piwik no script img

Anklage wegen VolksverhetzungWilders-Prozess auf der Kippe

Kaum steht der Rechtspopulist vor Gericht, schweigt Geert Wilders und stellt einen Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter - wegen einer kritischen Nachfrage.

"Ich finde, dass bereits alles gesagt ist, was zu sagen ist": Geert Wilders im Amtsgericht Amsterdam. Bild: reuters

ARNHEIM taz | Der Prozess gegen den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wegen mutmaßlicher Hetze gegen Muslime droht zu platzen: Der Islamgegner warf seinen Richtern am Montag Befangenheit und Parteilichkeit vor. An die daraufhin eingeschaltete Befangenheitskammer des Amtsgerichts in Amsterdam richtete der 47-Jährige den Appell, seinen Vorwurf zu bestätigen. "Wenn Sie das nicht tun, ist dies nicht nur ein politischer Prozess, sondern auch ein unehrlicher Prozess mit voreingenommenen Richtern", sagte Wilders. Die Kammer will am Dienstag über die Frage der Befangenheit befinden.

Rechtsanwalt Bram Moszkowicz begründete das Begehren damit, dass der Vorsitzende Richter Jan Moors sich einen parteiischen Kommentar dazu erlaubt habe, dass Wilders im Volksverhetzungsprozess künftig von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wolle. Moors hatte erklärt: "Es wird gesagt, dass Sie Aussagen in den Medien machen, aber hinterher einer Diskussion aus dem Weg gehe. Es sieht so aus, dass Sie das auch heute wieder tun." Moszkowicz sagte darauf, dass das Aussageverweigerungsrecht, "elementar" sei und von einem Richter nicht zu kommentieren sei.

Wilders hatte zu Prozessauftakt eine kurze persönliche Erklärung abgegeben: "Ich finde, dass bereits alles gesagt ist, was zu sagen ist. Ich habe nichts als die Wahrheit gesprochen", sagte er. Formell stehe er hier vor Gericht, aber mit ihm auch das Recht auf freie Meinungsäußerung von 1,5 Millionen Wählern.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Wilders, in diversen Interviews und in seinem Anti-Koran-Film "Fitna" Muslime und Ausländer beleidigt und diskriminiert zu haben. Auch wird ihm Anstiftung zum Hass vorgeworfen. Auf jedes dieser Delikte steht maximal eine Haftstrafe von einem Jahr oder eine Geldstrafe.

In der Anklageschrift, die vom Richter vorgelesen wurde, wird aus diversen Beiträgen in Zeitungen und im Internet zitiert. Darin finden sich Aussagen wie "Der Kern des Problems ist der faschistische Islam, die kranke Ideologie von Allah und Mohammed, die niedergelegt ist im islamistischen ,Mein Kampf', dem Koran." Eine andere Aussage lautet: "Ein gemäßigter Islam existiert nicht." Zudem soll Wilders ein Verbot des Koran gefordert haben, "wie auch ,Mein Kampf' verboten ist". Moors fragte Wilders, ob diese Aussagen korrekt wiedergegeben seien. Als Wilders wie angekündigt schwieg, gab Richter Moors seine Kommentare ab, die ihm den Befangenheitsantrag einbrachten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Rechtsextremisten verfügen seltsamerweise immer über viele, machmal sogar gute Rechts...anwälte.

    Scheint eine beliebte Studienrichtung zu sein.

  • G
    GastrechtS

    Werden Antworten auf Antworten hier generell verschluckt, gibt es "maximale Pamphletlänge" für Gäste, oder wohin ist mein Beitrag getaucht?

     

    @ DanielC, also nur verkürzt:

     

    "[..] Großstadt, dort leben Moslems und Christen nämlich eng und meistens recht gut zusammen"

     

     

    Verengtes Bild, resultiert meiner Erfahrung nach aus automatischer Segregation der Autochtonen: jene, die sich in Nachbarschaft zum Islam beeinträchtigt oder belästigt vorkommen, suchen allemal das Weite; die, denen's gefällt oder egal ist, bleiben bzw. ziehen sogar in entsprechende Wohngebiete hin; nur eine dritte Gruppe, die zwar weg wollte, aufgrund des schmalen Haushaltseinkommens aber nicht kann, die und deren Kinder sind die Gelackmeierten.

     

    Es sollte einleuchten, dass die Ausweichstrategie der ersten Gruppe auf Dauer keine Lösung fürs Ganze darstellt. Insbesondere bei Fragen, die an der "ethnischen Schnittstelle" auftreten bzw. die Gesamtheit des Landes und seiner Ausrichtung betreffen.

     

    Hinsichtlich anderer Aspekte rund ums Thema würde ich Dir in gleicher Weise nahelegen wollen, ein bisschen genauer draufzugucken. Es steht zu viel auf dem Spiel.

  • G
    Gruufti

    Ich zitiere 'GastrechtS' über die taz: "... hm ... hetzend?"

    Ja, so ist se jeworden, die taz.

  • C
    Cat1

    Die Richter sollen sich bitte daran erinnern, dass in 2001 ein Imam im niederländischen Fernsehen gesagt hat, dass man Homosexuelle von hohen Türmen stoßen sollte. Aufschrei von Homo-Gruppen, der Integrationsminister schaltete sich ein, Strafprozess. Ergebnis: die Aussage ist von der Meinungsfreiheit gedeckt, weil sie auf religiöser Überzeugung beruht. Nun nennt Wilders diese Religion faschistisch und vergleicht die Grundlage, auf die sich sich beziehen, den Koran, mit Hitlers "mein Kampf". Wenn das nun strafbar sein soll, dann haben sich die Niederlande endgültig einer Religion unterworfen und noch dazu einer, die sich erst in den letzten 50 Jahren dort ausgebreitet hat.

  • D
    DanielC

    @ GastrechtS

     

    du wohnst sicher in einer Großstadt? Da wo ich wohne kannste ne Woche mit dem Auto durch die Gegend fahren und es reicht eine Hand zum Moslem zählen^^. und in vielen Teilen Deutschland ist es ähnlich. (naja vlt. kommste ja auch grade nicht aus der Großstadt, dort leben Moslems und Christen nämlich eng und meistens recht gut zusammen und sehen eher kein Problem)

     

    Ausserdem sehe ich keine Katastrophe kommen - und wenn dann bestimmt nicht aufgrund Moslem oder Christ. Bei Oben und Unten - Reich und Arm, da haben sich Parallelgesellschaften gebildet, welche wirklich gefährlich sind^^.

     

    Wie sonst könnte unser gestriegelter Gesundheitsminister ernsthaft glauben, dass es sich Durchschnittsfamilien leisten könnten, der Krankenkasse das Geld vorzuschiessen. Der brauch maln Dimensionstor in die die alltägliche deutsche Parallelwelt und soll mal mit weniger als 3k Brutto und 2 kindern nen Monat haushalten. (übrigens dachte ich wir schießen die ganze Zeit mit den Beiträgen schon vor?^^)

  • G
    GastrechtS

    Leute Leute,

     

    ich kenne die Sachlage nicht näher aus niederländischen (näher-dran-)Quellen, aber DARAUF soll sich eine Anklage wegen "Volksverhetzung" stützen? Wo wird hier eine ethnische Gruppe geschlossen als verbrecherisch oder bösartig charakterisiert? Das Volk Islam? Das Volk Ideologie? Das Phantasiegebilde Allah? Die historische (oder legenden-begründete) Einzelperson Mohammed? Das Volk Koran?

     

    Ist ja nicht so, als ob ich von der TAZ eine andere Positionierung zu Wilders erwarten würde, aber kommen Euch Eure eigenen vergangenen Artikel zur Person nicht blamabel dünn vor, bei solcher Faktenlage aus NL? Halt so ein bisschen ... hm ... hetzend?

     

    Wir driften in Europa auf eine Katastrophe zu, weil das Spektrum der aus der postmodernen Gesellschaft evolvierenden ("linken" bis "rechten") Geisteshaltungen und Weltanschauungen sich unmöglich auf eine Bewertung des VON AUßEN sich aufdrängenden Phänomens Islam verständigen kann, ja noch nicht einmal auf gemeinsamen MAßSTAB für solche Bewertung -- und statt wenigstens einer redlichen Herausarbeitung dieser unüberbrückbaren Differenzen und der drohend daraus resultierenden Konsequenzen für ALLE soll diese AUFKLÄRUNG vernebelt und unter dem Dreck falscher Nachrede verschüttet werden.

    Darin reiht sich diese Zeitung nahtlos in die "Systempresse". Bravo.

     

    Aber Hauptsache, "Verschiedenheit" feiern - und im Effekt eine weitere gesellschaftliche Zersplitterung in mehr und mehr feindliche Lager erzeugen. (Ironischerweise markiert genau DAS den Berührpunkt zwischen den Zielvorstellungen von "neoliberal-Oben" und den un-intendierten Ergebnissen link(sliberal)er Gesellschaftsklempnerei)

  • AM
    Abou Marua

    Das ist schon wieder typisch Rechtsverdreher. Man lenkt vom tatsächlichen Sachverhalt um den Prozess aus dem Weg zu gehen. Nicht der Islam ist gefährlich für die Demokratie, sondern solche Rechtspopulisten, die eigentlich nichts von der Demokratie nichts vom Rechtsstaat halten. Ihr einziges Ziel ist einen totalären Staat à Hitler aufzubauen und jeder kann in den Geschichtsbüchern nachlesen wie dies damals super funktioniert hat. Man bräuchte nur einen Sündenock (Juden) und eine Mitmachende Masse. Ach ja und natürlich einen Führer. Der Rest kommt fast von selbst zustande

  • TL
    taz Leser

    Warum sollte sich Wilders in diesem Schauprozess auch vorführen lassen? Die ganze Angelegenheit ist eine Farce und gehört schnellstens beendet.

  • C
    coronel54

    Diese Anklage ist sowieso auf dubiosem Weg zustande gekommen. Ich verstehe nicht, warum Wilders üerhaupt angeklagt wurde. Überall, wo der Islam sich beleidgt fühlt, versucht man den Widerstand mundtot zu machen. Am besten kriminalisieren. Das ist doch völliger Unsinn und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit im Westen. Inhaltliche Auseinandersetzung ist angesagt. Alles andere führt in die Irre.

  • R
    Requisite

    Komisch. "Thilo" hat, genau wie "Geert" ebenfalls 5 Buchstaben.

    Und jetzt?

  • S
    sonicht

    Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Wilders wegen dieser von Ihnen zitierten Aussagen der Prozess gemacht werden soll.

    Wo leben wir denn? Das Vorgehen der niederländischen Justiz erinnert doch sehr stark an unselige Zeiten in Deutschland. Gesinnungsjustiz hatten wir im 3. Reich und in der DDR.

  • GT
    geed taz

    Herrn Wilders vor ein Gericht zu zerren ist ein verbrechen!

  • K
    Karl

    Eines stimmt aber nicht ganz, er hat den Koran nicht mit Mein Kampf verglichen sondern Winston Churchill zitiert, kann ein Zitat Volksverhetzung sein?

     

    Für die anderen teilweise sehr derben Aussagen wird er sich aber wohl rechtfertigen müssen.