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Justizministerin für RunderneuerungFDP erwägt Belastungen für Reiche

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will Subventionen abschaffen. Sie erwägt auch, das Mehrwertsteuersystem zu überarbeiten.

Wird er von seiner FDP bald hintergangen? Bild: dpa

BERLIN taz | Nein, von einem höheren Spitzensteuersatz mag auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht reden. Die Einkommensteuer nun auch noch zu erhöhen, nachdem man sie schon nicht senken kann - das wäre ein allzu krasser Bruch von Wahlversprechen, selbst für eine runderneuerte Partei.

Aber mehr Belastungen für Reiche sollen schon sein. "Man kann zum Beispiel Steuersubventionen abschaffen, die bestimmte Gruppen bevorzugen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Wochenende in einem Zeitungsinterview. Ohne das Wort Hotel zu verwenden, fügte sie hinzu: "Das Mehrwertsteuersystem muss grundsätzlich überarbeitet werden."

Die Justizministerin hatte bereits vor vier Wochen begonnen, die Arbeit ihres Parteivorsitzenden indirekt zu kritisieren. "Der Zustand der FDP ist nicht gut", sagte sie damals. Auf die Frage, ob Westerwelle noch der richtige Parteivorsitzende sei, antwortete sie: "Er ist der gewählte Parteivorsitzende."

Mit ihren Äußerungen vom Wochenende gab die Ministerin zum Auftakt eines zweitägigen Strategietreffens der Fraktions- und Parteispitze erstmals öffentlich eine Richtung vor, in die viele FDP-Politiker schon länger denken. Nach einer Sparklausur des Bundeskabinetts vor drei Wochen hatten auch Politiker aus dem Koalitionslager kritisiert, die Pläne seien unausgewogen. Vor allem in der CDU gab es Stimmen, die einen höheren Spitzensteuersatz verlangten.

Auch im Unternehmerlager mehrten sich diesseits und jenseits der Parteigrenzen entsprechende Forderungen. Ob eine solche Reform zu substanziell höheren Einnahmen führt, gilt allerdings als fraglich, weil sie vermutlich mit einem Abflachen des gesamten Tarifverlaufs verbunden wäre und der neue Spitzensteuersatz erst ab einem höheren Einkommen greifen würde als bisher. Auf Letzteres wies am Wochenende auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hin. Von den Erleichterungen für kleinere und mittlere Einkommen würden aufgrund der deutschen Steuersystematik dann auch Spitzenverdiener profitieren.

Die Regierung will ihr Sparpaket auf der Kabinettssitzung vom 7. Juli förmlich beschließen, im Herbst soll der Bundestag darüber beraten. Da die Regierungsfraktionen an dem Verfahren bisher nicht beteiligt waren, wird noch mit erheblichen Änderungen gerechnet. Um die für Mittwoch geplante Wahl des CDU-Politikers Christian Wulff zum Bundespräsidenten nicht zu gefährden, wurde die Debatte allerdings vertagt. Nach dem 30. Juni wird der Druck auf die FDP, zumindest einer symbolischen Mehrbelastung von Besserverdienenden zuzustimmen, allerdings steigen. Da ist es gut, wenn die Partei schon ein paar Konzepte in der Tasche hat.

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7 Kommentare

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  • B
    BerlinMarcus

    Besservedienende wer ist das.... Einkommen größer > 50.000€ brutto...! Also wieder die sog. Mitteschicht... spezialisierte Facharbeiter, der Meister, Kaufleute, der Ing., Arzt,... also wieder Leute die schon das Sytem unterstützen! Die sog. Besserverdienenden werden schon ausreichend in Deutschland belastet... Sozialabgaben, Steuern usw. ...insbesondere Familien (hohe Kitagebühren, Schulsachen, usw.)...! Es wird Zeit das dort mal eine Lobby entsteht...!

  • C
    claudia

    >>...zumindest einer symbolischen Mehrbelastung von Besserverdienenden zuzustimmen

  • US
    Uto Spatz

    Ich sags mal so, stell dir vor wir machen nun nach 20%-Absturz eine Klausur. Wir laden ein, 1Tausend Visagisten, um unser Lobbygesicht christlich, sozial zu übertünchen! Möwenpicke verursachen Pickel im Gesicht! Selbst ein römisch dekadenter Hartz-Puff-Empfänger wird demnächst begreifen, dass selbst wenn er BwL studiert und abgeschlossen, er eine FDP noch nicht genossen.! Selbst wenn er tausend Jahre alt würde, könnt er so viel Dummheit an einem Ort niemals genießen! Was ist eine Schwiegermutter? Der Vice von Angela? Grüß Gott Herr Luther,wenn ich auch protestantisch war, bei schwarz-gelb ist angeblich Alles in Butter.

  • JK
    Juergen K

    Es zeigt sich, dass die geistige Elite ausschliesslich in der FDP vertreten ist.

     

    Nachdem sie sich vom Steuerzahler jahrzehnte lang im Bundestag hat alimentieren lassen,

     

    und also am Tag 1 mit Lösungen hätte auftreten müssen,

     

    entweichen den Abgeordneten auch weiterhin Allgemeinplätze in Form von Grundwörtern.

     

    Mehrwertsteuer ist ein Grundwort.

     

    Also auf Vorschulniveau ist man angekommen.

    Ob man damit schon in der Mitte ist?

     

    Nee, eher draussen.

  • KH
    Karin Haertel

    Es duerfte absolut ausgeschlossen sein, dass hier etwas erwogen oder gar beschlossen wird, was sie selbst betrifft. Die Reichen koennen da gerne von der Anhebung ihrer Steuern sprechen, denn sie brauchen eine Umsetzung nicht fuerchten. Und wenn sie dann doch kaeme, verfuegen gerade sie ueber Mittel und Wege um dem zu entgehen. Und wenn man von einer "Ueberareitung der MwSt" spricht, dann meint man Doch auch nur eine Erhoehung auf undurchsichtigen Umwegen. Seit wann haette diese Regierung oder eine vorherige schon mal etwas zum Wohle des Volkes beschlosse. Sie lassen sich von uns waehlren, haben das dann ganz schnell vergessen und nehmen uns aus wie Weihnachtsgaense.

  • WW
    Weirdo Wisp

    Die FDP und Frau L.-S. haben sich ja die Bürgerrechte groß auf die Fahne geschrieben. Das auszubauen, wäre doch eine gute Runderneuerung für die FDP. Allerdings wird das so nichts, wenn sie – wie nebenan im Artikel – bei Swift nichts macht und auch noch das Leistungsschutzrecht fördert…

  • G
    Gunter

    Symbolischen Mehrbelastung von Besserverdienenden, das wir nicht lachen, die haben alle den Latte auf. Zeit für einen Machtwechsel um Ordnung in diesen Sauladen zu bringen und gründlich aufzuräumen, die Zeit dafür ist da!