KONJUNKTUR: Zahlen, die düster stimmen

Bremen liegt bei der Zahl der Unternehmens-Insolvenzen im ersten Halbjahr 2010 weit vorn, aber die Handelskammer sieht trotzdem einen Aufschwung

Eine von 211 Firmen, die 2010 in Bremen Pleite gingen: Bootsbauer bei der Hemelinger Drettmann-Gruppe. Bild: dpa

Die Zahlen lassen üble Nachrichten für das laufende Jahr vermuten, sie künden von düsteren Zeiten, aber vielleicht ist es doch nicht so schlimm - die Handelskammer jedenfalls, um Bremens Ruf als Wirtschaftsstandort quasi von Natur aus besorgt, gibt sich gelassen und sagt: nicht überbewerten, abwarten.

Grund der aufziehenden Düsternis: Die Wirtschaftsauskunftei Bürgel in Hamburg, ein anerkanntes und wohl auch seriöses Unternehmen auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformationen, das als Tochter zur Allianz Group gehört, hat seinen alljährlichen Bericht über Unternehmensinsolvenzen für das erste Halbjahr 2010 veröffentlicht. Zahlen liegen zugrunde, die als verlässlich gelten dürfen: Amtsgerichte, bei denen Insolvenzen angemeldet werden, das Statistische Bundesamt und eigene Erhebungen. Demnach liegt das Land Bremen zum Stichtag 12. Juli bei der Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Beziehung zur Firmendichte mit 80 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen abgeschlagen auf dem letzten Rang aller Bundesländer. Hamburg dagegen nimmt mit nur 29 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen vor Bayern (38) den Spitzenplatz ein. In absoluten Zahlen heißt das: In Bremen wurden in der ersten Jahreshälfte laut Bürgel 211 Insolvenzen gezählt, gegenüber den 175 Insolvenzen im gleichen Zeitraum 2009 eine Steigerung um 20,69 Prozent.

Andreas Köhler, bei der Handelskammer zuständig für den Mittelstand, erstaunen diese Zahlen, er sagt, er würde sie "bezweifeln wollen". Aufs Jahr gerechnet, würde Bremen für 2010 bei um die 400 Insolvenzen landen, das wäre erschreckend hoch. In den vergangenen Jahren schwankte die Zahl zwischen 219 in 2007 und 253 in 2009. Das kann, so ist Köhler zu verstehen, nicht sein. Bei genauerem Hinsehen vermeint er denn auch einige Lichtblicke zwischen der Düsternis herausblinken zu sehen. Hamburg zum Beispiel weist bei der Anzahl der Insolvenzen eine noch höhere Steigerung auf, dort berechnet Bürgel ein Plus von 25,6 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009. "Es sind also auch andere schlecht", sagt er, Bremen ist nicht allein. Dann verweist Köhler auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach sind von den Insolvenzen der ersten Monate des Jahres 2010 nur noch 286 Beschäftigte betroffen, im selben Zeitraum 2009 waren es 1.128. "Die großen Fälle sind nicht mehr dabei", sagt Köhler. Eine Verbesserung sieht er auch bei der Höhe der Forderungen aus den Insolvenzverfahren: Waren es in den ersten vier Monaten 2009 knapp über 79 Millionen Euro, sind es für 2010 nur knapp über 30 Millionen.

Aber, sagt Köhler, man müsse ohnehin abwarten, wie sich das Jahr weiter entwickelt. Und da erwartet er trotz der Steigerung bei der Anzahl der Insolvenzen gute Ergebnisse. Er nennt die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage der Handelskammer ermutigend, kann das aber vorerst nicht beweisen, weil die Umfrageergebnisse noch nicht zitabel seien. Im Übrigen sieht er in der Insolvenzstatistik einen "nachlaufenden Indikator": In der Wirtschaft könne es längst wieder bergauf gehen, trotzdem melden weiterhin Unternehmen Insolvenz an.

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