Nicht versetzt, sondern gleich entlassen: Dolchstoß vom Personalrat
Ein schwerbehinderter Handwerker der Baubehörde kämpft um seinen Job und erringt vor dem Bundesarbeitsgericht einen Etappensieg. Der Fall wird neu verhandelt.
Muharrem D. schöpft wieder Hoffnung: Vielleicht gelingt es ihm doch noch, in dem Revisionsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht, das den Rausschmiss eigentlich schon besiegelt hatte, seinen Arbeitsplatz in der Baubehörde zu retten. "Statistisch gesehen hat eine Beschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, nur in zwei Prozent der Fälle eine Chance", sagt sein Rechtsanwalt Rolf Geffken. Im Fall Muharrem D. folgte das Bundesarbeitsgericht (BAG) seinem Ansinnen: Es schickte den Fall zum Landesarbeitsgericht zurück.
Denn der Fall Muharrem D. gewinnt langsam eine ähnliche Bedeutung wie der Fall jener Kassiererin, die liegen gebliebene Pfandmarken im Wert von 1,38 Euro eingelöst hatte und gefeuert worden war. Muharrem D. - dessen Name nur aus Rücksicht auf seine schulpflichtigen Kinder nicht ausgeschrieben wird - soll seine Arbeitnehmerrechte "exzessiv" wahrgenommen und einen Vorgesetzten beleidigt haben. Der 36-Jährige schwerbehinderte Handwerker hatte sich aus gesundheitlichen Gründen mehrfach geweigert, an ihn übertragene Aufgaben zu übernehmen. Er bekam deshalb mehrere Abmahnungen, die er aber erfolgreich aus der Personalakte entfernen ließ. Dann die erneute Weisung. "Ich sollte elektrische Geräte prüfen. Aber ich konnte die Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht machen", sagt Muharrem D.
Der Familienvater legte ein ärztliches Attest vor und schaltete seinen Anwalt Rolf Geffken ein. Deshalb sei es zu einem Streit mit dem Vorgesetzten gekommen, wobei D. sinngemäß gesagt haben soll: "Ich bringe das Geschwür zum Platzen", so der Vorwurf. "Die Aussage habe ich so nie gemacht", beteuert D. gegenüber der taz.
Er erhielt dennoch die fristlose Kündigung, nach 15 Jahren Tätigkeit in der nunmehr von der Grünen Anja Hajduk geführten Baubehörde. "Ihr Verhalten kennzeichnet sich dadurch, dass Sie solche in einem Beschäftigungsverhältnis typischen Vorgänge zum Anlass nehmen, sich bei den unterschiedlichsten Stellen im Haus zu beschweren", so der Vorwurf. "Besonderes Gewicht kommt dabei den grundlosen Beschwerden über vermeintliche Pflichtverletzungen Ihrer Vorgesetzten zu."
Der Personalrat unter der Vorsitzenden Sabine Wils - die heute für die Linkspartei im Europa-Parlament sitzt - stimmte dem Rausschmiss zu. Ohne Muharrem D. zu dem Vorfall auch nur anzuhören.
Vor dem Arbeitsgericht dann die Überraschung: Der vermeintlich beleidigte Vorgesetzte räumte aus freien Stücken ein, Muharrem vor dessen Aussage provoziert und als "Arschloch" bezeichnet zu haben. Arbeitsrichterin Elke Mascow sah zwar deshalb die fristlose Kündigung als unwirksam an, erklärte aber im gleichen Atemzug das Arbeitsverhältnis dennoch als beendet: wegen Zerrüttung. Eine "den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit" sei nicht mehr möglich, so Mascow. Sie bezog sich auf ein BAG-Urteil, wonach die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters im Büro einer Kirchengemeindenach einem Rechtsstreit für nicht mehr zumutbar erklärt worden war. Nun hatte jenes Büro gerade mal zehn Mitarbeiter, Hamburgs Öffentlicher Dienst dagegen zählt 100.000.
Das Landesarbeitsgericht unter dem Vorsitzenden Rainer Schaude bestätigte das Urteil und ließ keine Revision zu. Der Arbeitsrechtsexperte Rolf Geffken legte trotzdem Beschwerde beim BAG ein. Die obersten Arbeitsrichter kritisierten zwar nicht grundsätzlich die Entscheidungen der Vorinstanzen, monierte jedoch, dass der Personalrat der Baubehörde Muharrem D. keinerlei Gelegenheit gegeben hat, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Damit sei das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden, die Anhörung fehlerhaft gewesen und die Kündigung unwirksam. Das Landesarbeitsgericht muss nun den Fall erneut verhandeln.
Leser*innenkommentare
Lars Richtmann
Gast
Sabine Wils hat anscheinend Probleme mit behinderten Arbeitnehmern, oder warum wurde dieser von Ihr nicht mal angehört ?
Diese Berichterstattung unbedingt im WWW verbreiten und Menschen darauf (auf Sabine Wils) aufmerksam machen.
www.stoppt-die-linke.de
Thomas Sturm
Gast
Das ganze zeigt doch wieder einmal, dass DieLinke-Politik, hier durch Sabine Wils mit Vorsicht zu geniessen ist.
Nicht umsonst werden diese (nicht nur) vom Verfassungsschutz unter die Lupe genommen, sondern auch von der lesenden Bevölkerung.
Raimund Schopf
Gast
Sabine Wils ist in Hamburg nicht mehr wählbar.
Sie ist arbeitnehmerfeindlich orientiert.
Diese Frau kann keine Linke sein, vielmehr tut sie nur so. Anders kennt man dieses Wesen auch nicht.
Jose Greco
Gast
Sabine Wils hat mit Ihrem Verhalten für einen Eintrag bei Wikipedia gesorgt(siehe unter Kritik).
http://de.wikipedia.org/wiki/Sabine_Wils
Georg Schröder
Gast
Als Mitarbeiter der Hamburger Umweltbehörde lernte ich im November 2006 zum Gütetermin Richter Schaude kurz kennen. Im Januar 2007 war der KLIMA e. V. im Saal und mein Anwalt aus dem Kurort Bad Doberan bei Rostock. Die taz hat 1997 mit einer Veröffentlichung zur damaligen Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel deren Amtszeit beendet. 1998 wurden falsche Abgaben der Baubehörde zu Sanierungen ab 1980 im Hamburger Abendblatt publik "Das Gift lauert noch im Boden von Eidelstedt". Wegen Straftat und Bußgeldtatbeständen ist ein Antrag auf Kündigung bei der Sozialbehörde zwar nichtig, aber in Hamburg ist sie möglich, weil Frau Fischer-Menzel bis 1993 die Grundsatzabteilung der Umweltbehörde leitete.
Zum Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Sozialabgaben wegen fehlender Beurteilungen und Eingruppierungen hat sich der Personaleiter 2004 telefonisch geäußert. Sabine Wils 2006 nicht geäußert. 2000 ist unter ihrem Vorsitz ein Teil des Schadens behoben worden.
Adolf Preußmann
Gast
Diese "Personalrats(nicht)anhörung" durch Sabine Wils und die Berichterstattung über diesen Skandal werden diese möchtegern Linke-Politikerin auf der politischen Bühne "stets" begleiten und kennzeichnen.
Levy Goldbach
Gast
Ein erschreckendes Urteil des Landsarbeitsgericht Hamburgs.
Besser gesagt, Skandalurteil des Richter Rainer Schaude mit "summa cum laude".
Raimund Schopf
Gast
Sabine Wils ist in Hamburg nicht mehr wählbar.
Sie ist arbeitnehmerfeindlich orientiert.
Diese Frau kann keine Linke sein, vielmehr tut sie nur so. Anders kennt man dieses Wesen auch nicht.
Jose Greco
Gast
Sabine Wils hat mit Ihrem Verhalten für einen Eintrag bei Wikipedia gesorgt(siehe unter Kritik).
http://de.wikipedia.org/wiki/Sabine_Wils
Georg Schröder
Gast
Als Mitarbeiter der Hamburger Umweltbehörde lernte ich im November 2006 zum Gütetermin Richter Schaude kurz kennen. Im Januar 2007 war der KLIMA e. V. im Saal und mein Anwalt aus dem Kurort Bad Doberan bei Rostock. Die taz hat 1997 mit einer Veröffentlichung zur damaligen Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel deren Amtszeit beendet. 1998 wurden falsche Abgaben der Baubehörde zu Sanierungen ab 1980 im Hamburger Abendblatt publik "Das Gift lauert noch im Boden von Eidelstedt". Wegen Straftat und Bußgeldtatbeständen ist ein Antrag auf Kündigung bei der Sozialbehörde zwar nichtig, aber in Hamburg ist sie möglich, weil Frau Fischer-Menzel bis 1993 die Grundsatzabteilung der Umweltbehörde leitete.
Zum Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Sozialabgaben wegen fehlender Beurteilungen und Eingruppierungen hat sich der Personaleiter 2004 telefonisch geäußert. Sabine Wils 2006 nicht geäußert. 2000 ist unter ihrem Vorsitz ein Teil des Schadens behoben worden.
Adolf Preußmann
Gast
Diese "Personalrats(nicht)anhörung" durch Sabine Wils und die Berichterstattung über diesen Skandal werden diese möchtegern Linke-Politikerin auf der politischen Bühne "stets" begleiten und kennzeichnen.
Levy Goldbach
Gast
Ein erschreckendes Urteil des Landsarbeitsgericht Hamburgs.
Besser gesagt, Skandalurteil des Richter Rainer Schaude mit "summa cum laude".
Freimaurer Karl
Gast
Rainer Schaude ist jetzt ein bekannter Richter geworden, der sich mit diesem Urteil disqualifiziert hat. Das Bundesverdienstkreuz wird er mit Sicherheit nie erhalten.
Geronimo
Gast
Wirtschaft und Politik reden von Fackräftemangel.
Der Arbeitsrichter Rainer Schaude vom Landesarbeitsgericht Hamburg sorgt mit solchen Skandalurteilen für Nachschub.
Willkommen in der Steinzeit Herr Richter.
Josef Müller
Gast
Rainer Schaude ist unter Juristen ein umstrittener Richter.
TomTom
Gast
Kein n o r m a l e r Arbeitsrichter hätte so geurteilt wie Richter Rainer Schaude.
Das Ansehen des gesamten Gerichts wird durch solche skandalösen Richterentscheidungen stark erschüttert.
Levon
Gast
Schade, dass hohe Arbeitsrichter so (vor/ver)urteilen.
Levon
Gast
Schade, dass hohe Arbeitsrichter so (vor/ver)urteilen.
Thorsten
Gast
Die nächste "schnelle Beförderung" vor der Pensionierung dürfte sich wohl erledigt haben.
NoBarbar
Gast
Eine 5 Sterne Überschrift und super Berichterstattung. Es lebe die Pressefreiheit, es lebe die TAZ sowie Google und das Internet.
Denn Google und das Internet vergessen niemals.
***** (Five Stars).
Levke Räse
Gast
Was ist eigentlich aus dem Vorgesetzten geworden, der einen Beschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg mit A... provoziert ? (Die Würde des Menschen ist unantastbar; Grundgesetz)
Der "Provokateur" hier der Vorgesetzte hat den Rausschmiss verdient ! was ist eigentlich aus diesem Fall geworden ?
Früher haben sich Provokateure als Steinewerfer vermummt, heute verkleiden die sich als Vorgesetzte, einfach nur pervers, das mit solchen Methoden Existenzen ruiniert werden, mit Hilfe von Arbeitsrichtern.
Regina.Bremer
Gast
Als Richter Rainer Schaude im Fall Eva Herrmann gegen den NDR sich in der Presse einen Namen gemacht hat und im Lichte stand, so sieht man im Falle des schwerbehinderten Handwerkers der Baubehörde, dass er auch im Schatten stehen kann, durch sein Fehlurteil "Im Namen des Volkes".
Lutz Burmeister
Gast
Ist das nicht die Arbeitsrichterin Elke Mascow, die Akten von Ausländerinnen die klagen, an die Ausländerbehörde weiterleitet ? Dubios, Dubios, Dubios... Vor allem dann, wenn man selbst einen ausländischen Namen via Mascow hat.
Siehe unten:
http://www.taz.de/1/nord/artikel/?dig=2008%2F04%2F07%2Fa0145&src=UA&cHash=fd5d932124
Daniel Weser
Gast
Ich bin selbst ein Gewerkschafter und Personalrat, seit fast 10 Jahren. Ich würde mich nicht noch einmal entscheiden, ein Personalrat zu werden. Die deutschen Personalräte machen mir Angst.
A.Bedner
Gast
Sabine Wils hat durch diese Fehlentscheidung (Zustimmung der Kündigung, ohne Anhörung des Betroffenen) nicht nur ihrem Ansehen geschadet, sondern auch dem ihrer Partei, der Linken.
Saskia
Gast
Wenn Arbeitnehmerrechte wie in diesem Fall vom Personalrat einer Behörde und vom Gericht so missachtet werden, dann kann man in Deutschland statt einen Prozess zu führen, ebenso gut würfeln.
Horst German
Gast
Ohne eine ordentliche Personalratsanhörung ist "jede" Kündigung unwirksam.
Ein Richter wie Schaude, der auch noch das Grundrecht des Betroffenen verletzt und die Revision blockiert haben soll, ist für diesen Prozeß eine Mutprobe.
Ich rate dem Betroffenen sich weiterhin zu wehren und nicht aufzugeben.
Wie "link(s)" muß diese Personalratsvorsitzende und jetzige Europaparlamentsabgeordnete SABINE WILS nur sein ?
S.Schuster
Gast
Richter Rainer Schaude scheint den Arbeitnehmer nicht zu mögen, sonst hätte er die Revision zugelassen.
Er hätte wissen müssen, daß die Personalratsanhörung fehlerhaft war.
Ich denke, er war mit diesem Fall einfach nur überfordert, weil er gegenüber "seinem" Arbeitgeber nicht unangenehm auffallen wollte.
S.Schuster
Slaver
Gast
Personalräte sind keine Rechtsanwälte und keine Richter. Daher sollten sie keiner Kündigung ohne die "Anhörung" des betroffenen Arbeitnehmers zustimmen.
Hier wäre das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" zu prüfen, wenn der betroffenen u.a. behindert, eine andere ethnische Herkunft hat etc.
Annegret Bedner
Gast
Diese Überschrift ist nicht ok. Habt Ihr den Personalrat zu diesem Artikel vor der Veröffentlichung "angehört"?
Ihr schadet den Interessen behinderter Menschen, wenn ihr den Betroffenen zu einem Opfer macht und auf seine Schwerbehinderung verweist und suggeriert, die Kündigung sei wegen der Behinderung erfolgt; auch die berichtete Entscheidung, der konkrete Anlass für diesen Artikel, nimmt auf die Anhörung des Personalrates Bezug und in keinster Weise auf den besonderen Kündigungsschutz behinderter Menschen.
Das ist die gleiche journalistische Methode, die etwa Schlagzeilen produziert wie "Südländer vergewaltigt deutsche Frau" oder "Juso beißt wehrloses Kind". Sehr oberflächlich und sehr polemisch - nicht gründlich, nicht sorgfältig.
Tenor: Der Schwerbehinderte ist ein Querulant,
so lesen andere Arbeitgeber diesen Artikel. Vielen Dank!