Kommentar Scheinummeldungen für Schulplätze: Schlimmer als Abschreiben

Schummler wird es weiterhin geben. Aber Dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.

Wer in der Schule beim Mogeln erwischt wird, kriegt ne sechs, muss die Arbeit nachschreiben und in ganz harten Fällen - etwa bei einer Abiturprüfung - ein ganzes Schuljahr wiederholen. Das weiß jedes Kind. Das wissen auch alle Mütter und Väter. Die waren schließlich selbst mal in der Schule. Und deshalb ist zumindest eins klar: der Beschluss des Verwaltungsgerichts, laut dem ein Kind seinen erschummelten Schulplatz räumen muss, mag hart klingen. Beschweren darüber dürfen sich die Eltern jedoch nicht. Denn die Strafe gehört zur Regel dazu.

Schummelnde Eltern sind genauso weit verbreitet wie mogelnde Schüler. Um den vermeintlich besten Platz für die lieben Kleinen zu ergattern, melden Eltern ihre Kids bei der Oma an, ziehen ganze Familien für ein paar Monate in eine Zweitwohnung jenseits der Bezirksgrenze, werden Untermietverträge fingiert. Und das nicht nur, um Klassen mit vielen Migrantenkids zu umgehen, sondern auch, weil Eltern die Ausstattung des Schulhofs oder schlicht die Nase des Direktors nicht passt.

Per se ist Tricksen in der Schule keine Katastrophe. Im Gegenteil: Es kann sogar ein Zeichen von Intelligenz sein. Doch anders als das Spicken bei Klassenarbeiten, bei dem ein Schüler das eigene Resultat verbessert, ohne das des Sitznachbarn zu verschlechtern, geht es beim elterlichen Wohnortbetrug immer auch um Verdrängung. Denn wo das eigene Kind reingemogelt wird, fliegt zwangsläufig ein anderes raus. Bisher haben sich diejenigen durchgesetzt, die skrupellos nur das Wohl der eigenen Brut im Sinn hatten. Schummler wird es weiterhin geben. Aber dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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