AFFÄRE: Unkontrollierte Geldflüsse

Scheinbeschäftigung und nicht genehmigte Zulagen: Der frühere Direktor der Bremer Landesmedienanstalt (Brema) wird der Untreue im Amt bezichtigt.

Wer 142 Monate lang 700 Euro draufgelegt bekommt, kann nicht klagen - die Gebührenzahler schon Bild: dpa

Der Rechts- und Finanzausschuss der Bremer Landesmedienanstalt (Brema) berät auf seiner heutigen Sitzung über ein vertrauliches Gutachten mit brisantem Inhalt: Der vergangenes Jahr in den Ruhestand getretene Direktor der Anstalt, Wolfgang Schneider, soll einem führenden Mitarbeiter über Jahre hinweg nicht von den zuständigen Gremien genehmigte Zulagen in Gesamthöhe von fast 100.000 Euro gewährt haben. In einem anderen Fall ist von möglicher Scheinbeschäftigung die Rede.

Die ersten Informationen über diese Verdächtigungen wurden von Radio Bremen verbreitet, das mit der Brema über einen gemeinsamen Gebührentopf verbunden ist: Die fast 1,8 Millionen Euro, die den Jahresetat der Brema ausmachen, werden von der Summe abgezogen, die die die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) für Radio Bremen einsammelt. Auch angesichts der prognostizierten Haushaltsdefizite bei der Brema liegt ein kritischer Blick auf deren Haushaltsgebaren nahe: Erst kürzlich musste der Bürgerrundfunk deutliche Strukturveränderungen hinnehmen, weil sein Fernsehstudio in Findorff als nicht mehr finanzierbar galt.

Nach Einschätzung von Franca Reitzenstein, der Vorsitzenden des Rechtsausschusses, ist nun eine Schadensersatzforderung der Brema an ihren früheren Direktor wahrscheinlich. "Ich gehe davon aus, dass das Gutachten keine großen Spielräume lässt", sagt Reitzenstein der taz. Neben zivilrechtlichen Maßnahmen müsse zudem die strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe ins Auge gefasst werden. Juristisch ausgedrückt geht es um "Untreue im Amt". Als "sehr ernst" schätzt der Vorsitzende des Landesrundfunkausschuss, Felix Holefleisch, die Situation ein: "Vor Einsicht in die Unterlagen hätte ich es nie für möglich gehalten, dass so mit Gebührengeldern umgegangen wird."

Nach Informationen der taz hat Schneider seinem Mitarbeiter bereits am 4. 12. 2002 in einem handschriftlichen Vermerk einen Gehaltssprung von 700 Euro monatlich garantiert. Als sich der Rechts- und Finanzausschuss der Anstalt nicht bereit fand, eine entsprechende Höhergruppierung zu empfehlen - der Betreffende bekam bereits Gehalt nach BAT I a - ließ Schneider das Geld kurzerhand als "Zulage" auszahlen. Diese Zulage deklarierte er ausdrücklich als unbefristet. Vor diesem Hintergrund konnte sich der Betreffende vor dem Landesarbeitsgericht gegen das Ansinnen der neuen Brema-Direktorin wehren, die Zulage wieder zu streichen.

Neben der neuen Direktorin nahm auch der Landesrechnungshof heftigen Anstoß an der Schneiderschen Vergütungspraxis: Weder für die Eingruppierung einzelner leitender Mitarbeiter noch für die Zulagengewährung sah er die Voraussetzungen als erfüllt an, zudem fehlten aussagekräftige Arbeitsplatzbeschreibungen.

In einem besonders unklaren Fall geht es um jahrelange Zuwendungen an die Tochter einer Mitarbeiterin, die sich auf 20.000 Euro summieren. Über entsprechende Arbeitsleistungen fehlen nach Angaben von Holefleisch jedwede Tätigkeitsnachweise. Schneider selbst sagte gegenüber der taz, ohne Anwalt zu keinem der Vorwürfe eine Stellungnahme abgeben zu wollen.

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