Der Bauernregler

„Ich lass mir das Wort ‚Massentierhaltung‘ nicht verbieten“

CHRISTIAN MEYER (GRÜNE)

Mensch, das war fies, Meyer: Im Herbst noch hatte der designierte niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) seinen Amtsvorgänger Gert Lindemann (CDU) aus der Reserve gelockt. Das Land hatte kurz zuvor eine Millionenförderung der Pharmaforschung des Geflügelriesen PHW eingeräumt. Und weil Details nicht verraten wurden, füllte Meyer die Lücke durch Gedankenspiele: Ob man so „die Verabreichung von Medikamenten“ bezuschusst habe, „die Agrarminister Lindemann jetzt angeblich vermeiden will“?

Keine halbe Stunde nach Meyers Statement verschickte der Minister eine wüste Schimpfkanonade: Lüge, haltlose Diffamierung, Unterstellung – Routinier Lindemann war in die Suggestivfragenfalle getappt. Und explodiert. Wohl auch, weil der Wunsch so groß war, den 37-jährigen Sozialwirt aus Holzminden endlich mal bei einem Fehler zu erwischen. Denn was Meyer den Hass vieler CDU-Leute und die Liebe etlicher Bürgerinitiativen eingetragen hat, ist sein Insistieren bei Sachfragen.

So hatte er nachgewiesen, dass dem umsatzstärksten Agrarland jede Kontrolle über die Tierzahlen abhanden gekommen war: Der Abgleich von Landesstatistik und Tierseuchenkassen-Werten ergab allein beim Mastgeflügel eine Differenz von 30 Millionen Tierplätzen, fast 100 Prozent. Kein Wunder, dass auch die Umweltfolgen völlig aus dem Blick geraten waren: Dank Meyers Anfragen ist mittlerweile klar, dass ein Viertel der niedersächsischen Treibhausgase landwirtschaftlich induziert ist und die Auflagen der EU-Gewässerrichtlinien infolge von Überdüngung zumal in den Gebieten mit Nitrat-unsensibler Maismonokultur nicht erfüllt werden. Überdies fand er dann auch noch prägnante Worte, das anzuprangern: So freuten sich im Wahlkampf viele über seine nach dem Modell von Bauernregeln geknittelten Agrarwende-Verse.

Als Minister muss er beim Polarisieren etwas bremsen: „Ich lass mir doch das Wort ‚Massentierhaltung‘ nicht verbieten“, verspricht er zwar. Im Koalitionsvertrag aber findet sich nur der Euphemismus von der Intensivtierhaltung wieder – eine Verneigung vor der Lobby: möglich, dass die dafür übersieht, dass Schwarzbrotideen wie der Güllekataster, die Umstellung der Flächenprämien oder auch nur verbindliche Stallbaurichtlinien ihr Geschäft ganz schön verhageln können – wenn sie konsequent umgesetzt werden. BES