Explosion in Kopenhagener Hotel: Polizei schließt Anschlag nicht aus
Nach einer Explosion in einem Hotel in Kopenhagen hat die Polizei einen Verdächtigen verhaftet. Er war unter falschem Namen angemeldet - und hatte eine Pistole im Gepäck.
STOCKHOLM taz | Steckt hinter der Explosion eines Sprengsatzes in einem Kopenhagener Hotel ein gescheiterter Terroranschlag? Die dänische Polizei will dies nicht ausschließen. Bei dem mittlerweile in Untersuchungshaft genommenen Verdächtigen soll eine Karte gefunden worden sind, auf der die Zentralredaktion der Tageszeitung Jyllands-Posten in Århus mit einem roten Kreis gekennzeichnet gewesen sei, meldete am Sonntag die dänische Boulevardzeitung Ekstrabladet. Jyllands-Posten hatte im September 2005 die umstrittenen "Mohammed-Karikaturen" veröffentlicht.
Jakob Scharf, Chef des dänischen Verfassungsschutzes PET, meinte, es spreche einiges "für einen möglicherweise missglückten Terroranschlag". Die Polizei ließ verlauten, man arbeite daran, die Identität des festgenommenen Mannes herauszufinden. Den hatten Polizeibeamte nach einer Detonation in einem im Zentrum Kopenhagens gelegenen Hotel am Freitag leicht verletzt in einem nahe gelegenen Park gefasst.
Vor dem Haftrichter hatte sich der Verdächtige am Samstag als unschuldig bezeichnet und behauptet, er könne sich weder an seinen Namen noch an seine Nationalität oder sein Geburtsdatum erinnern. Er wurde bis zum 4. Oktober in Untersuchungshaft genommen. Medien spekulierten, der sehr instabile und bei den U-Bahn-Anschlägen 2005 in London verwendete Sprengstoff TATP könne in der Hoteltoilette explodiert sein.
Ein Polizeisprecher beschrieb den Festgenommenen als "etwa 40 Jahre alt, europäisches, möglicherweise nordafrikanisches Aussehen" und Französisch sprechend. Er habe sich unter falschen Namen im Hotel Jørgensen einquartiert. In seinem Gepäck sei eine geladene Pistole gefunden worden.
In der Vergangenheit waren wiederholt angebliche Vorbereitungen zu Anschlagsversuchen auf Jyllands-Posten gemeldet worden. Zu einer Verurteilung von Verdächtigen kam es aber nie. Die Redaktionen der Zeitung stehen seit Jahren unter besonderer Polizeibewachung, die seit Freitagnacht verstärkt wurde.
Magnus Ranstorp, Terrorexperte an der schwedischen Militärhochschule, schätzt, dass weniger ein organisiertes Netzwerk als "ein einsamer Wolf" auf den Gedanken eines Anschlags auf die Zeitung kommen könnte. Er verweist auf den gescheiterten Anschlagsversuch auf den Mohammed-Zeichner Kurt Westergaard am Neujahrstag 2010. Dafür soll sich ein 28-jähriger Somalier im Januar 2011 vor Gericht verantworten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
AfD-Verbotsantrag im Bundestag
Wahlkampfgeschenk für die AfD
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?