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die wahrheitQuasimodo, das Bullenschwein

Zwei Jahre lang hatte Bauer Pat seine sechs Mädels gehütet, denn sie waren geschlechtsreif, und um den Hof in Fanore...

... an der irischen Westküste strichen nachts finstere Gestalten. Pat hatte andere Pläne. Er hatte sich einen Katalog kommen lassen, um einen geeigneten Samenspender auszusuchen, der hochwertige Nachkommen garantieren sollte. Seine Wahl war auf einen Limousin-Stier gefallen. Diese Rinderrasse stammt aus der gleichnamigen Region in Frankreich, sie ist bekannt für leichte Geburten, Anpassungsfähigkeit und gute Fleischqualität.

Charlie, Pats Stier, der sich bisher um die Kühe gekümmert hat, war inzwischen alt und paarungsunlustig. So bemühte Pat diesmal einen "Rucksackstier", wie der künstliche Besamer in Bayern genannt wird. Gute Zuchtbullen sind bis zu 30.000 Euro wert. Der berühmteste irische Stier hieß Rocky, und seine Nachkommen bevölkern die halbe Insel.

Der Besamer kam, kassierte ein hübsches Sümmchen und befruchtete die sechs Kühe mit dem Samen von "L 34", wie der George Clooney unter den Stieren im Katalog profan bezeichnet wurde. Nach drei Wochen kam der Tierarzt, um zu sehen, ob die Sache erfolgreich war. Bei drei Kühen hatte es geklappt, bei den anderen dreien nicht. Also musste die künstliche Befruchtung ein paar Wochen später wiederholt werden. Am liebsten hätte Pat den Kühen bis dahin einen Keuschheitsgürtel angelegt.

Seine Wachsamkeit nützte ihm nichts. Eines Nachts wurde er von Stiergebrüll geweckt, und er hörte sofort, dass es nicht Charlie war. Vom Balkon aus erkannte Pat ein dickbäuchiges, kurzbeiniges, zotteliges Tier, das sich an seinen Kühen zu schaffen machte. Pat rannte im Schlafanzug auf die Weide und warf Steine nach dem Eindringling, aber der Quasimodo der Stierwelt hatte ganze Arbeit geleistet: Alle drei Kühe waren schwanger, wie der Tierarzt später bestätigte. Pat hatte den mickrigen Bullen, der eher wie ein Wildschwein aussah, bis dahin nie ernst genommen, weil er glaubte, dass keine Kuh, die etwas auf sich hält, ihn an sich heranlassen würde. Das war bisher wohl auch der Fall gewesen. Der kleine Stier hatte sein erstes sexuelles Abenteuer offenbar so genossen, dass er fortan jede Nacht versuchte, erneut auf Pats Weide zu gelangen. Pat beschwerte sich beim Wirt der Dorfkneipe, dem das Untier gehörte. Er besitze gar keinen Bullen, behauptete der Wirt. Er möge sich doch mal die bovine Missgeburt auf seiner Weide ansehen, riet ihm Pat. Man habe ihm das Tier als Ochsen verkauft, verteidigte sich der Wirt. Pat kündigte entnervt an, dass er das umgehend nachholen und den Stier zum Ochsen machen werde, auch wenn es jetzt zu spät sei. Wie die Nachkommen in neun Monaten aussehen werden, könne man sich ja wohl ausmalen - jedenfalls nicht wie "L 34" aus dem Katalog. Die Kälber würden vermutlich nicht mal für den Streichelzoo taugen, weil sie den Kindern Angst einjagen würden.

Man munkelt, dass der Wirt vorige Woche einen blutigen Stierkopf unter seiner Bettdecke gefunden habe. Pat wird seitdem im Dorf respektvoll gegrüßt.

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