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Protest gegen Genkartoffel AmfloraFeld verwüstet, ab zur Polizei

Sieben Aktivisten reißen in Mecklenburg die Genkartoffel Amflora von BASF aus. Der Konzern lässt sich das nicht so einfach gefallen, schickt Polizisten und 30 Mitarbeiter.

Ganz in weiß gegen Gendreck: Feldbefreier wird von Polizei abgeführt. Bild: dpa

Das hatten sie so eingeplant: Mit Strafanzeigen wegen Nötigung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung sehen sich sieben Gentechnik-GegnerInnen konfrontiert, die am Donnerstag in Mecklenburg-Vorpommern zu einer symbolischen Feldbefreiung angetreten sind. In weißen Schutzanzügen ernteten sie auf dem BASF-Kartoffelacker nahe dem Örtchen Zepkow Knollen der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte Amflora. Weit kamen sie nicht - dann ging es ab zur Polizei.

Denn der Großkonzern BASF mit Sitz in Ludwigshafen sieht es nicht gern, wenn sich auf seinen Äckern Widerstand breit macht und stellte umgehend Strafantrag gegen die FeldbefreierInnen. Diese hatten zuvor einige der bedenklichen Pflanzen geerntet und insgesamt sieben Gefahrensäcke befüllt.

Die AktivistInnen sehen in dem Anbau der Gen-Knolle einen gefährlichen Eingriff in die Natur und betrachten die Auspflanzung der Gen-Kartoffel als Notstand, der auch mittels zivilen Ungehorsams zu bekämpfen sei. "Solange weder Politiker noch Gerichte Mensch und Natur vor der Gentechnik schützen, müssen wir eben selbst für den faktischen Widerruf sorgen", sagte Holger Isabelle Jänicke.

Der BASF-Konzern reagierte am Feldrand auf eigene Weise auf die Aktion: Bei einer vom Konzern angemeldeten Kundgebung durften rund 30 BASF-Mitarbeiter ihre "Wünsche für eine grüne Gentechnik" auf Kärtchen schreiben und diese mit Luftballons in den blauen Sommerhimmel steigen lassen. Eine BASF-Sprecherin sagte: "Wir setzen hiermit ein deutliches Zeichen für den Dialog und gegen Straftaten und Vandalismus." BASF wolle den Pflanzen helfen, auch mit widrigen Faktoren besser zurechtzukommen.

Was sich so selbstlos anhört, hat freilich einen wirtschaftlichen Hintergrund: Nach Angaben der Sprecherin bringt die Nutzung der Kartoffel gesamtwirtschaftliche Mehreinnahmen von ein- bis zweihundert Millionen Euro jährlich. "Es geht uns darum, gentechnisch veränderte Pflanzen nutzen zu können, um auch wettbewerbsfähig zu sein", sagte sie. Erst am Mittwoch hatte die Europäische Kommission fünf neue Sorten Genmais für den europäischen Markt zugelassen, die zwar nicht angebaut, aber verarbeitet werden dürfen. Zum Anbau sind in Europa erst zwei Gen-Pflanzen zugelassen: Amflora sowie die Genmaissorte MON 810, die alber in Deutschland bereits wieder verboten wurde.

FeldbefreierInnen wie der 55-jährige Energieberater Karl Braig waren in der Vergangenheit erfolgreich gegen diese Maissorte vorgegangen. Braig war noch am Mittwoch vom Landgericht Würzburg zu 42 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt worden, weil er im Sommer 2008 bei einer Feldbefreiung in Kitzingen den Genmais ausgerupft hatte. Auch er stand am Donnerstag mit auf dem Feld. Im September wollen die AktivistInnen das Kartoffelfeld erneut stürmen - dann unter internationaler Beteiligung.

www.gendreck-weg.de

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16 Kommentare

 / 
  • MD
    maria Daubenbüchel

    warum hat man nicht vorher den dialog gesucht,statt unaugegorenes in die

    welt zu setzen? es gibt die möglichkeit in gewächshäusern zu experimen-

    tieren ohne die umwelt,die ohnehin schon von allen seiten belastet wird

    noch mehr in mitleidenschaft zu ziehen.

  • JS
    Jens Schlegel

    @ John Doe, es ist ja das Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen und die ganze Sache zum Thema zu machen. Leider ist es so, hätten die Feldbefreier Luftballons mit Kärtchen abgeschickt, wäre davon nichts in den Zeitungen.

     

    Aber jeder kann Nachts an den Acker gehen, Pflanzen ausreissen, nicht erwischt werden und keiner wird es je erfahren...

  • JD
    John Doe

    Es gab ja auch Arbeitnehmer im postdienstleistenden Unternehmen die für ihren Arbeitgeber gegen einen Mindestlohn auf die Straße gingen (geschickt wurden). Sicher weil der aktuelle Lohn über dem des jämmerlichen Mindestsalärs lag. "Klammer auf, ironischer Unterton, Klammer zu"

     

    Ein ähnliches Motiv dürfte auch die BASF-Mitarbeiter bewogen haben. Eine Beschäftigung bei Unternehmen, die sowas für nötig erachten, muss schon frustrierend sein. Vielleicht kommt es ja doch, gesetzlichen Schutz für Whistleblower. Bei BASF und Co. dürfte es ja so manches zu verpfeifen geben.

     

    Ansonsten brauchen sich die Aktivisten über ihren Empfang von Polizei und Kasperletheater nicht zu wundern. Wer vor der Aktion offensiv wirbt, will keine Felder effektiv zerstören. Es scheint wohl sowas wie Ruhm zu sein. Ärmlich.

  • S
    Silentjay

    Für die einen Feldbefreier, für die anderen Hausfriedensbruch und vorsätzliche Sachbeschädigung.

    Schön, das jeder in seiner Welt glücklich ist.

    Parallelgesellschaft und so ;-)

  • V
    vantast

    Recht haben die Widerständler, nur wird es leider nichts nützen, weil die Richter sich zur herrschenden Klasse gehörig fühlen und der ist der Mammon das höchste Gut.

  • KK
    Klaus Keller

    ...schickt Polizisten ???

     

    hat die BASF jetzt eigene Polizisten oder wurde schlicht Anzeige erstattet?

     

    wie wärs mit:

     

    Der Konzern läßt sich das nicht gefallen und erstattet Anzeige

     

    gut klingt nicht wie Bxld-Zeitung ist aber ggf genauer.

     

    PS der Titel:Feld verwüstet, ab zur Polizei ist in sich logisch entspricht aber auch nicht den im Artikel gemachten Aussagen

     

    gute Besserung

     

    klaus keller hanau

  • LM
    Lilli Marleen

    Die Feldbefreier handeln stellvertretend für alle Menschen, die keine Gentchnik in der Natur und in der Nahrungskette wollen - und das ist in diesem Lande immer noch die Mehrheit. Dieser repräsentative Charakter wird von der Justiz bewusst übersehen und man ergeht sich in kleinlicher "Schadensfeststellung". Die Industrie will uns vor vollendete Tatsachen stellen. Und pflanzt dann etwas "schon mal vorab" was nicht zugelassen ist. Wer garantiert uns, dass sich dieses künstlich zusammengepanschte Gen-Zeugs nicht ungehindert unter den normalen Pflanzen ausbreitet? Niemand!

     

    Und die Politik ist kleinlaut - ist BASF vielleicht zu mächtig? Ich finde die "Gegendemo von abhängigen Angestellten" einfach völlig lächerlich. Na dann weithin einen fröhlichen freundlichen respektvollen Dialog mit Giganten, die erst mal Tatsachen schaffen und bei Gegenwehr alle Register mit ihrer Anwaltsarmee ziehen.

     

    Für Feldbefreiung muss man in diesem Land ins Gefängnis gehen.

     

    Widerstand in der Demokratie - schon wieder aussichtslos?

  • OK
    Opa Kolja

    Am Gen-Kartoffelacker jubelten auch ca.dreißig BASF- Mitarbeiter "Gentechnik Zukunft".

    Wie bitte?

    Doch nicht für ein Horrorkonstrukt aus der Gentech- Steinzeit wie diese Amflora.Die noch mit Antibiotika- Markergen bestückt,sich unkontrolliert ausbreitend,zu irreparablen Antibiotika-Resistenzen führen wird.

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)warnte bereits davor und in der EU sind sie eigentlich gar nicht mehr zulassungsfähig.

    Trotzdem wurde die Zulassung als Futter-und Lebensmittel (0,9%)beantragt.Obwohl nicht mal die dafür vorgeschriebenen Studien (z.B.Fütterungsversuche)vorgelegt wurden.

    Abgesehen davon,wer stoppt denn den biologischen Auskreuzungsprozess,die Vermischung beim Handel,bei den dann "garantierten" 0,9Prozent.

    Diese Zulassung ist und bleibt eine Sauerei,ist den enormen Parteispenden an Schwarz/Gelb geschuldet.

    Die altruistisch handelnden Feldbefreier haben deshalb mit ihrer symbolischen Vernichtungsaktion zu Recht ein Zeichen gesetzt.Respekt und Dank dafür.

  • J
    JanG

    Wenn ich also einer anderen Meinung bin als mein Gegenüber, so gehe ich zu ihm nach Hause und verwüste seine Wohnung. So in etwa lautet der Tenor dieser selbsternannten "Helden der Natur".

     

    Jedem seine Meinung und noch wichtiger: das Recht, diese äußern zu dürfen. Wenn es dann aber in Vandalismus ausartet, da fehlt mir jegliches Verständniss. Und meiner Ansicht nach ist diese verhängte Strafe noch viel zu milde.

  • G
    GreenHU

    Die Taz berichtet zu diesem Thema viel zu undistanziert. Bloß weil sich ein paar Öko-Rechtsaußen "Widerstand" auf die Fahne geschrieben haben, muss man sich nicht gleich deren Sache zu eigen machen.

    Diese Leute sind gefährliche Fundamentalisten deren Ideologie aufgrund ihrer Marginalität niedlich wirkt. Trotzdem sollte man sich genau ansehen, was diese Leute fordern. Würden sie auch nur ansatzweise mit ihren Forderungen Gehör finden leben wir bald wieder im vorletzten Jahrhundert.

    Ich jedenfalls sehe die "Gehirn-Weg" Leute gern hart bestraft. Wenigstens einen Bio-Grundkurs sollten sich diese Leute mal anhören müssen.

  • H
    Hoast

    "BASF wolle den Pflanzen helfen, auch mit widrigen Faktoren besser zurechtzukommen."

     

    Seht ihr, BASF will nur helfen. ;-)

  • FJ
    Fritze Jost

    Don Quichotte wollte mit Rosinante gegen Windmühlen kämpfen. Das tun die "Altivisten" auch. Honnecker: (abgewandelt)"Nicht Ochs und Esel halten die Entwicklung auf.

  • T
    thiotrix

    Gentechnik-Hysterie in Deutschland

     

    Die Aktion der sogenannten „Feldbefreier“ ist eine kriminelle Tat, eben Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch. Daher handelt der „Großkonzern“ BASF völlig korrekt, wenn die Polizei gegen die Täter vorgeht. Solche absurden Aktionen sind offenbar auf unser Land beschränkt, das immer mehr zur Spielwiese von Fanatikern und Hysterikern wird. In vielen Ländern gibt es Vorbehalte gegen die grüne Gentechnik. In keinem anderen Land ist ein solches Ausmaß an Hysterie zu beobachten wie in Deutschland. Während andere Industrieländer, aber auch Schwellen- und Entwicklungsländer die Chancen dieser mittlerweile gar nicht mehr so neuen Technik beherzt nutzen, werden in Deutschland einige kriminelle Fortschrittsfeinde immer verrückter, wenn es um grüne Gentechnik und auch andere moderne Techniken geht. Glücklicherweise ist dieser neudeutsche Anti-Technik-Wahn noch nicht so alt und eben auch nur auf unser Land beschränkt, sonst wären Auto, Elektrizität, Eisenbahnen und alle Chemie- und Pharmaprodukte, vom Waschmittel bis zum Aspirin nicht erfunden worden. Vor der Erfindung des Feuers hätten solche blindwütigen Fanatiker gar nicht genug warnen können, ebenso vor der Erfindung des Rades und auch des aufrechten Gangs (viel zu gefährlich, man könnte ja hinfallen und sich verletzen. Wozu das Ganze auch – sind nicht alle Generationen bisher mit dem Laufen auf vier Füßen gut vorangekommen?!) Leider wird diese Haltung die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes nachhaltig schädigen und wir werden in wenigen Jahren sehen, wie Länder ohne hysterische Technikfeinde uns technisch und wirtschaftlich abhängen werden.

  • OK
    Opa Kolja

    Diese veraltete Gentechnikknolle mit dem verharmlosend schönen Namen Amflora,besitzt noch ein Antibiotika-Markergen welches,sich unkontrolliert auskreuzend, mittelfristig zu Antibiotika-Resistenzen führen wird.

    Nach Aussagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO),ist genau dieses Antibiotikum ein Reservemedikament für Patienten,die gegen andere Antibiotika schon resistent geworden sind.Und diese Gefahr ist sehr groß,da gleichzeitig auch die Zulassung als Futter- und Lebensmittel beantragt wurde.Ansonsten müssten kontaminierte Futter-oder Lebensmittel vom Markt genommen und die Betroffenen entschädigt werden.

    Verantwortungslos,dass trotzdem die Zulassung erteilt wurde-und das,obwohl nicht mal die dafür vorgeschriebenen Studien (z.B.Fütterungsversuche) vorgelegt wurden.

    Wenn uns also diese Regierung nicht vor diesem Horror schützen mag oder kann-enorme Parteispenden, müssen wir von gendreck-weg ein Zeichen setzen und entsprechend handeln.Unserer Gesundheit und der Umwelt zuliebe.

  • MD
    Martin D.

    Das sind Helden!

  • JD
    Jay Dilla

    Auch wenn ich keinen anderen Menschen schaden gönne, muß ich diese Aktion doch belobigen! Denn auch BASF wird mit dieser tollen Kartoffel alles andere als den Welthunger stillen wollen, sondern viel mehr die eigene Gier! Koste es, wie so oft, was es wolle!

     

    Leidtragende sind wieder die Ahnungsloses Bürger, denen man mit millionen schweren Imagekampangen suggerieren will das Gentechnik sich sei.

     

    Danke gendreck-weg.de!