Kurzfilm-Jubiläumsnacht bei Arte: Mehr als nur Schmunzelclips
Mit über vier Stunden Programm feiert das Magazin "Kurzschluss" die 500. Folge (17.09.10, 0.25 Uhr, Arte) - und setzt damit ein Zeichen gegen den Boom harmloser Internet-Clips.
Gleich aus zwei Gründen kann das Kurzfilm-Magazin "Kurzschluss" feiern: Vor einer Woche konnte auf den neuen Sendetermin angestoßen werden, vom Mittwochabend ging es zurück auf die beliebtere Freitagnacht. Und heute steht die 500. Folge an, zelebriert wird sie mit einer viereinhalbstündigen Jubiläumsnacht: Neben ausgewählten Highlights werden auch Hintergrundberichte zu Festivals und Filmhochschulen gezeigt.
Verwunderlich ist das auf den ersten Blick nicht - denn Kurzfilm boomt. Auf den zweiten Blick allerdings schon, denn Kurzfilm boomt vor allem im Internet. Neben der Massenglotze Youtube hat sich vimeo.com mit HD-Standard und benutzerfreundlichem Design zum bevorzugten Kanal entwickelt.
Doch bei Vimeo geht die durchaus vorhandene Klasse oft in der schieren Masse unter. "Die Fernsehsendung bleibt ein Filter für herausragende Qualität", sagt "Kurzschluss"-Redakteurin Sabine Brantus. Qualität meint in dem Fall besonders Abseitiges und Experimentelles, das durch das Sieb der "Gefällt mir-"Aufmerksamkeitsdiktatur des Netzes fallen würde. Zudem zeigt Arte online auch Filme, die nicht im Fernsehen gelaufen sind.
Noch immer gilt der Kurzfilm als Sprungbrett für junge Filmemacher, die sich zu Höherem berufen fühlen. Die Rolle der öffentlichen Kulturförderung ist dabei ambivalent: Den Kurzfilm-Nachwuchs zu fördern ist hip, aber auch sehr bequem. Denn die Ausgaben sind im Vergleich zu Langfilmen gering. Deshalb wagen sich gerade deutsche Kurzfilmer immer weniger an harte Themen und beschränken sich zu oft auf originelle, aber harmlose Schmunzelclips.
Die Filme der Arte-Jubiläumsnacht entstammen dagegen eher der kritischen Seite des Genres. Wie etwa "Hundeelend" des armenischen Regisseurs Serge Avédikian. In sympathisch altmodischer August-Macke-Optik erzählt Avédikian die erschütternde (und reale) Geschichte der Verbannung von streunenden Hunden auf eine einsame Insel in Istanbul 1910. Der Animationsfilm wurde in Cannes in diesem Jahr mit der Goldenen Palme ausgezeichnet und sorgte auch politisch für Aufsehen. Es braucht nicht viel Fantasie, um von den Hunden auf das Schicksal der Armenier im Osmanischen Reich zu schließen.
Etwas abstrakter gibt sich der französische Science-Fiction-Film "Das zweite Gesicht." Hauptfigur Oscar muss feststellen, dass hinter der makellosen grau-weißen Fassade seiner Zeichentrick-Zukunftswelt noch etwas anderes liegt. Desillusioniert stellt er fest: "Was man nicht sieht, existiert nicht."
Und trotz der aktuellen Feierstimmung sollte man bei Arte aufpassen, dass dieser Satz nicht irgendwann auch auf "Kurzschluss" zutrifft - nicht nur Vimeo-Nutzern würde eine echte Fernsehperle entgehen.
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