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Was "Basel III" bringtMehr Eigenkapital für die Banken

Die Finanzkrise hat die Banken weltweit ins Wanken gebracht. Neue Regeln mit "Basel III" sollen sie jetzt krisenfester machen. Eine Übersicht in Fragen und Antworten.

Mehr Geld auf die hohe Kante: Basel III schreibt den Banken vor, für Risikofälle mehr Eigenkapital vorzuhalten. Bild: dpa

Wozu brauchen wir Basel III?

Die jüngste Finanzkrise kam die Steuerzahler sehr teuer: Allein die Regierungen der zwanzig größten Industrie- und Schwellenländer haben rund 920 Milliarden US-Dollar (etwa 718 Milliarden Euro) für die Rettung ihrer Banken ausgegeben. Die Finanzinstitute hatten sich mit riskanten Produkten wie Ramschhypotheken und verbrieften Krediten verspekuliert und konnten die Verluste nicht mehr aus eigenen Mitteln bezahlen. Selbst große Geldhäuser drohten pleite zu gehen und eine Kettenreaktion auszulösen: Sie hätten weitere Banken in den Abgrund gezogen und die Wirtschaftskrise noch verschlimmert.

Die Kosten der Bankenrettungen haben die Staatsschulden in die Höhe getrieben und führen nun überall zu rigiden Sparhaushalten. Vor allem bei den Armen wird europaweit gekürzt.

Und überstanden ist die Krise damit nicht. Ein Hauptziel internationaler Politik ist deshalb, das Finanzsystem so zu reformieren, dass es bei künftigen Einbrüchen ohne große staatliche Hilfen auskommt. Kern dieser Reform ist es, die Banken zu zwingen, mehr Eigenkapital vorzuhalten, um so einen besseren Puffer zu haben und Spekulationsverluste selbst ausgleichen zu können.

Was wurde beschlossen?

VOK KÖLN NACH BASEL

Der Baseler Ausschuss: Nach dem Zusammenbruch der Kölner Herstatt Bank 1974 gründeten die Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden der zehn größten Industrieländer (G 10) den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, der bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angesiedelt ist. Dieser entwickelt einheitliche Standards bei der Bankenaufsicht und gibt Richtlinien und Empfehlungen heraus.

Basel I: Die erste Eigenkapitalvereinbarung verabschiedete der Ausschuss 1988. Sie trat 1992 in Kraft und orientierte sich am Mindestkapital der Banken als Maßstab für die Risikobegrenzung: Kreditinstitute sollten Eigenkapital in Höhe von mindestens acht Prozent ihrer ausgegebenen Kredite und anderer Forderungen vorhalten.

Basel II: 2004 wurden die Eigenkapitalanforderungen stärker am tatsächlichen Risiko ausgerichtet. Je nach Ausfallwahrscheinlichkeit schwanken sie seitdem zwischen 1,6 und 12 Prozent. Die Gewichtung nehmen die Banken hauptsächlich selbst vor.

Basel III: Am Sonntag beschloss der Gouverneursrat des Baseler Ausschusses wiederum ein Reformpaket. Danach sollen nicht nur die Quoten erhöht werden. Als Eigenkapital sollen auch nur noch Gelder berücksichtigt werden, die im Notfall auch zur Verfügung stehen. Wird der Entwurf gebilligt, müssen die Beschlüsse bis Ende 2012 in nationales Recht umgesetzt werden. (bw)

Zentral bei Basel III ist die "Kernkapitalquote": Sie misst das Verhältnis zwischen Eigenkapital und den risikogewichteten Krediten und Wertpapieren einer Bank. Bisher lag die Eigenkapitalquote bei vier Prozent - künftig soll sie auf 6 Prozent steigen. Hinzu kommt ein "Kapitalerhaltungspuffer", der weitere 2,5 Prozent betragen soll. Macht zusammen knapp 9 Prozent.

Für die allermeisten Banken ist dies kein Problem: Viele verfügen schon jetzt über eine Kernkapitalquote in dieser Höhe.

Allerdings muss das Eigenkapital künftig vor allem aus "hartem" Eigenkapital bestehen, auf das im Krisenfall sofort zurückgegriffen werden kann. Dies sind Aktien und Gewinnrücklagen. Stille Einlagen werden bei Aktiengesellschaften nicht mehr als hartes Kernkapital akzeptiert.

Denn stille Einlagen sind ein Zwitter zwischen Eigen- und Fremdkapital. Sie werden nicht unter allen Umständen fest verzinst, wie dies bei normalen Krediten üblich ist, sondern ihr Ertrag ist abhängig von der Gewinnsituation des Unternehmens. Anders als bei Aktien kann eine stille Einlage aber nicht umstandslos herangezogen werden, um die Verluste eines Unternehmens zu decken.

Auch Steuergutschriften oder Beteiligungen an anderen Finanzinstituten fallen nicht mehr unter das harte Eigenkapital. Insofern müssen die Banken dann doch nach neuen Kapitalgebern suchen.

Zudem gibt es künftig noch eine "Verschuldungsgrenze", technisch auch Leverage Ratio genannt. Dort wird das Kernkapital ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt - es soll 1 zu 33 betragen. Ursprünglich hatten die Banken mit einer deutlich härteren Grenze gerechnet. Entsprechend groß war die Erleichterung, als am Sonntagabend die ersten Ergebnisse durchsickerten.

Die neuen Basel-III-Regeln sind nicht besonders scharf, was sich schon daran zeigt, dass die Schweiz im Alleingang ihren beiden Großbanken UBS und Credit Suisse härtere Auflagen machen will: Deren Kernkapitalquote dürfte künftig um zwei bis drei Prozentpunkte höher liegen als von Basel III vorgesehen.

Wo kommt das neue Geld her?

Die finanziellen Auswirkungen von Basel III sind umstritten. Der Bankenverband rechnete vor einiger Zeit aus, dass allein die zehn größten deutschen Banken ihr Eigenkapital um 105 Milliarden Euro aufstocken müssten. Zu weit niedrigeren Zahlen gelangten Analysten der UBS: Sie kamen auf einen Kapitalbedarf von 27 bis 66 Milliarden Euro - weltweit. Davon würden 24 bis 45 Milliarden Euro auf die europäischen Banken entfallen.

Die Banken haben zwei Möglichkeiten, ihr hartes Eigenkapital aufzustocken: Sie können neue Aktien ausgeben - oder einen Teil ihrer Gewinne einbehalten, statt sie als Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Inzwischen kündigten viele Banken an, dass sie die Auflagen von Basel III erfüllen können, ohne weitere Aktien auszugeben. Übersetzt: Die neuen Vorschriften sind keine große Belastung für die Banken.

Wer konnte sich durchsetzen?

Als Gewinner können sich die Großbanken und ihre Aktionäre fühlen, wie sich auch sofort an den Börsen zeigte. Am Montag stiegen die Kurse der Bankaktien. Der Euro legte ebenfalls zu. Es gab sogar explizites Lob: Basel III sei "ein gutes rundes Paket, das wir sehr unterstützen", sagte Josef Ackermann. Da der Chef der Deutschen Bank gleichzeitig Präsident des Internationalen Bankenverbands IIF ist, dürfte er damit die Sicht aller Großbanken wiedergeben.

Zufrieden sind auch die deutschen Genossenschaftsbanken. Sie gehen davon aus, dass ihre Genossenschaftsanteile künftig wie Aktien behandelt werden und also zum harten Kernkapital zählen.

Deutlich weniger begeistert sind die Sparkassen. Ihr Problem: Sie verfügen nicht über Aktien oder Genossenschaftsanteile, sondern über stille Einlagen. Zwar haben die Sparkassen erreicht, dass lange Übergangsfristen gelten und manche stille Einlage als Kernkapital anerkannt wird. Trotzdem hoffen die Sparkassen nun darauf, dass sie noch "Änderungsvorschläge" unterbringen können, bevor aus Basel III europäisches Gesetz wird.

Was heißt das für die Kunden?

Eine Prognose ist schwierig. Grundsätzlich müssten die Banken und Sparkassen versuchen, den möglicherweise sinkenden Profit durch höhere Einnahmen wieder auszugleichen. Das würde bedeuten, dass die Gebühren steigen. Allerdings gilt der deutsche Markt im internationalen Vergleich als "overbanked". Der Kunde wird also von viel mehr Banken umworben als in anderen vergleichbaren Ländern. Insofern könnte es schwer sein, am Markt höhere Preise durchzusetzen.

Inwiefern sich die neuen Regeln auf die Kreditvergabe auswirken, ist ebenfalls umstritten. Die Banken warnen davor, dass sie weniger Geld für die Kreditvergabe zur Verfügung haben werden und dieses zudem unter strengeren Auflagen weiterreichen müssen als bisher. Manche Branchenvertreter, wie Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen oder Sparkassenpräsident Heinrich Haasis haben vor einer solchen Kreditklemme gewarnt, die dann vor allem die Investitionsmöglichkeit von Unternehmen träfe. Andere, wie Commerzbankchef Manfred Blessing, halten dagegen und verweisen darauf, dass die meisten Banken ausreichend Kapital haben, um die neuen Regeln zu schultern, sodass die Kreditvergabe nicht leiden wird.

Sind die Banken jetzt sicherer?

Grundsätzlich ja. Denn höheres Eigenkapital bedeutet für eine Bank, dass sie ausfallende Kredite und Verluste in anderen Geschäften stärker als bisher selbst ausgleichen kann und weniger auf staatliche Hilfe angewiesen ist. Die Frage ist allerdings, ob die Banken nicht noch zu einer stärkeren Vorsorge hätten gezwungen werden können. So wären noch strengere Kriterien und eine noch höhere Eigenkapitalquote möglich gewesen. Dies hätte möglicherweise zu echten Problemen bei der Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher geführt und damit die Versorgung der Wirtschaft mit Geld gefährdet.

Problematisch sind aber die langen Übergangsfristen. Zwar sollen die Regierungen der G-20-Staaten Basel III bereits bei ihrem nächsten Treffen im November in Seoul beschließen. Doch die Banken können sich bis zum Jahr 2013 Zeit lassen, um überhaupt mit der Umsetzung zu beginnen. Für einige Regelungen gelten viel längere Fristen, erst ab dem Jahr 2023 müssen alle Bankenbilanzen Basel III entsprechen. Dass es in diesem Zeitraum nicht zu neuen Krisen auf den Finanzmärkten kommt, ist - freundlich formuliert - eine sehr optimistische Annahme.

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2 Kommentare

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  • A
    asd

    und wer glaubt wirklich das eine eigenkapitalquote von 9 % irgentetwas ändert?

    man muss doch nur mal die nun vergangene kriese betrachten. hätten wir da schon diese eigenkapitalquote gehabt wäre trotzdem alles genauso abgelaufen! die quote sollte mindestens über 50% liegen. eigentlich sollten banken überhaupt nicht mit gelt spekulieren können das sie garnichth aben! also 100 %, in der realen wirtschaft geht das auch nciht so.

     

    und das ist doc mit das grundübel dieser kriese, das sich die finanziwrtschaft schneller aufbläht als die realwirtschaft, somit blasen schafft die dann platzen müssen (läuft ja jetzt immernoch so). und das wir so weiter gehen wenn die banken mit geld spekulieren dürfen das sie zu 90% überhaupt nichth aben!!!!!!!

  • G
    GWalter

    Lafontaine hatte es schon gewußt

     

    Immerhin hat bereits vor über 10 Jahren Oskar Lafontaine als erster Finanzminister gesehen, dass die Finanzmärkte endlich einmal streng reguliert werden müßten.

    Er hat die Spielermentalität aufs schärfste verurteilt und großes Unheil angekündigt.

    Er hat damals Streit mit den Engländern und den USA und der UNION sowie FDP bekommen, die ihn damals schon als üblen Kommunisten abgestempelt haben.

    Herr Schroeder hat dann den Schwanz eingezogen und Lafontaine rausgemoppt!

    Nun sehen wir knapp 10 Jahre später, dass Lafontaine SEHR recht gehabt hat, denn das was er damals sagte ist mit der Wirtschaftkrise voll eingetroffen!

    Wer ist also der bessere Politiker.....derjenige der es damals schon verhindern wollte oder diejenigen die mal jetzt gerade erschrocken aufgewacht sind wie UNION, SPD, GRÜNE, FDP?????

    Jetzt wäre es doch endlich mal an der Zeit den Bürgern im Land diesen Rückblick zu geben damit sie erkennen welche Politiker heut bei uns an der Macht sind!!!!