Kommentar Moskaus Bürgermeister: Eine Staatspartei zerlegt sich
Präsident Medwedjew hat zwar mit dem Durchgreifen seine Stellung gestärkt. Doch nur vordergründig, denn hinter den Kulissen tobt der Kampf um die Macht in der Staatspartei.
Mit einem Paukenschlag ging die Ära des langjährigen Bürgermeisters von Moskau, Juri Luschkow, zu Ende. Von China aus schickte Kremlchef Dmitri Medwedjew den störrischen Stadtvorsteher nach 18 Jahren mit Schimpf und Schande in den Ruhestand.
Der Konflikt zwischen Kreml und Bürgermeister hatte sich über Wochen hingezogen, er hätte jedoch auch versöhnlicher ausgehen können. Denn auch in Ungnade gefallene Amtsträger lässt der Kreml nur selten im Regen stehen: Das gebietet allein die Solidarität der Herrschenden und das Wissen, dass das gleiche Schicksal eines Tages jeden ereilen kann. Wer in Russland hat auf dem Weg nach oben schon eine weiße Weste behalten?
Doch der selbstherrliche Stadtvordere Juri Luschkow hatte den Bogen überspannt. Nicht die Korruption, die ihm nun vorgeworfen wird, hat ihm das Genick gebrochen. Wäre dies der Grund für die Entlassung gewesen, müsste sich die russische Bürokratie auf der Stelle selbst auflösen. Luschkow hat schlicht die Gesetze der russischen Machtvertikale missachtet. Dem Kremlchef Schwäche vorzuhalten und Wladimir Putin als einzig wahren Herrscher herauszuheben, verstößt nicht nur gegen die formale Hierarchie. Es unterläuft auch die Absprachen, mit denen Premier Putin und Medwedjew Russland noch mindestens 14 Jahre lang regieren wollen.
Klaus-Helge Donath ist Russland-Korrespondent der taz.
Vordergründig hat der Präsident durch sein hartes Durchgreifen seine Stellung gestärkt. Der Kampf um die Macht, der in den Reihen der Staatspartei Vereinigtes (VR) Russland tobt, deutet aber darauf hin, dass die Einigkeit bröckelt. Um den Parteigenossen Luschkow in die Knie zu zwingen, verletzte der Kreml auch sein Gebot, Streitigkeiten und Verteilungskämpfe nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.
Dieser Damm ist nun gebrochen; das Beispiel dürfte in den Regionen Schule machen. Schon jetzt bröckelt die Machtvertikale. Die Staatspartei demontiert sich selbst.
Kommentar Moskaus Bürgermeister: Eine Staatspartei zerlegt sich
Präsident Medwedjew hat zwar mit dem Durchgreifen seine Stellung gestärkt. Doch nur vordergründig, denn hinter den Kulissen tobt der Kampf um die Macht in der Staatspartei.
Mit einem Paukenschlag ging die Ära des langjährigen Bürgermeisters von Moskau, Juri Luschkow, zu Ende. Von China aus schickte Kremlchef Dmitri Medwedjew den störrischen Stadtvorsteher nach 18 Jahren mit Schimpf und Schande in den Ruhestand.
Der Konflikt zwischen Kreml und Bürgermeister hatte sich über Wochen hingezogen, er hätte jedoch auch versöhnlicher ausgehen können. Denn auch in Ungnade gefallene Amtsträger lässt der Kreml nur selten im Regen stehen: Das gebietet allein die Solidarität der Herrschenden und das Wissen, dass das gleiche Schicksal eines Tages jeden ereilen kann. Wer in Russland hat auf dem Weg nach oben schon eine weiße Weste behalten?
Doch der selbstherrliche Stadtvordere Juri Luschkow hatte den Bogen überspannt. Nicht die Korruption, die ihm nun vorgeworfen wird, hat ihm das Genick gebrochen. Wäre dies der Grund für die Entlassung gewesen, müsste sich die russische Bürokratie auf der Stelle selbst auflösen. Luschkow hat schlicht die Gesetze der russischen Machtvertikale missachtet. Dem Kremlchef Schwäche vorzuhalten und Wladimir Putin als einzig wahren Herrscher herauszuheben, verstößt nicht nur gegen die formale Hierarchie. Es unterläuft auch die Absprachen, mit denen Premier Putin und Medwedjew Russland noch mindestens 14 Jahre lang regieren wollen.
Der Autor
Klaus-Helge Donath ist Russland-Korrespondent der taz.
Vordergründig hat der Präsident durch sein hartes Durchgreifen seine Stellung gestärkt. Der Kampf um die Macht, der in den Reihen der Staatspartei Vereinigtes (VR) Russland tobt, deutet aber darauf hin, dass die Einigkeit bröckelt. Um den Parteigenossen Luschkow in die Knie zu zwingen, verletzte der Kreml auch sein Gebot, Streitigkeiten und Verteilungskämpfe nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.
Dieser Damm ist nun gebrochen; das Beispiel dürfte in den Regionen Schule machen. Schon jetzt bröckelt die Machtvertikale. Die Staatspartei demontiert sich selbst.
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Kommentar von
Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.