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Neue AltersstudieDie Rente mit 63 ist da

Die Rente mit 67 ist hoch umstritten. Eine Studie zeigt: In nur sechs Jahren hat sich die Lebensarbeitszeit um ein Jahr verlängert. Und die Rente bedeutet einen "Knick" im Leben.

Was tun mit der vielen Zeit? Eine Rentnergruppe macht eine kleine Verschnaufpause. Bild: André Schulze – Lizenz: CC-BY-SA

BERLIN taz | Die Deutschen gehen immer später in Rente. Das ist das Ergebnis des "Deutschen Alterssurveys", den Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gestern in Berlin vorgestellt hat. Das Renteneintrittsalter lag danach im Jahr 2008 bei durchschnittlich 63 Jahren, was einen Anstieg um insgesamt zwölf Monate seit 2002 bedeutet. Damit liegt der Anteil der über 60-Jährigen, die erwerbstätig sind, bei mittlerweile 33 Prozent gegenüber 20 Prozent vor acht Jahren.

Für Studienautor Clemens Tesch-Römer vom Deutschen Zentrum für Altersfragen zeigt sich: "Der Arbeitsmarkt ist deutlich in Bewegung gekommen." Die faktische Verlängerung der Lebensarbeitszeit geschieht zeitgleich mit einer politischen Diskussion um die Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Die Rente mit 67 soll ab 2012 schrittweise bis 2029 eingeführt werden. Vor allem bei der SPD ist sie politisch umstritten.

Der "Alterssurvey" untersucht im Auftrag des Familienministeriums die Lebensumstände von Menschen in der zweiten Lebenshälfte, also von 40- bis 85-Jährigen. Er ist 2008 zum dritten Mal nach 1996 und 2002 durchgeführt worden. Insgesamt wurden 14.100 Frauen und Männer befragt.

Die Studie zeigt, dass Erwerbstätige zunehmend per Altersteilzeit früher aus dem Erwerbsleben aussteigen. 2008 machten mehr als ein Fünftel der 55- bis 59-Jährigen von dieser Möglichkeit Gebrauch; zudem wählte die Mehrheit keinen sukzessiven Ausstieg aus dem Berufsleben, sondern das sogenannte Blockmodell. Hierbei wird in der ersten Hälfte der Altersteilzeit bei voller Stundenzahl gearbeitet, um in der zweiten Hälfte dann vollständig freigestellt zu werden.

Ihre Einkommenssituation sehen die meisten Menschen in der zweiten Lebenshälfte als ausreichend an. Allerdings ist seit der letzten Befragung die Befürchtung größer geworden, dass der Lebensstandard in Zukunft sinken könnte. Außerdem ist die Verteilung von Einkommen und Vermögen deutlich ungleicher geworden: Sowohl armutsnahe Lagen als auch hohe Einkommen treten häufiger auf.

Die zusätzliche Zeit, die Ruheständler zur Verfügung haben, wird laut Studie nur selten für ehrenamtliches Engagement genutzt. Der Wechsel in die Rente sei noch immer "ein Knick in der Biografie", so Tesch-Römer. Das Erwerbsleben stelle eben eine "Andockmöglichkeit für bürgerschaftliches Engagement" dar. Nur 30 Prozent der 70- bis 85-Jährigen sind ehrenamtlich engagiert. Gleichzeitig wollen sich offenbar aber viele Menschen - fast jeder Dritte, der nicht Mitglied eines Vereins oder eine Gruppe ist - engagieren.

Familienministerin Schröder sieht darin "ein Potenzial, das wir aktivieren können und noch besser ausschöpfen müssen". Die Menschen zwischen 65 und 85 befänden sich, so Schröder, in einem "historisch neuen Lebensalter", in dem sie trotz guter Gesundheit das Erwerbsleben hinter sich gelassen hätten. Daher gebe es "eine hohe Bereitschaft und eine Lust, sich ehrenamtlich zu engagieren".

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9 Kommentare

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  • I
    Ingolina

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    Rente mit 67 Jahren ist der größte Witz,denn die Politiker die das verlangen die haben in ihren Leben noch nicht gearbeitet und diese Fr. Schröder schon garnicht ,dann wäre da noch dieser Michael Hüther der,da sagt Rente mit 70,das kann man ja machen aber dann muß man das ganze Staffel und sollen die in Rente mit 70 gehen die Studiert haben, damit sie auch 40 Arbeitsjahre voll bekommen und nicht die schon 40Jahre gearbeitet haben.

    Die sind kaputt ,weil hier in Deutschland der Streß viel höher ist und in anderen Ländern es viel ruhriger zu geht also wäre ich Deutschland schon mit 63 Rente korrekt und dieser Michael Hüther könnte bis 70 arbeiten ,wenn man das Arbeiten nennt was er macht.

    Blöd reden kann jeder

  • F
    FreiDenker

    Wirkliche Volksverdummung. Wer im Berufsleben steht und täglich mitbekommt, wie es auf dem Arbeitsmarkt derzeit abgeht, der sieht massenhafte Verarmung der Bevölkerung in naher Zukunft.

     

    Ich hoffe nur, daß die Betroffenen endlich von Ihrem Wahlrecht gebrauch machen und daß es dann auch wirkliche Untersuchungsausschüsse gibt, die Folgen für Politiker nach sich ziehen.

     

    Denn die Poliker sind dem Gemeinwohl verpflichtet und nicht Ihrem eigenen Bankkonto !!!

  • A
    Amos

    Auf Kosten der Armen sind "Pyramiden und Paläste" gebaut worden. Jetzt benutzt man die Rentner noch dazu sich sozial zu engagieren um Geld für Personal einzusparen. Was kommt als nächstes? EU;UNO;NATO; Kriege:Kirche alles Geldschlucker, die einen malaten Zustand hervorbringen aber nicht beheben können.Alles Einrichtungen, die nur dem Kapital Vorteile bringen. Was soll das Volk mit solchen Einrichtungen, wenn es nur dafür bezahlen muss, aber nichts zurückbekommt? Wenn der Staat den Bürger verarscht, warum den nicht auch umgekehrt? Die Rentner sollten Gold spielen können, sowie das die Ausbeuter auch tun.

  • C
    Celsus

    Die SPD hatte die Rente mit 67 davon abhängig gemacht, dass vorher das renteneintrittsalter allgmein gestiegen sein soll. Da sind die jetzt einen großen Schritt in die geplante Richtung gekommen. Die Menschen, die mehrheitlich schon mit 60 in rente gehen würden, wenn sie das können, ein Schritt in die falsche Richtung. Für wen machen die Politik?

     

    Für den Arbeitsmarkt in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit deren Massenarbeitslosigkeit ist das kontraproduktiv. Es ist eine Politik des allgemeinen Unfugs, wo dann lieber viel Geld in die Förderung des Arbeitens im Alter gesteckt wird und dann wieder in die Förderung der Arbeit von Jugendlichen sowie die Bezüge von Arbeitslosen,...

     

    Eine Politik des allgemeinen und kurzsichtigen Unfugs, die zu fortlaufenden Katastrophen führt.

  • W
    Wolfgang

    'Familienministerin Schröder' = Volksverarschung ist auch ihr Bundesregierungs- und Parlamentsprogramm!

     

    Reichtum und Wohlstand (auch) im Alter für die Familien Siemens, Quandt, Hundt und für deren Bundesregierung und Parlamentsmehrheit, einschließlich für Frau Ministerin Schröder, - und unterbezahlte Sozialarbeit, im Alter, für Tischler - Facharbeiter und Angestellte der Lohnarbeit. So hat es die BDI-BDA-Bourgeoisie und Aktionäre gerne. - Harmonischer Bourgeoissozialismus, einschließlich der ökonomischen und gesellschaftspolitischen Administration in Staat und Gesellschaft, - und Renten- und Altersarmut für die Enteigneten aus der differenzierten wissenschaftlich-technischen und abhängigen Lohnarbeit, einschließlich der Arbeitslosen, der Menschen im realen Hartz-IV-Vollzug und in gesellschaftspolitisch erwünschter Massenarmut.

    Als Kind der Bourgeoisie betreibt sie, Frau Schröder, wie der staats-juristisch-kriminelle Rest, die weitere Enteignung der Bevölkerungsmehrheit! - der fortgesetzten Umverteilung der Wert- und Mehrwertschöpfung der lohnabhängigen enteigneten Bevölkerungsmehrheit - von unten nach oben!

     

    Aufwachen, Kopf aus den medial-manipulierten Sand ziehen, kämpfen!

  • F
    franziska.qu

    Millionen Menschen verarmen Vollzeitarbeitend durch Niedrigstlöhne. Niedrigstlöhne = geringe Einzahlung in die Rentenkasse. Niedrigstlohn = keine Möglichkeit einer privaten Altersvorsorge. Millionen beziehen Hartz 4. Bisheriger Beitrag der ArGe in die Rentenkasse = 2,40€. Zukünftiger Beitrag der ArGe in die Rentenkasse = 0,-€. Hartz 4 = keine Möglichkeit einer privaten Altersvorsorge. Da können Millionen Menschen zukünftig nicht früher in Rente gehen, weil sie sonst nämlich von der sehr geringen ihnen zustehenden Rente gar nichts mehr bekommen und gleich aufs Amt gehen könnten. So gehen sie zukünftig mit 65, dann mit 67, und haben z. B. aufgrund des o. dargestellten Sachverhaltes einen so geringen Rentenanspruch, dass sie ebenfalls gleich aufs Sozialamt gehen können.

    Auch auf diesem Wege erhöht sich statistisch gesehen allerdings das Renteneintrittsalter!

  • H
    Habitus

    Leider geht aus dieser Statistik nicht hervor wie groß der Anteil der Hartz 4 Empfänger ist, die mit 63 Jahren zwangsverrentet werden und vorher keine Sozialabgaben pflichtige Beschäftigung hatten.

     

    Ohne Hartz 4 wären die längst in Rente, aber um eine Statistik zu schönen, dafür sind sie gut genug.

  • D
    dietah

    Ich bin kein Potential das von der Politik abgeschöpft oder aktiviert werden möchte.

    Ich will meine Ruhe. Ich habe ferner nicht das geringste Interesse bis zum Ablauf meines biologischen Verfallsdatums der ökönomischen Humanverwertung zwangsverpflichtet zu sein.

    Fr. Schröder möge sich hinfortheben.

     

    Danke.

  • W
    WaltaKa

    Die Medien verkommen immer mehr zu Mitteilungsblättchen der offiziellen Regierungsmeinung. Die 'Alten' arbeiten lustig, fröhlich, trallala länger? Ist es so? Ist es wirklich so? Altersarmut-war da was? Mini-Jobs wegen geringer Rente? Längerer Verbleib trotz Krankheit, weil sonst der Weg aufs Sozialamt vorgezeichnet ist?Statistische Verlängerung des Renteneintrittalters, weil viele, die im fortgeschrittenen Alter Hartz 4 beziehen mußten, erst mit 65 in die Rente, d.h. Grundsicherung, ausgegliedert werden?

    Alles im Lot? Wohl so wie bei der Arbeitslosenstatistik.

    Im Radio durfte ein 84jähriger Amerikaner aus den USA erzählen, wie er in diesem Alter im Supermarkt Einkaufswagen in Reihe bringt, weil ihm sonst das Geld für die Heizung fehlt. Naja, aber das tut er dann bestimmt voller Sinnerfüllung, lustig, fröhlich? Oder ältere Menschen, die auch in Deutschland nachts auf Kleidercontainer zu klettern versuchen, um anziehbares zu finden. Bestimmt im Schröder'schen Sinne lustig, fröhlich. Welch Volksverdummung. Im Vergleich zur Realität ist Sarrazin Darstellung der Verdummung noch harmlos.