Nordbank-Intrigen: Keiner will's gewesen sein

Der Chef der Londoner Filiale der HSH Nordbank sollte offenbar mit gezielt aus der Bank lancierten Vorwürfen unglaubwürdig gemacht werden. Er hatte Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher belastet.

Wie seine Bank steht auch er in immer schlechterem Licht da: HSH Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher. Bild: dpa

Der Intrigendschungel bei der HSH Nordbank wird immer undurchsichtiger. Am Freitag hat der beurlaubte Justiziar der Bank, Wolfgang Gößmann, verschiedene Medien dazu gezwungen, einzelne Vorwürfe gegen ihn zu unterlassen. Zugleich fügte der NDR der Reihe der angeblichen Intrigen gegen ehemalige Mitarbeiter der Bank eine weitere hinzu. Allein die Fülle der überwiegend auf Indizienketten und Behauptungen gestützten Vorwürfe erzeugt ein Gewicht, das den Vorstandsvorsitzenden der Bank, Dirk Jens Nonnenmacher, über kurz oder lang zu Fall zu bringen droht.

Die HSH Nordbank hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, seitdem sie viel zu lange behauptet hat, sie könnte weitgehend unbeschadet durch die Finanzkrise segeln. Das Gegenteil war der Fall. Die Bank musste mit Staatsgeld gerettet werden.

Nachdem bei der Aufarbeitung des Absturzes lange Zeit die riskanten, verlustreichen und fragwürdigen Geschäfte der Bank im Vordergrund standen, geht es seit kurzem um das Menschliche: Der Bank und insbesondere ihrem Vorstandsvorsitzenden Nonnenmacher wird vorgeworfen, er habe versucht, mit unlauteren Methoden unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Drei Fälle werden diskutiert.

Die HSH Nordbank gehört gegenwärtig zu 85 Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein.

Rettung: Seit 2008 haben die beiden Länder gut vier Milliarden Euro frisches Kapital in das Institut gepumpt. Dazu kommen Garantien im Umfang von zehn Milliarden Euro. Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung garantierte weitere 30 Milliarden.

Sanierung: Mit Hilfe einer Abbaubank und durch die Konzentration auf das Kerngeschäft arbeitet sich die Bank allmählich wieder in Richtung Gewinnzone vor. 2011 will das Institut dort angekommen sein, 2012 will es wieder dividendenfähig sein.

Aufarbeitung: Die Parlamente in Kiel und Hamburg versuchen mit Hilfe von Untersuchungsausschüssen aus dem Desaster zu lernen. Dabei geht es um den Vorwurf einer kostspieligen Bilanzfälschung und einer Täuschung der Parlamente über den Zustand der Bank.

Seinen früheren Vorstandskollegen Frank Roth hatte Nonnenmacher im Verdacht, die Quelle von Indiskretionen zu sein. Der Bankchef bestätigte kürzlich auf der Halbjahresbilanzpressekonferenz, dass die Bank versucht habe, undichte Stellen zu finden. Dabei seien nicht nur im Vorstand "sondern auch in anderen Gremien Unterlagen individualisiert worden", sagte Nonnenmacher. Das markierte Dokument Roths gelangte angeblich über einen Journalisten zurück an den Bankchef. Roth wurde entlassen.

Die Staatsanwaltschaft Kiel konnte die Vorwürfe gegen Roth nicht nachvollziehen und hat ihr Verfahren gegen ihn eingestellt. "Wir haben keinen hinreichenden Tatverdacht, dass Herr Roth die vorgeworfenen Dinge getan haben könnte", sagte eine Sprecherin. Jetzt haben die Staatsanwälte ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung eingeleitet.

Der Spiegel hatte unter Berufung auf einen Sicherheitsberater außerdem berichtet, in Roths Privattelefon sei eine Abhöreinrichtung eingebaut worden und Roths Büro sei unter Beteiligung von Justiziar Gößmann verwanzt worden. Gegen diese Behauptung hat Gößmann einen Verbotsbeschluss erwirkt.

Nach der Bilanzpressekonferenz berichtete der Spiegel über einen weiteren Fall möglicherweise falscher Verdächtigung: Ein Team der HSH Nordbank hatte im Büro des Leiters der New Yorker Niederlassung Hinweise gefunden, die diesen mit Kinderpornographie in Verbindung brachten. Das Nachrichtenmagazin bezog sich dabei auf einen von der Nordbank selbst in Auftrag gegebenen Bericht der Anwaltskanzelei Wilmer-Hale. Demnach vermutet die New Yorker Staatsanwaltschaft, dass die Hinweise platziert wurden, und der beschuldigte Mitarbeiter Opfer einer Intrige geworden sein könnte. Wer die Hinweise platziert hat, ist unbekannt. Gößmann habe damit nichts zu tun, sagt dessen Anwalt Gernot Lehr.

Zuletzt hat der NDR die Ermittlungen gegen den ehemaligen Leiter der Londoner Nordbank-Filiale im Jahr 2009 dem gleichen Muster zugeordnet: Gegen Luis Martí Sanchez sollen Gößmann und dessen Kollegen halbgare Vorwürfe zusammengestellt und an die Presse lanciert haben. Das Ziel sei es gewesen, Sanchez Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Denn Sanchez war an einigen der verlustreichen Risikogeschäfte der Bank beteiligt und behauptet, der Bankvorstand, also auch Nonnenmacher, habe diese abgesegnet. Gößmann bestritt den Vorwurf.

Die Nordbank wirft dem NDR-Bericht vor, unterschiedliche Vorgänge miteinander zu verwechseln. Sie habe Sanchez nicht bei der Londoner Polizei angezeigt. Die Vorwürfe seien "hanebüchen", sagte ein Sprecher.

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