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Kommentar HaushaltsdebatteDie Rückkehr des Lagerdenkens

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Merkels Atompolitik ist eine Absage an Schwarz-Grün und an postideologische Gedankenspiele. Die politische Landschaft ist dadurch wieder übersichtlicher geworden.

S chwarz-Gelb hat den Energiekonzernen mit der Verlängerung der AKW-Laufzeiten ein höchst großzügiges Geschenk gemacht. Das wird auch die politische Landschaft grundlegend verändern. Links und rechts, als Ordnungssystem schon oft verabschiedet, sind wieder da. Die Lager kehren zurück. Denn mit dem Atomdeal hat Merkel Schwarz-Grün für die nächsten Jahre beerdigt.

Schwarz-Grün wäre das Bündnis des alten mit dem neuen Bürgertum gewesen, eine Art postideologische Idealkoalition. Daraus wird nichts, wie auch Merkels Attacke auf die Grünen als Fortschrittsfeinde verdeutlicht hat. Die Grünen sind zwar äußerst dehnungsfähig, aber wenn sie Merkels Atomdeal als Preis fürs Mitregieren akzeptieren würden, wäre ihnen ein FDP-artiger Absturz sicher.

So sieht man zwei politische Lager. Schwarz-Gelb steht für die enge Verflechtung mit der Industrie. Merkel will nicht das Ende des ökologischen Umbaus, aber er soll viel langsamer gehen und den Konzernen kein bisschen wehtun. Den Abbau der Staatsschulden bezahlen unter Schwarz-Gelb die Ärmeren. Das vollzieht sich nicht in einem Ruck, sondern im Zickzack.

taz

Stefan Reinecke ist Redakteur im Berliner Parlamentsbüro der taz.

Erst hat man das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger erhöht, jetzt wird gekürzt. Kein Missverständnis: Schwarz-Gelb ist nicht, wie oft prophezeit, am Ende. Diese Regierung ist - die Aussetzung der Wehrpflicht zeigt es - durchaus modernisierungsfähig. Man sollte die Anziehungskraft ihres Programms auf eine verunsicherte Mittelschicht nicht unterschätzen.

SPD, Grüne und Linkspartei könnten dazu eine Alternative bilden: sozialer, ökologischer, konzernfern. Diese Lagerbildung ist für die politische Kultur ein Gewinn. Demokratie braucht Deutlichkeit. Was sie lähmt, ist der Mangel an Alternativen.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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5 Kommentare

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  • F
    Fate

    @ Sylvie:

    Das mag ja sein, aber ich halte die Grünen und sie SPD für lernfähig. Die SPD beginnt allmählich, sich von Schröders Reformen zu distanzieren.

    Die Opposition steht meines Erachtens nicht für eine enge Verbindung mit Atomkonzernen, der Pharmalobby oder Hoteliers...

  • T
    tazitus

    Auf das Agieren und Taktieren der Grünen nach der Landtagswahl in BaWü bin ich schon sehr gespannt. Hoffentlich wird es nicht zu unterirdisch.

  • F
    FRITZ

    Ich nehme an, bei der "konzernfernen" SPD ist der hauseigene Konzern und das Gewerkschaftsimperium (Stichwort "Qualifikations"maßnahmen) nicht eingerechnet?

     

    Und bei den Grünen zählen wohl Ökostromkonzerne nicht, weil "gut", während Grundlaststromkonzerne (Gas, Kohle, Uran) halt "böse" sind und daher doppelt zählen?

     

    Okay, die Linken sind wirklich konzernfern. Hat man ja auch nicht nötig, man kann ja noch von den Zinsen auf die Beute aus dem 40jährigen Raubzug durch Mitteldeutschland zehren (damals noch unter anderem Namen und unverstellt stalinistisch).

     

    Wenn die FDP bei der nächsten Bundestagswahl abstürzt, wird der Atomstromkompromiss vergessen sein und Scharz-Grün, Jamaika oder Ampel werden realistische Alternativen bleiben (wenn Merkel nicht lieber mit schwarzrot nicht regiert). Für die 80er-Jahre-Öks wird's halt irgendein Feigenblatt geben, 'ne Extrawindmühle auf jeden noch unbebauten Hügel Deutschlands oder so (wenn's dann noch welche gibt).

  • M
    Momo

    Im Kommentar heisst es: "Diese Regierung ist - die Aussetzung der Wehrpflicht zeigt es - durchaus modernisierungsfähig."

    Wenn unter "modernisierungsfähig" die Schaffung einer Berufsarmee zwecks Erleichterung internationaler Kampfeinsätze zu verstehen ist, dann haben Sie recht.

  • S
    Sylvie

    "SPD, Grüne und Linkspartei könnten dazu eine Alternative bilden: sozialer, ökologischer, konzernfern."

     

    Wenn ich mich richtig erinnere, war Schröder doch der

    "Genosse der Bosse". Mal abgesehen von den rot-grünen Steuererleichterungen für Aktiengesellschaften und die Deregulierung der dt. Finanzmärkte fand ihren Höhepunkt in der Ära Schröder/Fischer. Soviel zum Thema "konzernfern".