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Autor Roland Seidl über Schule"Der Gleichschritt ist das große Übel"

Schulen leiden unter der Methode "Gleichschritt": Alle das Gleiche in der gleichen Zeit. Eine Änderung der Lernkultur ist jedoch schwierig, sagt der Lehrer und Buchautor Roland Seidl.

Die Sophie-Scholl-Schule hat für ihre Konzept 2010 den Deutschen Schulpreis erhalten. : dpa
Interview von Christian Füller und Anne Nill

Herr Seidl, Hamburgs Bürger haben sich klar gegen die Reform der Grundschule ausgesprochen. Haben Sie sich getäuscht damit, dass ein Totalumbau der Schulen nötig ist?

Roland Seidl: Die Bereitschaft zu einem radikalen Schnitt ist bei den Menschen offenbar noch nicht da, das stimmt. Dennoch glaube ich fest daran, dass es so nicht weitergehen kann. In unseren Schulen herrscht heute eine Kultur des Drucks und der Ausgrenzung, mit der niemand zufrieden ist.

Warum wenden sich die Eltern dann gegen sachte, aber richtige Modernisierungen wie in Hamburg?

Die Bürger dort haben sich meines Erachtens nicht gegen eine innere Schulreform gewandt, sondern sie haben ihr Gymnasium beschützt. Wer heute das Gymnasium angreift, der holt sich ein blaues Auge. Die Hamburger haben sich dagegen gewehrt, dass man ihnen zwei Jahre Gymnasium wegnimmt. Das war der Punkt. Sie wollten ihre Vorteile behalten.

Noch mal zurück zum Grundsätzlichen: Was läuft schief an den deutschen Schulen?

Es herrscht zu viel Druck. Und das liegt in den Noten begründet. Wenn ein Schüler im Leben weiterkommen will, braucht er gute Noten. Und die versucht er mit möglichst geringem Aufwand zu bekommen. Daraus ergibt sich eine grundsätzlich problematische Grundhaltung der Schüler und der Eltern, die das Interesse an dem zu Lernenden in den Hintergrund und die Note in den Vordergrund rückt.

Im Interview: 

Roland Seidl, Jg. 1952, ist Lehrer und Autor des Buchs "Reißt diese Schulen ein! Wege aus der Bildungskrise" (Kösel 2009, 17,95 Euro). Er ist seit 1977 im Schuldienst. Seit 1998 kennt Sl integrierende Lernmethoden aus der Nähe - er arbeitet an einer Gesamtschule. Er war in der Lehrerfortbildung tätig und entwickelte Software für den Unterricht. Seidl lebt in Bad Camberg, Hessen.

Altes vs. neues Lernen

Der Hamburger Volksentscheid hat nicht nur die sechsjährigen Primarschulen gestoppt, er ist auch ein Schlag gegen andere Formen des Lernens. Die Diskussion geht weit aber über die Hansestadt hinaus. In ganz Deutschland arbeiten Schulreformer und die Politik angesichts des großen Schulsterbens daran, wie man gemeinsames Lernen organisieren kann. Nur so ließe sich das Zurücklassen und frühe Aussortieren von Kindern vermeiden - das Hauptproblem der deutschen Schule mit durchschnittlich 20 Prozent Risikoschülern. Die Krux ist, dass alle über neue Lernformen reden, aber nur wenige wissen, wie das Lernen des 21. Jahrhunderts aussieht. Rund 100 Schulen in Deutschland beherrschen das individuelle und selbstständige Lernen - mit Wochenplänen, Freiarbeit und großen echten Lernprojekten, bei denen die Kinder viele Mitsprachemöglichkeiten haben. Zuletzt machte erneut der Schulpreisträger der Bosch-Stiftung Furore: die Sophie-Scholl-Schule in Hindelang (Bayern) hat Hauptschule, Realschule und Gymnasium unter einem Dach. Wie das geht? Mit einem Konzept radikal individuellen und selbstständigen Lernens. http://tiny.cc/scholl

Worin liegt das Missverständnis genau?

Die Leute denken, dass eine gute Schule eine harte Schule ist, in der von der Gruppe viel verlangt wird. Und zwar von allen das Gleiche. Das große Ziel ist, dass alle Schüler mitkommen, wie wir es gern sagen. "Hauptsache, du kommst mit", predigen die Eltern ihrem Kind. Für viele wird es zu einer Qual, sie kommen nur unter größter Mühe mit, und die Eltern wissen nicht, was sie ihnen antun

Diese Methode hat über Jahrhunderte irgendwie funktioniert. Warum jetzt nicht mehr?

Die Kinder haben sich geändert, aber die Schule ist gleich geblieben. Wir haben in der ersten Klasse heute ein sehr weites Leistungsspektrum. Es gibt Schüler, die können lesen, schreiben, rechnen. Aber es gibt welche, die werden das auch nach drei Jahren noch nicht richtig können.

Was könnte man tun, um allen besser zu helfen?

Wir sollten die Grundschule viel flexibler gestalten. Man sollte sagen: Jeder Grundschüler muss drei Jahre da sein, aber wer fünf Jahre braucht, um sich gute Grundlagen für die weiterführende Schule zu erarbeiten, der braucht eben fünf.

Und die Schüler, die nur drei Jahre da sind?

Es kommen Kinder in die Grundschule, die schon viel können. Warum sollen die nicht Gas geben dürfen?

Ja, aber wie macht man das denn: Die Langsamen nehmen sich Zeit, die schnelleren geben Gas - und trotzdem bleiben die Kids in einer Klasse?

Das ist die große Kunst und zugleich der Kern des neuen Lernens. Es geht darum, die schwachen Kinder an die Inhalte heranzuführen und dennoch die, die schon vieles können, nicht zu langweilen. Durch Lernen im Gleichschritt gelingt das nicht, das ist klar. Denn der Gleichschritt ist das eigentliche Übel unserer Schulen.

Warum?

Weil dabei vorprogrammiert ist, dass die einen Kinder das Interesse verlieren und die andern hoffnungslos überfordert sind. Schon in der Grundschule verlieren die Kinder so ihre Neugier. Mit Gleichschritt meine ich nicht nur Frontalunterricht, sondern jede Unterrichtsform, die ein Ziel setzt, das jeder zu einer bestimmten Zeit erreicht haben muss.

Kann es sein, dass sie das Gleichschrittthema zu wichtig nehmen?

Nein, das ist das Schlüsselproblem, bei dem unsere Didaktik und unsere Schulformen zusammenspielen. Ich glaube sogar, dass unsere massiven Disziplinprobleme aus der Überforderung kommen, die sich aus dem Gleichschritt ergeben. Sehen Sie sich die Gymnasien an, die nehmen heute 40 bis 50 Prozent eines Jahrgangs auf. Aber für einen Gutteil einer Gymnasialklasse ist es ganz schwer, bei den Rennpferden mitzukommen.

Also sollte man sie sitzenlassen?

Nein, das nicht! Die Methode muss sich ändern. Jeder soll in seiner Geschwindigkeit lernen.

Manche Leute nennen das Kuschelpädagogik.

Ich weiß, genau darin liegt das Missverständnis. Man will die Spreu vom Weizen trennen, also Kinder aussortieren. Die Leute finden das auch noch gut, aber das ist falsch. Das können wir uns nicht mehr leisten. Jeder einzelne soll an seine Grenze herangeführt werden, aber so, dass er es bewältigen kann, also positiv, bestärkend. Wenn Sie das mit einer ganzen Lerngruppe im Gleichschritt machen, dann brauchen Sie im übertragenen Sinne die Peitsche, Druck. Das zermürbt. Wenn Sie es aber individuell machen, dann stärkt es und bringt voran. Man hat Erfolg und nicht das Gefühl des Scheiterns.

Wie wollen Sie diese Revolution des Lernens schaffen? Viele Lehrer wissen noch nicht, was individuelles Lernen ist - und es scheint: Sie wollen es auch gar nicht wissen.

Ich weiß, dass das eine große Aufgabe ist. Aber wir dürfen dieses Ziel trotzdem nicht aus den Augen verlieren. Wir können nicht weitermachen mit unserem Pseudo- und Bulimielernen, bei dem Schüler sinnlos irgendeinen Stoff konsumieren, bis es ihnen an der Kante steht. In der Prüfung kotzen sie aus - und vergessen danach alles wieder.

In Ihrem wütenden Buch "Reißt diese Schulen ein!" sprechen Sie von einer "verdeckten Rebellion gegen das bestehende Schulsystem". Was meinen Sie damit genau?

Es herrscht eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Schulsystem. Eine Ablehnung, aus der viele Probleme entstehen: Schüler, die querschießen. Eltern, die querschießen. Klagen über Kleinigkeiten. Vandalismus.

Sie nennen das "Schulbehinderungen", also Probleme, die durch die Schule und nicht durch die Kinder ausgelöst werden.

Das dreigliedrige System fabriziert unser Schulversager weitgehend selbst. Schüler werden aufgrund ihres Verhaltens oder ihres Lernumfelds, ihres familiären Hintergrunds in die Hauptschule geschickt, auch wenn sie von ihrer Intelligenz her das Gymnasium besuchen könnten. Ich habe andererseits Kinder erlebt, bei denen Schwierigkeiten am Gymnasium vorherzusehen waren. Eltern schicken ihre Kinder trotzdem dahin - und riskieren, dass sie scheitern und in die Realschule absteigen. Manche scheitern dann erneut. Sie kommen auf die Hauptschule, fühlen sich vollends als Versager und verlassen die Schule schließlich ganz ohne Abschluss. Solche Karrieren meine ich. Sie liegen nicht im Kind, sie werden durch das System produziert.

Sie behaupten, Integrierte Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen funktionierten anders als die gegliederten Schulformen. Wo liegt der Unterschied?

In beiden Schulformen lernen die Kinder bis zur zehnten Klasse gemeinsam. In Gemeinschaftsschulen arbeiten sie außerdem individualisiert. Dadurch fällt der Stress weg, eventuell einen Kurs nicht zu schaffen. An Integrierten Gesamtschulen gibt es diesen Stress noch. Denn da lernen die Schüler in ihren Kursen noch im Gleichschritt und sind auch von der Abstufung in eine niedrigere Schulform bedroht - auch wenn sie leichter wieder in die höhere aufrücken können.

Sie gebrauchen gerne den Begriff "nachhaltiges Lernen". Was verstehen Sie darunter?

Uns Lehrer frustriert maßlos, dass man mit Schülern einen bestimmten Stoff durchnimmt. Ein Vierteljahr später will man auf den Stoff zurückgreifen und greift ins Leere. Dann frage ich mich doch: Entschuldigung, wofür habe ich denn jetzt gearbeitet? Nachhaltig ist Lernen dann, wenn das Gelernte auch nach einem Jahr noch da ist.

Herr Seidl, wie bekommt man die Schulen dazu, sich zu verändern?

Die heutigen Vorzeigeschulen sind häufig Schulen, die am Boden waren. Die Schüler liefen ihnen weg, sie standen vor der Schließung. Dann haben sich die Betroffenen zusammengesetzt. Von diesem Moment an ging in der Schule ein radikales Umdenken los. Die Veränderung kam also von innen. Das Entscheidende dürfte die innere Haltung der Betroffenen sein. Es ist sehr problematisch, so etwas von oben zu verordnen. Denn Verordnetes wird unterlaufen.

Wie kann man das Schulsystem trotzdem verändern?

Ich sehe den Weg zu anderen Schulformen darin, dass man diese in den einzelnen Schulen vor Ort vorlebt. Wir sollten Gemeinschaftsschulen einrichten, in denen eine andere Lernkultur eingeübt wird. Dort kann man zeigen, wie Kinder ohne Druck lernen, trotzdem das Ziel erreichen - und sogar besser sind.

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15 Kommentare

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  • RS
    Robert Schneidedr

    @Carsten Bittner Schade, dass Ihnen zum Thema wieder nichts einfällt, als Ihre WWL-Kampfbegriffe.

     

    Das, was Sie als "Einheitsschule" diffamieren, ist in Wirklichkeit die "Vielfaltschule" und hat die Heterogenität der Schüler zur Geschäftsgrundlage.

     

    Nehmen Sie doch einfach mal Ihre WWL-Ideologie-Scheuklappen ab und gucken Sie sich die Heterogenität an, die tatsächlich in unseren Schulen herrscht: schon an Gymnasien haben wir Lernstandsunterschiede von 100% (an den anderen Schulformen ist es deutlich schlimmer). Erklären Sie uns doch einmal, wie eine Klasse gleichschrittig unterrichtet werden soll, wenn der beste Schüler doppelt so gut/schnell lernt, wie der schlechteste.

     

    Nicht ist ungerechter, als die Gleichbehandlung von ungleichen. Und präzise das sind die Gymnasien gezwungen, Tag für Tag zu tun.

     

    Erklären Sie uns doch bitte einmal, warum es Blindenschulen gibt, aber keine Blinden-Gymnasien, Blinden-Realschulen, Blinden-Hauptschulen. Sorgt Blindheit automatisch für den Einheits-Schüler?

  • C
    Clara

    Ein sehr tendenziöses Interview, in dem ausschließlich unkritische Fragen gestellt werden, die die Selbstdarstellung des Autors und seiner Methode bejubeln.

     

    Solange derart ideologisch motiviert und pauschalisiert Schulpolitik gemacht wird, kann aus meiner Sicht nichts Gutes dabei heraus kommen.

  • G
    G.S.

    Meiner Ansicht nach ein hochklassiges Interview; - Danke an beide Parteien! Ich entnehme ihm, und da bestärken mich die Kommentare, dass unsere Schulen tatsächlich mal wieder im Dreck stecken. Schuld daran sind meines Erachtens aber weder die Didaktik als Theorielieferant noch die Polititk in ihrem unzweifelhaften Bemühen, es allen Recht zu machen (Stichwort "Stimmvieh"), sondern einzig und allein das Deutsche Schulsystem mit einer praktisch nicht vorhandenen Leistungsorientierung, - nein, nicht der Schüler, - sondern dem System der Schulträger, der der Lehrer, Ihrer Vergütung (und großenteils noch beamtenrechtlichen "Besoldung"). Es fehlt insbesondere an einem System der regelmäßigen Leistungsbewertung durch die Institution selber (Stichwort "Zielvereinbarungen"), durch die Schüler, Gremien, Eltern, also die "Kunden" der Schule. Es fehlt allerdings zuallererst an einem übergeordneten Qualitätsmanagement der Instiution Schule mit einem gelebten System der Verbesserung.

     

    Wer meint, dass eine generelle "Kunden-/Leistungsorientierung" in der öffentlichen Schule nicht anwendbar ist, der möge sich doch bitte mal im Bereich der Privatschulen informieren, oder in Ländern, in denen es keinen verbeamteten Berufsstand der Lehrer, Dozenten, Professoren, Pastoren gibt.

     

    Ich weiß, dass die explizite Einführung solch eines Systems in den letzten 20 Jahren so manches Wirtschaftsunternehmen gerade noch vor dem Ruin gerettet hat, und bin überzeugt, dass die Schule als Spiegel der Gesellschaft kein Schutzraum für Menschen sein kann, in dem völlig eigene Regeln gelten. Und dies gilt nun mal insebesondere auch für diejenigen, die das Produkt Schule herstellen!

  • PS
    Peter Schwarzmüller

    @J.S.

    "Der einzelne Schüler kann doch viel eher und verläßlicher sagen, was er braucht oder wissen will."

    Dann werde ich mal morgen in meine 7. Klasse Mathe gehen und fragen was sie so an Mathewissen brauchen. Dann kann ich im Anschluss daran vielleicht mit 3 Schülern weiter arbeiten und die anderen kuscheln noch etwas...

     

    @mfstaiger

    Vielen Dank für Ihren Einwand, der eigentlich keiner ist, sondern genau das betont, was ich auch sehe: Ein Schüler, der lernen möchte, der darf auch lernen und findet immer Lehrer, die ihn gerne unterstützen. Denn sobald ein Lehrer merkt, dass sein Engagement von Schülern gewollt ist, dann findet er auch Wege zu fördern und zu fordern - und das sogar unabhängig von finanziellen/zeitlichen Rahmenbedingungen der Schule. Die Lehrer sind nicht immer Schuld, wenn wir von unmotivierten Schülern sprechen: Es soll tatsächlich einige Schüler geben, die sind unmotivierbar und manchmal auch unbelehrbar...

    Lehrer sind meistens keine faulen Beamtensäcke und Lehrer wollen auch im Normalfall dem Schüler (egal wieviel der lernt oder nicht) nichts Böses.

     

    http://www.BlogBildung.net

    Schule.Bildung.Zukunft

  • CB
    Carsten Bittner

    Gleichschritt nein, aber Einheitsschule ja? Das ist ziemlich widersprüchlich. Wo sollen denn die Kinder hin, die, wie Herr Seidl sagt, nach drei Jahren mit der Grundschule schon durch sind? Zwei Jahre "nachdienen" als Hilfspädagogen für ihre langsameren Mitschüler? Oder etwa doch auf eine weiterführende Schule?

  • K
    Kreuzberger

    Ziemlich seltsam, dass selbst in solch einem Forum Kahl und Seidl nicht einhellig unterstützt werden. Stattdessen lese ich das Lamento angeblicher Kollegen, die so tun, als täten sie schon alles.

    Gerade die genannte Ruhrpottgesamtschule bräuchte individualisierte Lehr-Lernkonzepte und würde mit dem Erfolg Ihrer SchülerInnen und der Arbeitszufriedenheit der KollegInnen belohnt.

     

    Ich könnte nicht SchülerInnen und LehrerInnen unterrichten, wenn ich nicht glauben würde, dass sie lernen wollen.

    Differenziert, individualisiert, anspruchsvoll gegen sich und die Welt.

    Vielen Dank für das gehaltvolle Gespräch mit Herrn Seidl.

    Weiter so!

     

    PS: Ist Anne Nill ein Künstlername - sehr komisch. Grüße an CF.

  • M
    mfstaiger

    @Peter Schwarzmüller

     

    Ich bin damals in den 80-er von einer sehr schweren Realschule auf eine niveau-arme Hauptschule geflogen.

    Mein Englischlehrer (Danke nochmal, Herr Tummerer!) nahm sich meiner Kritik über die für mein Leistungsstand viel zu leichten Englisch-Arbeiten an und konzipierte für mich extra eine andere Aufgabenstellung, damit ich gefordert werde, denn ich wollte ja schliesslich den Realschulabschluss nachmachen. Durch seine Mühe, die er sich damals gemacht hatte, konnte ich später auf der Handelsschule den Anforderungen an dem Englischunterricht gerecht werden und bestehen. Nur mal so als kleines Beispiel.

  • J
    J.S.

    Vielen Dank an die Interviewer und den Interviewten. Ich habe lange nicht eine so klare Analyse gelesen.

    Darüber, daß Veränderungen anstehen, müssen wir ja hier wohl nicht debattieren.

    - Ich werde das Buch wohl lesen müssen.

     

    an Peter Schwarzmüller: Das "Abdriften in die Beliebigkeit des Gelernten" geben doch eher starre Rahmenlehrpläne vor! Wer kann denn sicher sagen, wer was wann wie zu lernen hat? Der einzelne Schüler kann doch viel eher und verläßlicher sagen, was er braucht oder wissen will.

  • BA
    Bitte Anonym wegen Dienstherren

    Ich kann dieses Pauschalgeschreibsel von wegen "das System sei Schuld" einfach nicht mehr hören. Wie stellt sich das denn Herr Seidl konkret vor, wenn er verlangt, dass jeder Sch. in seinem eigenen Tempo lernen solle? Diese Debatte haben wir seit Jahrzehnten und wurde zum Teil dadurch versucht zu beheben, kleinere Gruppen durch individuelle Fördermassnahmen zu bestärken. Will er uns tatsächlich erzählen, dass er an einer hessischen Gesamtschule (wo die Schulwelt auch noch in Ordnung ist), im Idealfall jeden seiner 30 Schüler mit speziell ausgesuchten Aufgaben für jedes Lerntempo betreut und dies neben Büchern, die er hoffentlich in seiner Freizeit schreibt, betreut ? Wenn Sie schon über das System schimpfen und den Schülern wieder einmal jegliche Form von Selbstverantwortung und eigenen Pflichten (denn die haben auch Schüler)abnehmen wollen, ganz dem allgemeinen Tenor entsprechend dass diese ja generell völlig überfordert werden in unserer Anti-Spass Schule, sollte er mal da beginnen, dass in einem Kollegium 3 unterschiedlich bezahlte Lehrertypen unterrichte, die alle unterschiedlich verdienen. Dann sollte er von Beamten erzählen, die kaum dass sie die Urkunde in der Tasche haben, entweder schwanger werden oder krank. Das System ist so wie es ist, und das können nur die Politiker und die Minister ändern. Wie sollen wir denn z.B. eine Klassenarbeit stellen ? Wollen Sie für jeden Schüler eine eigene Stellen ? Die Lehrpläne sind so wie sie sind (übrigens noch auf 13 Jahre ausgelegt) und in den zentralen Abschlussprüfungen wissen wir nicht, was abgefragt wird, also müssen wir alle Lehrbücher komplett "durchziehen". Früher, als man höchst unnütze Themen noch weglassen konnte, hatte man auch die Zeit, mal mehr auf die Bedürfnisse der Sch. einzugehen. Eine weiterer Schwachpunkt ist die Tatsache, dass z.B. an Hauptschulen mittlerweile im Halbjahrestakt Kollegien auseinander gerissen werden, da die Schulräte die Kollegen abordnen wegen sinkender Schülerzahlen und Verteilungsschlüsseln ? Ich möchte Herrn Seidl mal hier im Ruhrgebiet in einer 32er Gesamtschulklasse in Herne, Gelsenkirchen oder Bottrop erleben, wenn ich so was lese kommt einem die Wut, echt.

  • HM
    Hella Meyer

    wie schön, dass die Stimmen endlich lauter werden, die erkannt haben, dass die Neugier, die jedes Kind von Geburt an mit auf die Welt bringt, das beste Potenzial zu lernen ist. Jahrzentelang wurde dies in den ersten Schuljahren kontinuierlich platt gemacht, bis der Schüler aufhört Fragen zu stellen und nur noch lernt, damit die NOten stimmen. Wenn Lernen nachhaltig sein soll, muss das Lernklima stimmen und wenn es Spaß macht ist jedes Kind auch motiviert zu lernen. Außerdem ist beim gemeinsamen Lernen auch die soziale Kompetenz mit angesprochen, was mindestens genauso wichtig ist wie der Lernstoff.

    Wann kommt das endlich in den Köpfen der Bildungspolitiker an? Ich wünsche allen Pädagogen die Kraft, sich gegen sinnlose Anordnungen zu widersetzen und ihre Kraft zu bündeln für die Erneuerung der Schule von innen.

  • DW
    Detlef Wulff

    Der Analyse von Herrn Seidl kann ich so nicht folgen.

     

    Statt des Gleichschritts ist schon lange der Grundsatz "Fordern und Fördern" die pädagogische Maxime. Wenn man allerdings das "Fördern" schlicht nicht umsetzt, kommt das heraus, was Herr Seidl beschreibt.

     

    "Fördern" geht nicht kostenneutral. Das Wichtigste ist die entsprechende Aufstockung des Personals, so wie in den skandinavischen Ländern.

     

    Die KollegInnen haben sich den neuen Anforderungen schon längst gestellt, etwa durch Fortbildungen, und warten nur darauf, dass die Voraussetzungen durch adäquate Rahmenbedingungen (Personal, Räume, Material) erfüllt werden.

     

    Um Inhalte, die erfüllt werden müssen, von denen Herr Seidl spricht, geht es schon längst nicht mehr. Selbst in den schulinternen Curricula ist der Kompetenzbegriff der Schlüssel zum Erfolg.

  • FG
    Frank Gröger

    Ein inhaltsarmes Interview. Ich vermisse konkrete Vorschläge.

  • PS
    Peter Schwarzmüller

    Nun würde mich aber interessieren, wie Herr Seidl seine Erfolge belegt. Seitdem es Schule gibt, gibt es Menschen, die meinen zu wissen, wie Schule auszusehen hat. Bevor hier für eine innere Reform der Schulen plädiert wird und (wieder) angefangen wird zu experimentieren, sodass am Ende jeder sein eigenes Süppchen kocht, möchte ich wissen:

    1.) Wissen die Schüler von Herrn Seidl nach einem Jahr wirklich mehr, als es intellektuell vergleichbare Schüler herkömmlicher Schulen tun? Gibt es Belege oder fußen Seidls Ausführungen auf persönlichen Erfahrungen?

    2.) Ist es nicht naiv zu glauben, dass Schüler bessere Leistungen bringen, wenn ich sie nicht mehr beurteile und ihrem Lerntempo und ihren Interessen überlasse? Von der Bildungsrepublik zur Spaß- und Freizeitbeschäftigung Lernen? Doch nicht im Ernst!

    3.) Wie schützt Herr Seidl eine Gemeinschaftsschule vor dem Abdriften in die Beliebigkeit des Gelernten? Wird es dann auch keine Abschlusszeugnisse mehr geben? Gibt es an Unis und in Ausbildungsbetrieben Leistungstests, die dem Schüler endlich einmal sagen, ob sie etwas gelernt haben?

    4.) Wie lange werden Schüler die Gemeinschaftsschule besuchen, wenn sie nicht mehr im Gleichschritt marschieren und sich ihrem individuellen Lerntempo hingeben?

     

    --

    http://www.BlogBildung.net

    Schule.Bildung.Zukunft

  • J
    Joe

    Volle Punktzahl für den Autor! Mir ist das "Bullimielernen", bei dem per Kurzzeitgedächtnis die Note optimiert wird, schon zu meiner Schulzeit in den 80er Jahren aufgestoßen, aber da hat das noch niemanden interessiert. Wird Zeit, dass sich das ändert!

  • DW
    Detlef Wulff

    Der Analyse von Herrn Seidl kann ich so nicht folgen.

     

    Statt des Gleichschritts ist schon lange der Grundsatz "Fordern und Fördern" die pädagogische Maxime. Wenn man allerdings das "Fördern" schlicht nicht umsetzt, kommt das heraus, was Herr Seidl beschreibt.

     

    "Fördern" geht nicht kostenneutral. Das Wichtigste ist die entsprechende Aufstockung des Personals, so wie in den skandinavischen Ländern.

     

    Die KollegInnen haben sich den neuen Anforderungen schon längst gestellt, etwa durch Fortbildungen, und warten nur darauf, dass die Voraussetzungen durch adäquate Rahmenbedingungen (Personal, Räume, Material) erfüllt werden.

     

    Um Inhalte, die erfüllt werden müssen, von denen Herr Seidl spricht, geht es schon längst nicht mehr. Selbst in den schulinternen Curricula ist der Kompetenzbegriff der Schlüssel zum Erfolg.