheidung für die Minderheitsregierung sei aber im Land getroffen worden, "nach unseren Kriterien und nach unserem Zeitplan", sagte sie im Spiegel.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • A
    Amos

    Gott sei es gedankt, dass dieser Schaumschläger-, der außer leeren Sprüchen nichts gewesen, endlich den kürzeren zieht. Wer sich mit der FDP abgibt, kann kein

    Volksvertreter mehr sein, sondern nur noch ein toter Fisch, der mit dem Strom des Kapitalismus schwimmt.

  • DN
    Der Nachfolger

    Wer war dieser Rüttgers eigentlich?

    Gern hat er sich als Nachfolger von Johannes Rau aufgespielt. Warum?

    Und dann immer wieder als Arbeiterführer. Wieso?

    Und jetzt - bei seinem Rückzug - bezieht er sich auf Peer Steinbrück. Weshalb?

    Wusste er nicht, dass Steinbrück und Rau der SPD angehörten, also seine Feinde waren?

    Oder war Rüttgers die ganzen Jahre ein nicht enttarnter Maulwurf der Sozis?

  • R
    rugero

    ich werde ihm nicht nachweinen, diesem Mann der simplen Sätze für schlichte Gemüter, der anstelle von Lösungsangeboten für die Wähler nur schlagwortartiger Verunglimpfungen politischer Gegner herausbrachte.

  • R
    reblek

    "Es drohe die "schlimmste Wählertäuschung, die es in der Geschichte Nordrhein-Westfalens je gegeben hat", sagte Rüttgers..." Das heißt dann wohl, dass es schon reichlich Wählertäuschungen gegeben hat in NRW. Und da Rüttgers sich damit offensichtlich gut auskennt, wird er für die eine oder andere mitverantwortlich sein.

  • J
    joHnny

    aschermittwoch - spät aber nicht zu spät...

    und immer sind die anderen schuld!

  • PL
    Prof. Loewy-Brueller

    Die Agence besetzt das Ruhrgebiet mit neuen Informationen -- nichts Neues.

     

    Interessant ist dabei, welche Zeitungsorgane zum verlängerten Enddarm welches Politikers verkümmerten: Rüttgers ist BamS, Pinkwart WamS, Kraft Spiegel und Gabriel WAZ. Politiker legen also immerhin wert darauf, dass der After, aus dem sie auf uns ihre Sprachhülsen defäkieren, auch den richtigen Namen trägt. Bemerkenswert.

  • V
    vic

    "SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht Union und FDP auch bei einer rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen in der Mitverantwortung. Sie müssten bei der Gesetzgebung überlegen, "ob sie das Angebot zur Zusammenarbeit annehmen oder eine Blockade-Koalition mit der Linken eingehen", sagte Gabriel den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe vom Samstag."

    Wie bitte, CDU, FDP und die Linke?

    Was hat der denn genommen?

    Die Linke ist kein Gegner, sie ist Verbündeter.

    Wer das in der SPD noch immer nicht kapiert hat, sollte dem Beispiel Köhlers folgen.

  • V
    vic

    Och, jetzt bin ich aber enttäuscht.

    Ich dachte der hätte einen "klaren Wählerauftrag"?

  • OC
    Otto Chili

    Linkspartei feat. FDP - Super-Opposition

     

    available in stores on monday!

  • H
    Hajü

    Wer in einer rechten Blockpatei verliert, kann nicht länger führen und wird! fallengelassen. Leider hatte Rüttgers 1000 oder 6000 Stimmen zuviel, um als immerhin Vize noch annehmbar und repräsentabel zu sein für die CDU. Mit ein paar Stimmen mehr für die SPD hätte man sich noch mit einer Kraft-geführten grossen Koalition zufrieden zeigen können. Da muss nun eben jetzt ein neuer Mann her, der es der Kraft zeigen kann.