Ahlhaus wirbt um Koalitionspartner: Am grünen Faden
Vor seinem Auftritt beim Koalitionspartner bemüht sich der designierte Bürgermeister Ahlhaus um einen Imagewandel und eine Abkehr vom konservativen Profil.
HAMBURG taz | Es ist die Woche der Entscheidung. Bis kommenden Sonntag muss Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) zittern, dann weiß er, ob sich sein Karriereziel erfüllt, Ole von Beust als Bürgermeister der Hansestadt zu beerben. Das politische Schicksal des 40-Jährigen hängt am grünen Faden: Es ist die Basis der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL), die am Sonntag den Daumen über den gebürtigen Heidelberger hebt oder senkt.
Damit entscheidet sie auch über Ende oder Fortbestand der ersten schwarz-grünen Landesregierung. Zuvor muss Ahlhaus am Mittwoch auf einem GAL-Mitgliederabend eine Bewerbungsrede in eigener Sache halten. Ein Auswärtsspiel, dem er "mit Lampenfieber" entgegensieht, wie er der taz sagte.
Seit der Rücktrittsankündigung von Ole von Beust vor vier Wochen ist Ahlhaus unaufhörlich dabei, grüne Klinken zu putzen und sich dabei neu zu erfinden. Seine bisherige Rolle in der schwarz-grünen Koalition steht Ahlhaus politischer Zukunft im Wege. Als Innensenator war er dafür zuständig, die konservative Klientel auf dem Weg in die schwarz-grüne Koalition an die Hand zu nehmen. Den CDU-Rechten zu zeigen, dass Law and Order auch mit einem grünen Koalitionspartner machbar ist. Die Rolle machte den Senator in der Wahrnehmung vieler Grüner zum Bad Guy des Koalitionspartners. Das Image muss der CDU-Politiker binnen weniger Tage grundlegend ändern, will er für die Grünen wählbar sein.
So trifft sich Ahlhaus - fast immer mit Frau Simone - dieser Tage mit Journalisten bevorzugt im Hamburger Schanzenviertel. Dem Quartier eilt der Ruf voraus, die Hochburg der autonomen Szene und all jener Kräfte zu sein, die noch links von der GAL stehen. Da hat er keine Berührungsängste, das sollen alle wissen. In seinem bisherigen Amt als Hamburger Innensenator habe er auch eine gewisse Rolle zu erfüllen gehabt, sagt er jetzt.
Nun gehe es darum, eine andere Seite des Politikers Ahlhaus zu zeigen. "Ein konservatives Profil ist nicht meine Ziellinie", sagt er im taz-Gespräch - und präsentiert sich als Garant für die Fortsetzung einer schwarz-grünen Koalition mit der CDU. Die "vielleicht etwas eindimensionale Wahrnehmung" seiner Person gelte es zu verändern. Es gehe jetzt um "die Reifeprüfung für Schwarz-Grün", sagt er: "Hängt das an der Person Ole von Beust, oder ist es ein stabiles Politikmodell?"
Seinen Wandel zur multiplen Persönlichkeit nehmen manche Grüne dem CDU-Politiker aber nicht ab. Sie mutmaßen, dass es aus ihrer Sicht unter Ahlhaus "definitiv einen Rechtsruck geben" werde. Ein Antrag an die GAL-Mitgliederversammlung, "den Bruch der Koalition herbeizuführen", liegt bereits vor. Solche Zweifel hofft Ahlhaus am Mittwoch zerstreuen zu können. "Fragt mich, was ihr wollt, redet mit mir, macht euch ein Bild von mir", appelliert der designierte Bürgermeister im Gespräch mit der taz an die grüne Basis: "Dann gebt mir eine faire Chance."
Leser*innenkommentare
sooderso
Gast
Natürlich wird die GAL es weiter mit der CDU machen. Mir scheint das allerdings nicht die eigene Überzeugung der Hamburger GAL zu sein, als vielmehr die Vorgabe der Bundes-Grünen. Sie möchten parteitaktisch auch als CDU-Partner für andere Landtagswahlen machbar bleiben. Werfen sie nun hin – was politisch eigentlich unvermeidbar ist – sind die Grünen wieder nur als Partner mit der SPD/Linke vorstellbar. Ob die GAL dann in 2 Jahren aber noch von ihren Wählern gewählt werden, bleibt abzuwarten. Es wird Zeit für eine neue Grüne Partei!
Der Wandsbeker
Gast
Der Koalitionsvertrag wurde zwischen der CDU - und nicht zwischen Herrn von Beust - sowie der GAL verhandelt. Würde dieser Vertrag aufgekündigt, weil sich das Personal an der Spitze verändert, bedeutet dies das Personalpolitik vor Programmatik steht.
Die GAL wäre nach meiner Meinung gut beraten, sie
orientierte sich an das was sie wiederholt bekundet,
nämlich an Inhalte !
Eimsbüttler
Gast
Wie schon einmal von mir geschrieben:
Natürlich wird die gaL mit Herrn Ahlhaus ins Bettchen springen.
Diese ehemals alternative Partei würde alles dafür tun, um an den Pfründen der Macht zu bleiben.
Eine Partei die Menschenrechts-Verletzungen (Brechmittel-Einsatz durch O. Scholz) hinnimmt, ist alles zu zutrauen.
Ich habe die gaL seitdem nicht mehr gewählt, du das obwohl ich die gaL seit den Zeiten der Bunten Liste immer gewählt hatte.
runzbart
Gast
als ob politische beliebigkeit nun sooo viel besser als knallharter strukturkonservatismus wäre.
Hannes
Gast
Dieser Bürgermeister könnte der letzte von der CDU sein - jedenfalls ist er weder populär, noch passt er für Schwarz-Grün, noch hat er die Größe, um die vielen Konflikte und Probleme von GAL und CDU zukaschieren. Aber das eigentliche Problem der GAL ist die SPD: mit dieser Partei ist einfach kein Blumentopf zu gewinnen. Zum einen sind die Genossen vollkommen gespalten und zerstritten, zum anderen passen deren Karrieristen eindeutig besser zur CDU als zu den Grünen.
Deswegen könnte es auch nach einer Wahl: Schwarz-Grün heißen.