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Studie über KitasMänner ausdrücklich erwünscht

Mütter und Väter wollen, dass ihre Kinder von Frauen und Männern erzogen werden. Das belegt eine Studie aus Berlin und Heidelberg.

Mehr Erzieher in Kitas – das fordern die Eltern. Bild: dpa

Zwei Drittel der Eltern und rund drei Viertel der ErzieherInnen und Kita-LeiterInnen wollen, dass es mehr männliche Erzieher in Krippen und Kindergärten gibt. Das belegt jetzt die Studie "Männliche Fachkräfte in Kindertagesstätten", die das Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben hat und von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen (KHS) in Berlin und vom Heidelberger Milieu- und Trendforschungsinstitut Sinus Sociovision erarbeitet wurde.

Nur 2,4 Prozent der ErzieherInnen in Kitas sind derzeit männlich. Das ist eindeutig zu wenig, kritisiert Stephan Höyng, Professor an der KHS und Studienkoordinator. Kinder sollten eine "Vielfalt von Menschen" erleben, sagt der Pädagoge: "Und sie sollten sehen, wie Frauen und Männer gemeinsam arbeiten." Vor allem für Jungs seien "reale Männer" wichtig: keine Machos und keine klischierten Supertypen, wie sie oft in den Medien vorkämen, sondern Männer mit Brüchen, die "mal traurig sind, mal wild und auch mal still". Höyng sagt: "Jungen suchen nach männlichen Vorbildern. Sind die nicht da, greifen sie nach den medialen 'Helden'."

Höyng ist auch Projektleiter der Koordinationsstelle "Männer in Kitas", die im Auftrag der Bundesregierung für mehr Männer in Einrichtungen sorgen soll. Dafür stellen das Familienministerium und der Europäische Sozialfonds ab 2011 insgesamt 12,5 Millionen Euro zur Verfügung. Dann können sich Männer innerhalb von zwei Jahren zu Erziehern ausbilden lassen. "Die Türen stehen männlichem Betreungspersonal in Kitas weit offen, gerade jetzt, da zusätzliche Kita-Plätze gebraucht werden", sagt Höyng.

Ein Grund, der Männer davon abhält, Erzieher zu werden, ist die Entlohnung: ErzieherInnen werden schlecht bezahlt. Nach durchschnittlich drei Jahren Fachschulausbildung erhalten sie monatlich rund 2.130 Euro Brutto. WirtschaftsinformatikerInnen, die auch an einer Fachschule ausgebildet werden, verdienen rund 3.300 Euro. Es gibt laut Studie aber auch Berufe mit einem hohen Männeranteil, die genauso schlecht bezahlt sind wie die ErzieherInnen, etwa Rettungsassistent und Elektrotechnischer Assistent.

"Geld wird auch zum Problem, wenn es um den Verbleib im Beruf geht", sagt Höyng: "Ein Aufstieg ist nur schwer möglich." Trotzdem finden sich in Kita-Leitungspositionen viele Männer: 2008 waren es 5,7 Prozent. Das klingt zunächst wenig, ist aber im Vergleich zu 2,4 Prozent Männern im aktiven pädagogischen Bereich mehr als doppelt so viel. "Die Tätigkeit in einer Kindertagesstätte ist für Männer attraktivert, wenn sie eine Kitaleitungsstelle einnehmen können", heißt es in der Studie. Ähnliches belegen auch andere Zahlen. So gibt es während der Ausbildung noch etwa zehn Prozent Männer. Viele aber verlassen den Job schon in den ersten Jahren ihres Berufsdaseins.

Die Ergebnisse der Studie dürften Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) erfreuen. Sie tat gleich zu Beginn ihrer Amtszeit kund, dezidiert Jungen- und Männerpolitik machen zu wollen. Mit dem Feminismus konnte sie nie etwas anfangen.

Für Höyng hingegen ist der Feminismus eine "wichtige Quelle": "Wenn es darum gehen sollte, dass Jungs am starken Mann gesunden sollen, kann ich das nicht vertreten." Seit Jahren beschäftigt sich der Pädagogik-Professor mit Gender Mainstreaming und Gleichstellung.

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6 Kommentare

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  • K
    Kissling

    "Für Höyng hingegen ist der Feminismus eine 'wichtige Quelle'"

     

    Wie bitte kann Feminismus eine Quelle sein, wenn es um Jungen und Männer geht? Wir wissen doch, was Feminismus in dieser Hinsicht angerichtet hat. So will man zwar Männer in den Kitas, aber bitte nur die mit dem niedrigsten Testosteronanteil, bloß nicht nicht zu männlich.

    Denn mittlerweile wird Männlichkeit schlechthin mit Gewalt Aggression, Gefühllosigkeit und sozialer Inkompetenz gleichgesetzt.

     

    Komisch nur, dass die meisten Menschen in ihrem nahen Umfeld keinen Mann kennen, auf den diese Beschreibung passt. Es ist ein Klischee von Männlichkeit, dass den Menschen von den Medien jeden Tag eingetrichtert wird.

     

    Nachdem Familien dank eines pervertierten Familienrechts entvatert wurden, beklagt man sich nun darüber, dass die Jungen sich in den Medien übersteigerte Ersatzvorbilder suchen. Schön und gut - nur was viele nicht bemerken ist, dass die meisten Erwachsenen mit ebenso medial produzierten, verzerrten Männlichekeitsbildern durchs Leben gehen und in Männern nur von Gier und Trieben gesteuerte Neandertaler sehen.

     

    Stärkt die Rechte der Väter und stoppt dieses penetrante Männer-Bashing! Das würde den Jungen wirklich helfen.

  • FJ
    Franz Josef Neffe

    Wenn ich Brot haben will, dann gehe ich zum Bäcker und nicht zum Schuster. Wenn ich mein Auto repariert haben will, fahre ich nicht zum Schornsteinfeger damit. Als Ich-kann-Schule-Lehrer probier ich es noch mit dem gesunden Menschenverstand. Wenn ich also möchte, dass meine Kinder mit Frauen und Männern lernen sollen, warum schicke ich sie dann dahin, wo nur Frauen sind, wenn ich das nicht will?

    Wenn im Kindergarten und in der Grunschule keine Männer sind, könnten wir doch die Kinder mal zum Förster, zum Bademeister, zum Pizzabäcker oder zum Drehorgelspieler schicken. Sozusagen "demonstrativ".

    Ich grüße freundlich.

    Franz Josef Neffe

  • M
    Mac-Lennox

    Die bisherigen Artikel verbreiten meines Erachtens einen negativen Grundton. Nächste Woche beende ich mein viermonatiges Praktikum an einer Integrationskita, um Ende August eine dreijährige Ausbildung zum Heilerziehungspfleger zu absolvieren. Ich werde mit einem halben lachenden Auge und mit anderthalb weinenden Augen gehen. 1. Durch die Erzieherinnen erfuhr ich jederzeit Respekt und Unterstützung (Anerkennung als vollwertiges Mitglied der Erziehungsgemeinschaft; keine Frage war zu dumm) 2. Viele Eltern waren begeistert, dass gerade Männer ihre Kinder unterstützen, helfen und auch erziehen. 3. Insbeondere Kinder, die allein von ihren Müttern aufgezogen werden, sehnen sich häufig nach einer männlichen Respektsperson, die zuvörderst liebevoll mit ihnen umgeht, aber wenn es mal sein muss, konsequent handelt - Ohne Gewalt, nur Worte!!!

     

    Mein halbes lachendes Auge resultiert daraus, dass es mir morgens schwerfällt, überhaupt aufzustehen. Doch treffe ich in der Kita ein, werde ich einfach zu freundlich - durch mehreres Kinderlächeln - empfangen. Dann verschwinden sogar für einige Zeit Existenzsorgen, die ich manchmal durchaus hege.

  • C
    Comment

    Mütter und Väter wollen, dass ihre Kinder von Frauen und Männern erzogen werden, aber bitte nicht von biologischen Erzeugern, sondern gebrochenen sozialisierenden Vaterfiguren, mit einer Vielfalt von östrogenen und anerzogenen Vorgaben ausgestattet.

    Die Ecken und Kanten freilich bitte nur dort wo man sich nicht dran verletzen kann.

     

    Warum überhaupt hauen die Kerle in ´n Sack, wenn diese ihre Ausbildung beendet haben, gehen die etwa in die Elternzeit, oder sind sie vielmehr desillusioniert und der Meinung in der Welt der Frauen werden sie eh nie einen Fuß auf den Boden bekommen, weil von Kolleginnen und Müttern mit Argwohn bedacht, ob der "vielen schrecklichen Dinge, die man immer so hört"?

    Der Feminismus ist hier aber auf sicher eine wichtige Quelle.

     

    Hm, vor einiger Zeit durfte ich mich an dieser Stelle noch von einer Kommentatorin darüber belehren lassen, dass es keinen Feminismus gäbe, sondern diverse Strömungen, aber das kann Prof. Höyng ja nicht wissen, ist halt nur ´n geschliffener Mann.

     

    Euer ewig schon dusseliges Geld-Argument habt ihr ja netterweise gleich selbst entsorgt. Danke!

     

    Tja, ich bin bereits einen Schritt weiter als ihr, denn ich zeuge euch keine Kinder mehr.

    Kauft sie euch im nächsten Urlaub: Bezness as usual!

  • O
    Oceanborn

    "So gibt es während der Ausbildung noch etwa zehn Prozent Männer." und die werden Heimerzieher und gehen nicht in die Kita (was die sinkenden Zahlen fast vollständig erklärt), weil es bei exakt derselben Ausbildung besser bezahlt ist (aufgrund von Spät-, Nacht- & Wochenenddiensten). Und jetzt sollte es einen Artikel dazu geben wie es denn sein kann dass Männer bei gleicher Ausbildung auch heute noch im Durchschnitt mehr Geld verdienen. Vielleicht doch nicht, die Lösung ist ja zu leicht. Weil sie es tatsächlich verdienen (übrigens auch die Frauen in der Heimerziehung).

  • H
    Horst

    Na das hat der Feminismus ja prima hingekriegt:

    Zuerst werden Väter in massiver Weise aus dem Leben ihrer Kinder entsorgt, und jetzt, nachdem die für Kinder katastrophalen Folgen der vaterlosen Gesellschaft nicht mehr wegzudiskutieren sind, sollen Quoten-Erzieher es wieder hinbiegen.

    Nicht wieder hinbiegen können wird der Feminismus die von ihm selbst initiierte Stigmatisierung von männlichen Erziehern als potentielle Kindermißbraucher. Der Erzieherverband "Männer in Kitas" disktutierte diese Stigmatisierung unlängst unter dem Thema "Umgang mit dem Generalverdacht."

    Und so wird diese, sicherlich gut gemeinte, Initiative der Familienministerin leider scheitern, da die Vorraussetzungen für ein Gelingen gar nicht gegeben sind, und männliche Erzieher stets mit einem Bein im Gefängnis stehen.

    Warum der Herr "Wissenschaftler" (Höyng) den Feminismus als "wichtige Quelle" ansieht, starke Männer jedoch ablehnt, bleibt wohl sein Geheimnis.