Flutkatastrophe in Pakistan und Indien: Viel zu wenig Hilfe

Im Umgang mit den Überschwemmungen in Pakistan und Indien haben die Regierungen versagt. Umso erfolgreicher erscheinen Hilfsaktionen radikal-islamischer Gruppen.

Fliehen durch die Fluten: Einwohner retten sich nahe der Stadt Bannu in der pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa aus ihren Dörfer. Bild: dpa

Ein Jahr nach einer der trockensten Monsunzeiten seit Jahrzehnten in Pakistan und Nordindien nimmt die diesjährige Flutkatastrophe in der Region immer größere Ausmaße an. Dabei gerät die pakistanische Regierung aufgrund unzureichender Hilfsmaßnahmen zunehmend in die Kritik. Umso mehr appelliert Islamabad nun an die internationale Solidarität. Dabei kommt von der Hilfe der militärischen Verbündeten, USA und Nato, bisher wenig an.

Am Samstag und Sonntagmorgen konnten die 85 amerikanischen Hubschrauber, die die USA bisher zur Rettung von Flutopfern in Pakistan einsetzten, aufgrund des Regens nicht starten. Damit war die Hilfsaktion der USA erst einmal gestoppt. Umso erfolgreicher erscheinen daher die freiweilligen Hilfsaktionen radikaler islamischer Organisationen wie der Falah-e-Insaniat-Stiftung, die täglich für Hunderttausende gratis Essen ausgeben und in zahlreichen Katastrophengebieten vor Ort Hilfe leisten.

Aufgrund der Wetterberichte, die bis Dienstag weiteren Regen ankündigen, evakuierten pakistanische Soldaten auch am Sonntag tausende von Dorfbewohnern am südlichen Unterlauf des Indus, dem Pakistan dominierenden Flusslauf. Dort wird in den nächsten Tagen eine weitere Ausdehnung der Überschwemmungen erwartet, die seit zwei Wochen von Norden nach Süden entlang des Indus fortschreiten.

Nach seit Tagen nicht aktualisierten Regierungsangaben haben die Fluten bislang 1.600 Opfer gefordert. Seither gibt es ständig neue Todesmeldungen. Die pakistanische Tageszeitung The News International berichtete von 173 weiteren Opfern allein in Nordpakistan. Die internationalen Organisationen sind aufgeschreckt. Das Ausmaß der Schäden sei "viel schlimmer als erwartet," räumte der UN-Sondergesandte Jean-Maurice Ripert ein.

Tatsächlich gingen bisher die Einschätzungen der Flutkatastrophe zwischen UN und Islamabad weit auseinander. Die UN sprach von 4 Millionen, die pakistanische Regierung von 12 Millionen Betroffenen der Flut. Inzwischen scheinen sich die düsteren Ansichten zu bestätigen. In den letzten Tagen wurden bereits Hunderttausende in den Südregionen evakuiert. Doch ist unklar, ob die Maßnahmen ausreichen. Der pakistanische Premierminister Yousuf Raza Gilani bat deshalb sowohl die Nato als auch die USA um Hilfe.

Doch sind die zahlreichen Nato- und US-Truppen in der Region offenbar nicht auf humanitäre Einsätze vorbereitet. Mit Ausnahme der erwähnten 85 US-Hubschrauber sind die westlichen Truppen im nahen Afghanistan bislang nur Zuschauer inmitten der Katastrophe. Ihre ideologischen Gegner aber reagieren umso schneller: Viele soziale Frontorganisationen radikaler islamischer Gruppen versorgen die Flutopfer in Pakistan seit Tagen mit Gratis-Lebensmitteln. Schon befürchten politische Beobachter in Islamabad einen bedeutenden Glaubwürdigkeitsverlust der demokratisch gewählten Regierung und ihrer westlichen Verbündeten. Besonderer Ärger galt dem gewählten pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardari, der trotz Fluten am Freitag und Samstag in einem Luxushotel in London wohnte.

Tödliche Fluten trafen am Wochenende auch Indien und China. Im indischen Touristenort Leh in der Region Kaschmir starben mindestens 132 Menschen nach Erdrutschen, darunter fünf ausländische Wanderurlauber. 500 Menschen gelten als vermisst. In China starben mindestens 127 Menschen in der Provinz Gansu nördlich des Himalajas, ebenfalls nach von Fluten ausgelösten Erdrutschen.

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